Vorhofflimmern
Ihnen eine Seelsorge angeboten?“
Nein, das hatten die wohl in ihrer Aufregung ganz vergessen.
„Nicht nötig“, sagte ich, weil ich keine Inkompetenz beklagen
wollte. „Ich habe ausgezeichnete Freunde, die mir Tag und Nacht zur Seite
stehen.“
Vor allem einer hängt sich da voll rein...
Er musterte mich ernst, dann nickte er zustimmend. „Na, schön.
Ich wünsche Ihnen noch alles Gute, Frau Berger. Falls Ihnen noch etwas
einfällt, können wir die Zeichnung jederzeit nachkorrigieren.“
Wir verabschiedeten uns und Niederhuber nahm mich wieder
unter seine Obhut. Am Ende musste ich tatsächlich noch ein Autogramm geben, da
es sich aber dabei um meine fein säuberlich abgetippte Aussage handelte, machte
ich das natürlich.
Bepackt mit einem Sandwich und drei Snickers stieg ich wieder
in den Streifenwagen und ließ mich nach Hause chauffieren. Auf der Fahrt musste
ich mir weitere Beamtenwitze anhören und einer davon war sogar lustig.
Niederhuber versprach mir, sich sofort zu melden, wenn die Ermittlungen
Fortschritte machten. Ich wies ihn freundlich darauf hin, dass ich auch im
Besitz eines Telefons war und er sich darum nicht nochmal die Mühe machen
musste, bei mir vorbeizufahren. Er verstand den Wink nicht wirklich und
erklärte mir, dass das überhaupt kein Problem wäre, denn der Sprit würde ja
sowieso vom Steuerzahler bezahlt, höhö. Dann entließ er mich und brauste mit
dem staatlichen Diesel davon.
Vor meinem Wohnhaus sah ich noch einmal grimmig in die Runde
um ja allen Nachbarn mitzuteilen, dass ich nicht verhaftet, sondern wohlbehütet
zu Hause angekommen war.
Dem Kaltenberger winkte ich sogar mit meinem Sandwich.
Ich war gerade mal eine halbe Stunde
zu Hause, da kündigte sich schon der nächste Trubel an. Vera stürmte meine
Wohnung mit einem schallenden „Krankenbesuch!“ und führte zwei wandelnde
Geschenkeläden auf jeweils zwei Beinen mit sich. Dabei handelte es sich um
Sebastian und Frank, die beide über und über mit Blumensträußen, Pralinen und
Luftballons beladen waren.
Mein Montag schien langsam in Stress auszuarten.
„Ihr seid ja total verrückt“, stöhnte ich angesichts der
vielen Mitbringsel.
Eine dramatische Begrüßung folgte. Ich wurde geherzt und
gedrückt, mit Mitleid und Fassungslosigkeit überschüttet und kam mir schon bald
vor, als wäre ich geradezu von den Toten wiederauferstanden.
Vor allem Frank war völlig aus dem Häuschen. Er marschierte
aufgebracht auf und ab, und sagte immerzu „So ein Arschloch“ oder „Wenn ich den
erwische!“. Irgendwann herrschte Vera ihn an, er solle jetzt endlich Ruhe geben
und sich auf seinen Allerwertesten setzen, was er dann, dem Himmel sei Dank,
auch tat.
Er platzierte sich eng neben mich, obwohl locker noch drei
Meter Platz gewesen wären und machte ein Gesicht, als würde er nie wieder von
meiner Seite weichen wollen. Er erinnerte mich ein wenig an einen Wachhund mit
schlechtem Gewissen.
„Mir geht’s gut. Wirklich“, beteuerte ich nun schon zum
tausendsten Mal. „Ich war heute schon bei der Polizei und habe das Phantombild
anfertigen lassen. Die Sache läuft jetzt so richtig an.“
„Warum hast du denn nichts gesagt? Ich hätte dich doch
hingefahren!“, schimpfte Vera beleidigt.
„Tja, da war der Niederhuber schneller, als du. Der hat mich
nämlich mit seinem Streifenwagen abgeholt.“
„Nein!“
„Doch. War echt peinlich.“
Sebastian kicherte. „Musstest du wenigstens hinten sitzen?“
„Von wegen! Ich war in der Wache der reinste Stargast. Mein
lieber Schwan, die sind wirklich total ausgeflippt. Ich hab sogar ein Sandwich
gekriegt.“
„Was? Ein echtes Polizei-Sandwich?“, fragte Sebastian
belustigt.
„Ja. Liegt auf dem Esstisch, wenn du es mir nicht glaubst.“
Er tapste wirklich in die Küche um nachzusehen. Ein
staunendes „Uuii!“ erklang.
„Du kannst es ruhig essen, wenn du willst“, rief ich schmunzelnd.
Natürlich ließ sich Sebastian nicht zweimal bitten und kam
glückselig kauend zurück. Vera schüttelte den Kopf. „Gott, der Mann frisst mir
noch die Haare vom Kopf!“
Endlich gelang es auch Frank seine Trauermiene abzulegen.
„Du solltest in eurem Ehevertrag festhalten, dass du nur in
bestimmten Maßen für ihn kochst“, scherzte er. „Nicht, dass der liebe Sebastian
nach der Hochzeit auseinander geht, wie ein Hefekloß.“
„Hey!“, entrüstete sich der potenzielle Kloß mit vollem Mund.
„Red´ ihr nicht so einen Stuss ein!“
Wir lachten alle und
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