Vorhofflimmern
das Glück
haben Urlaub auf Krankenschein zu machen, werde ich jetzt nach Hause gehen und
todmüde in mein Bett fallen.“
„Wenn du unbedingt willst, dann kann ich dir gerne auch so
ein Veilchen verpassen.“
„Ach, nein danke. Ich glaube, da nehme ich dann doch lieber
vier Stunden OP mit OA Reinmann auf mich.“
Hilfsbereit begann er das wenige Geschirr auf das Tablett zu
laden.
„Lass nur“, sagte ich schnell. „Ich mach das schon.“
„Okay.“
Schweigend brachte ich ihn zur Tür.
Erst als er schon im Treppenhaus stand, schaffte ich es zu
sprechen: „Danke. Für alles.“
„Gern Geschehen.“ Desiderio schenkte mir sein atemberaubendes
Lächeln. „Ruf an, wenn du was brauchst, in Ordnung?“
„Mach ich. Gute Nacht.“
Schnell schloss ich die Tür, bevor ich noch etwas
Unüberlegtes tun konnte. Eigentlich wollte ich nämlich überhaupt nicht, dass er
ging. Ich wollte, dass er hier blieb. Bei mir. Und mich wieder in den Schlaf
streichelte.
Gedankenverloren räumte ich den Balkontisch ab und stellte
die Spülmaschine an. Danach kuschelte ich mich auf das Sofa und sah ein wenig
fern. Zumindest versuchte ich es, aber die Bilder des Flimmerkastens
verwandelten sich irgendwie ständig wie von Zauberhand in ein hübsches Gesicht
mit blauen Augen und dunklen Haaren.
Es war wirklich zum Verrückt werden.
Eine Stunde später piepste mein Handy und kündigte eine SMS
an.
Desiderio: Ich hoffe, du träumst was Schönes.
Oh ja, spätestens jetzt würde ich das ganz gewiss tun!
Falls ich überhaupt einschlafen konnte.
Kapitel 18
Der Montag begann für mich reichlich
unspektakulär mit Cornflakes und Kaffee auf dem Balkon. Ich war unausgeschlafen
und verwirrt, denn wie bereits befürchtet hatte ich in der Nacht kein Auge
zugetan, weil mich ständig eine einzige Frage beschäftigte:
Was sollte ich mit Desiderio anstellen?
Ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nur, dass ich jedes Mal,
wenn ich die Augen schloss, sein Gesicht vor mir sah. Und das war kein gutes
Zeichen. Solche Symptome traten doch nur bei einem einzigen Phänomen auf, oder?
Nein, das konnte doch nicht sein. Ich konnte mich doch nicht
wegen ein paar freundlichen Gesten in Desiderio verl... Bestimmt nicht! Moment,
wie hieß denn dieses Zeugs, wenn man sich in einer Extremsituation zu seinem
Retter hingezogen fühlte? Stockholm-Syndrom? Nein, Quatsch. Das war wieder was
anderes.
Ich beschloss später noch Wikipedia zu meinem speziellen Fall
zu befragen, vielleicht gab es eine fundierte Behandlungsmöglichkeit.
Zwei Tabletten im Abstand von sechs Stunden jeweils nach
einer kleinen Mahlzeit und schon sind Sie geheilt!
Okay, jetzt begann ich wohl wirklich völlig durchzudrehen...
Auf der Straße unter mir erregte etwas meine Aufmerksamkeit.
Ein Streifenwagen fuhr langsam heran und hielt gegenüber meines Wohnhauses.
Neugierig reckte ich den Hals und lugte über die Brüstung, denn die Anwesenheit
der Polizei in unserer sonst so ruhigen Siedlung war schon ziemlich
ungewöhnlich. Ich fragte mich, welcher meiner Nachbarn denn ein Verbrechen
begangen hatte, als Herr Niederhuber aus dem Streifenwagen stieg und sich
suchend umblickte.
Oh je, der verbrecherische Nachbar war dann wohl ich.
Eine Weile blieb ich stumm auf meinem Beobachtungsposten und
wartete ab. Als der Polizist aber die 36a, also mein Wohnhaus, anvisierte und
dabei sichtlich erfreut war, dass er fündig geworden war, stand ich auf und
beugte mich über das Geländer.
„Guten Morgen, Herr Niederhuber!“, rief ich zu ihm hinunter.
Er erschrak so sehr, dass er sogar einen kleinen Hüpfer
machte. Hoffentlich hatte ich mit meinem Geschrei keine verdeckte Operation
gefährdet...
Niederhuber ging ein paar Schritte zurück, legte den Kopf in
den Nacken und sah zu mir hinauf.
„Ah, Fräulein Berger, Ihnen auch einen guten Morgen! Genau
Sie habe ich gesucht!“
Meine Befürchtung bestätigte sich also, obwohl mich das
´Fräulein` durchaus ein wenig besänftigte. Eine Drogendealerin würde man doch
wohl nicht so ansprechen, oder?
„Wir waren doch erst für 14 Uhr verabredet?“, fragte ich
hinunter.
„Richtig, aber der Zeichner aus Passau konnte schon früher,
darum bin ich jetzt da, um Sie abzuholen“, antwortete er hinauf.
Wie, abholen? Mit dem weiß-grünen BMW da, etwa???
„Äh, also ich, ja, ich brauche aber noch ein paar Minuten!
Dann komme ich gleich in die Wache.“
Niederhuber winkte großzügig ab. „Nein, ich warte. Dann fahre
ich Sie, quasi mit
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