Vorhofflimmern
Stuhl plumpsen und starrte
mich gebannt an. Als der Tisch wieder sauber war, setzte ich mich zu ihr,
atmete einmal tief durch und erzählte dann mit belegter Stimme, was auf meinem
gestrigen Nachhauseweg passiert war. Ihre Augen wurden Groß und Klein und noch
größer, und sie hörte die ganze Zeit über mit entsetztem Schweigen zu.
„Desiderio hat den Typen dann vertrieben und mich nach Hause
gebracht“, schloss ich mit zitternder Stimme meine Schilderung und wischte mir
eine verirrte Träne aus dem Augenwinkel.
Mit einem Satz war Vera bei mir und schloss mich in ihre Arme.
„Gott, Süße! Das tut mir so leid! Ich weiß gar nicht was ich sagen soll.“
Ihr Mitgefühl war überwältigend. Sie war absolut fassungslos
und beinahe genauso schockiert, wie ich selbst. Wir weinten beide stumme
Tränen, bis ich sie mit einem gequälten Lächeln von mir schob.
„Hör auf, mein Kaffee wird kalt“, schniefte ich.
„Okay.“ Sie strich mir noch einmal über den Kopf und setzte
sich dann wieder neben mich. „Und es war wirklich der Kerl von der Tanzfläche?“
Ich nickte stumm.
„Dieses Schwein! Was machen wir denn jetzt?“
„Was meinst du?“
„Na, wir müssen Anzeige erstatten, damit dieses Arschloch zur
Rechenschaft gezogen wird!“, rief sie und schlug wieder auf meinen unschuldigen
Tisch ein.
„Was bringt das denn. Ich kenne ja nicht einmal seinen Namen.
Ich weiß nur, dass er nicht von hier ist und bei einem Freund übernachtet hat.
Und dass er eine Platzwunde von meinem Absatz an der linken Braue hat.“
Vera rieb sich mit die Hände. „Das hast du wirklich sehr gut
gemacht, Lena. Wenn er in ein Krankenhaus gegangen ist, um sich versorgen zu
lassen, dann haben wir den Kerl doch schon!“
Daran hatte ich noch gar nicht gedacht.
„Stimmt“, meinte ich langgezogen. Das reichte meiner Freundin
als Bestätigung.
„Alles klar!“ Sie sprang auf. „Los, ich fahr dich zur
Polizei.“
Ich verzog das Gesicht. „Darf ich wenigstens noch fertig
frühstücken? Und mich vielleicht noch anziehen?“ Die Aussicht darauf meinen
Überfall einem Fremden zu schildern erschien mir wenig prickelnd.
Vera musterte kurz meinen Bademantel und nickte dann ergeben.
„Wenn´s sein muss... Aber dann mach ich mir auch noch einen Kaffee.“
Zielstrebig holte sie sich eine Tasse aus dem Schrank und peilte die
Kaffeemaschine an. „Wo hast du eigentlich das Frühstück her? Aha!“
Noch bevor ich antworten konnte, hatte sie Beweisstück A –
Desiderios Nachricht – gefunden und hielt es triumphierend in die Höhe.
„Das ist Privat“, schimpfte ich noch, doch da hatte sie auch
schon ihren Zinken in das Papier gesteckt und las mit leuchteten Augen die
wenigen Zeilen.
„Oh! Der Süße hat hier geschlafen?“, hauchte sie und presste
sich den Zettel an die Brust.
Wie war das vorhin noch mit dem Itaker?
Ich bekam rote Ohren und versteckte mein Gesicht hinter
meiner Kaffeetasse.
„Lena! Ruf ihn an!“ Sie knallte mir das Papier vor die Nase.
„Sofort!“
„Mensch, jetzt!“, rief ich, weil sie es schon wieder
geschafft hatte, dass ich etwas von der kostbaren, schwarzen Flüssigkeit
verschüttete. „Vergönnst du mir heute meinen Kaffee nicht, oder was?“
„Scheiß auf den Kaffee! Das hier ist viel wichtiger!“ Vera
nahm den Zettel wieder in die Hand und las ihn nochmals durch, als hätte sie
beim ersten Mal etwas Wichtiges übersehen können.
„Gott, ist das romantisch“, kommentierte sie. „Kleine
Kriegerin?“
„Sei bloß still“, grummelte ich.
„Wieso denn? Das ist ja wohl das schönste Kosewort, das ich
je gehört habe!“
Fand ich auch. Trotzdem war´s mir peinlich.
„Jetzt ruf ihn endlich an“, forderte Vera nochmals und ließ
sich einen Kaffee von meinem ganzen Stolz, dem Vollautomaten, herunter.
„Ich hab ihm doch eh schon eine SMS geschickt“, erklärte ich,
damit sie endlich Ruhe gab.
„Du hast ihm... Toll, Lena. Ich bin begeistert“, meinte sie
ironisch und setzte sich wieder hin. „Der Typ hat dir das Leben gerettet und du
hast gerade mal eine windige SMS für ihn übrig.“
Ich schürzte beleidigt die Lippen, obwohl sie natürlich recht
hatte.
Vera studierte unterdessen nochmals die Nachricht. Vielleicht
hoffte sie einen versteckten Code, oder so was, zu entdecken. „Hach, ist das
goldig. Übrigens habe ich dir den Hübschen hinterher geschickt. Du
solltest mir danken.“ Mein gemurmeltes ´Schon klar` überhörte sie einfach. „Er
hat dir sogar seine E-Mail-Adresse
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