Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
gesehen hatte. Das Kind schrie, laut und kräftig. Vorkosigan zuckte zusammen, und Cordelia musste laut lachen.
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»Na, sie sieht doch ganz perfekt aus.« Cordelia hielt sich nahe an die beiden Mediziner, die ihre Messungen durchführten und ihre Tests an ihrer winzigen, erstaunten, verwirrten und blinzelnden Probandin vornahmen. »Warum schreit sie so laut?«, fragte Vorkosigan nervös; er war wie Bothari an seinem ursprünglichen Platz geblieben.
Weil sie weiß, dass sie auf Barrayar geboren wurde, war die Bemerkung, die Cordelia zunächst auf den Lippen hatte. Doch stattdessen sagte sie: »Du würdest auch schreien, wenn eine Horde von Riesen dich aus einem hübschen warmen Schlummer holen und wie einen Sack Bohnen herumwerfen würde.« Cordelia fing einen Blick des Technikers auf: Er schien ihre Bemerkung nur halb so amüsant zu finden.
»Also dann, Mylady«, der Techniker übergab ihr das Baby,
während der Doktor sich wieder seiner kostbaren Maschine
zuwandte.
»Meine Schwägerin sagt, man soll sie dicht am Körper
halten, so wie jetzt. Nicht mit ausgestreckten Armen. Ich würde auch schreien, wenn ich dächte, ich würde über einer Grube gehalten und gleich fallen gelassen. Hier, mein Baby. Lächle für Tante Cordelia So ist's recht, brav und ruhig. Warst du wohl damals alt genug, dass du dich an den Herzschlag deiner Mutter erinnern kannst?« Das Baby schmatzte und gähnte.
Cordelia summte der Kleinen etwas vor und wickelte die
Decke fester um sie. »Was für eine lange, seltsame Reise du hinter dir hast.«
»Wollen Sie mal hineinsehen, Sir?«, fuhr der Arzt fort.
»Auch Sie, Sergeant – Sie haben so viele Fragen gestellt, als Sie letztes Mal hier waren…«
Bothari schüttelte den Kopf, aber Vorkosigan ging hinüber, um sich die technischen Ausführungen anzuhören, die der Doktor offensichtlich loswerden wollte. Cordelia trug das Baby zu dem Sergeanten hinüber.
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»Wollen Sie sie halten?«
»Darf ich das, Mylady?«
»Himmel, Sie müssen doch mich nicht um Erlaubnis bitten.
Wenn schon, dann wäre es eher umgekehrt.«
Bothari nahm das Baby behutsam auf, es schien fast in
seinen großen Händen zu verschwinden, und er blickte ihm ins Gesicht. »Ist es sicher, dass sie die Richtige ist? Ich dachte, sie wurde eine größere Nase haben.«
»Man hat die Kinder mehrfach überprüft«, versicherte ihm
Cordelia und hoffte dabei, er würde nicht fragen, woher sie das wissen wollte. Aber ihre Annahme erschien ihr sicher. »Alle Babys haben kleine Nasen. Man weiß nicht, wie Kinder letztlich aussehen werden, solange sie nicht achtzehn sind.«
»Vielleicht wird sie wie ihre Mutter aussehen«, sagte er
hoffnungsvoll. Cordelia schloss sich schweigend dieser
Hoffnung an.
Der Doktor war mit Vorkosigans Führung durch das
Innenleben seiner Traummaschine am Ende, und Vorkosigan
war es höflicherweise gelungen, nur wenig verunsichert
auszusehen.
»Willst du sie auch mal halten, Aral?«, bot Cordelia an.
»Schon gut, schon gut«, winkte er hastig ab.
»Du solltest ein bisschen üben. Vielleicht brauchst du's eines Tages.« Sie tauschten Blicke ihrer heimlichen Hoffnung, und er gab nach und ließ sich überreden.
»Hm. Ich habe schon Katzen gehalten, die mehr wogen. Das
ist wirklich nicht mein Fach.« Er sah erleichtert aus, als die Mediziner das Baby wieder an sich nahmen, um ihre Aufzeichnungen zu vervollständigen.
»Hm, wollen mal sehen«, sagte der Doktor. »Das ist doch
die, die wir nicht in das Kaiserliche Waisenhaus bringen,
richtig? Wohin bringen wir sie nach der Beobachtungszeit?«
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»Ich bin gebeten worden, mich persönlich um dieses Baby
zu kümmern«, sägte Vorkosigan sanft. »Um der Privatsphäre
seiner Familie willen. Ich – Lady Vorkosigan und ich, wir
werden es seinem gesetzlichen Vormund übergeben.«
Der Arzt schaute äußerst nachdenklich drein. »Oh. Ich
verstehe, Sir.« Er blickte Cordelia nicht an. »Sie sind der Mann, der die Verantwortung für dieses Projekt hat. Sie können mit ihnen machen, was Sie wollen. Niemand wird irgendwelche Fragen stellen, das … das versichere ich Ihnen, Sir«, sagte er ernst.
»Schön, schön. Wie lang ist die Beobachtungszeit?«
»Vier Stunden, Sir.«
»Gut, wir können zum Essen gehen. Cordelia, Sergeant?«
»Mm, darf ich hierbleiben, Sir? Ich bin – nicht hungrig.«
Vorkosigan lächelte. »Sicher. Sergeant. Oberst Negris
Männer können die Bewegung gebrauchen.«
Auf dem Weg zum Bodenwagen fragte
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