Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
sie fest.
»Ja…«Cordelia machte vor ihrem Aquarium Halt und
betrachtete es merkwürdig. »Das habe ich. Wie seltsam.« Stein stumpft Schere…
Sie nahm den Deckel ab. Der alte vertraute Ekel von Angst
und Furcht drehte ihr den Magen um. Sie wanderte scheinbar ziellos hinter Mehta, den Kettengürtel und ein Hemd in den 270
Händen. Ich muss mich jetzt entscheiden. Ich muss mich jetzt entscheiden. Ich entscheide mich – jetzt!
Sie stürzte vor, wickelte den Gürtel um den Hals der Ärztin, riss deren Arme hinter dem Rücken hoch und fesselte sie mühsam mit dem anderen Ende des Gürtels. Mehta stieß ein gedämpftes Quieken hervor.
Cordelia hielt sie von hinten und flüsterte ihr ins Ohr.
»In einem Augenblick werde ich Ihnen wieder Luft geben.
Wie lange, das hängt von Ihnen ab. Sie sind drauf und dran, einen Kurzkurs in den echten barrayaranischen Verhörtechniken zu bekommen. Ich habe sie nie gebilligt, aber in letzter Zeit habe ich begonnen zu verstehen, dass sie ihre Vorteile haben – zum Beispiel, wenn man es schrecklich eilig hat…« Darf sie nicht spüren lassen, dass ich nur schauspielere. Schauspielere. »Wie viele Männer hat Tailor um dieses Gebäude postiert, und wo?«
Sie lockerte die Kette leicht. Die Augen vor Angst wie
betäubt, würgte Mehta: »Keine!«
»Alle Kreter sind Lügner«, murmelte Cordelia. »Und Bill ist auch nicht unfähig.« Sie schleifte die Ärztin zu dem Aquarium hinüber und drückte ihr Gesicht ins Wasser. Mehta zappelte heftig, aber Cordelia, die größer, stärker und besser trainiert war, hielt sie unter Wasser mit einer wütenden Kraft die sie selbst überraschte.
Mehta drohte ohnmächtig zu werden. Cordelia zog sie hoch
und erlaubte ihr ein paar Atemzüge.
»Möchten Sie Ihre Schätzung noch revidieren?« Gott helfe mir, was ist, wenn das nicht funktioniert? Jetzt werden die ändern mir nie glauben, dass ich keine Agentin bin.
»Oh, bitte«, keuchte Mehta.
»Okay, das Ganze noch mal.« Cordelia hielt sie wieder
hinein.
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Das Wasser schwappte hoch und spritzte über die Seiten des Aquariums. Cordelia konnte Mehtas Gesicht durch das Glas sehen, seltsam vergrößert und leichengelb in dem seltsamen Licht, das vom Kies am Boden reflektiert wurde. Silberne Blasen lösten sich von ihrem Mund und schwebten über ihr Gesicht nach oben. Cordelia war einen Moment lang von ihnen fasziniert. Luft fließt unter Wasser wie Wasser, dachte sie; gibt es eine Ästhetik des Todes?
»Also los! Wie viele? Wo?«
»Nein, wirklich nicht!«
»Dann trinken Sie noch mal!«
Mit ihrem nächsten Atemzug keuchte Mehta: »Sie würden
mich doch nicht umbringen!«
»Eine Diagnose, Frau Doktor«, zischte Cordelia. »Bin ich
eine geistig gesunde Frau, die so tut, als sei sie verrückt, oder bin ich eine Verrückte, die vorgibt, gesund zu sein? Lassen Sie sich Kiemen wachsen!« Ihre Stimme wurde unwillkürlich lauter. Sie drückte Mehtas Kopf wieder hinein und merkte, dass sie selbst den Atem anhielt. Und was ist, wenn sie Recht hat und ich Unrecht? Was, wenn ich eine Agentin bin und es nicht weiß? Wie unterscheidet man eine Kopie vom Original?
Stein stumpft Schere…
Sie hatte, bis in die Finger zitternd, eine Vision, wie sie den Kopf der Frau unten hielt, bis der Widerstand erlosch, bis sie ohnmächtig wurde, und dann noch eine geraume Weile, um den Gehirntod sicherzustellen. Macht, Gelegenheit, Wille – ihr fehlte nichts. Also ist es das, was Aral in Komarr empfand, dachte sie. Jetzt verstehe ich – nein. Jetzt weiß ich.
»Wie viele? Wo?«
»Vier«, krächzte Mehta. Cordelia war erleichtert. »Zwei
draußen im Foyer. Zwei in der Garage.«
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»Danke«, sagte Cordelia mit automatischer Höflichkeit; aber ihre Kehle war wie zugeschnürt und quetschte nur einen verzerrten Laut hervor. »Tut mir Leid…«Sie wusste nicht, ob Mehta, deren Gesicht bläulich angelaufen war, sie hörte oder verstand. Papier wickelt Stein…
Cordelia fesselte und knebelte Mehta, wie sie es einmal
Vorkosigan an Gottyan hatte tun sehen. Sie schob sie hinter das Bett, sodass sie von der Tür her außer Sicht war. Dann steckte sie Bankkarten, Ausweise und Geld in ihre Taschen und drehte die Dusche auf.
Auf Zehenspitzen ging sie zur Schlafzimmertür hinaus, dabei atmete sie in unregelmäßigen Stößen durch den Mund. Sie sehnte sich nach einer Minute, nur einer einzigen Minute, um ihr erschüttertes Gleichgewicht wiederzugewinnen, aber Tailor und der Medizintechniker waren weg – vermutlich
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