Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
erkannte. Sie packte die Mappe still wieder zusammen.
Vorkosigan fand schließlich, was er gesucht hatte: ein Paar Sätze alter roter Leutnantsabzeichen. »Gut. Das ging schneller, als wenn wir ins Hauptquartier gefahren wären.«
Im Kaiserlichen Militärkrankenhaus wurden sie von einem
Krankenpfleger angehalten. »Sir? Die Besuchszeiten sind
schon vorbei, Sir.«
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«Hat niemand vom Hauptquartier angerufen? Wo ist der
Sanitätsoffizier?« Koudelkas Arzt, der ihn bei Cordelias erstem Besuch mit dem Handtraktor bearbeitet hatte, wurde schließlich aufgestöbert.
»Admiral Vorkosigan, Sir. Nein, für ihn gelten natürlich die Besuchszeiten nicht. Danke, Sanitäter. Sie können gehen.«
»Ich komme diesmal nicht zu Besuch, Doktor. Offizielle
Geschäfte. Ich möchte Sie heute Abend von Ihrem Patienten
befreien, falls das physisch möglich ist. Koudelka ist versetzt worden.«
»Versetzt? Er sollte in einer Woche aus den Streitkräften
entlassen werden! Versetzt wohin? Hat niemand meine
Berichte gelesen? Er kann kaum laufen.«
»Das wird er nicht müssen. Seine neue Aufgabe besteht ganz aus Schreibtischarbeit. Ich hoffe, Sie haben seine Handfunktionen wiederhergestellt?«
»Ziemlich gut.«
»Gibt es noch medizinische Arbeit, die getan werden muss?«
»Nichts Wichtiges. Ein paar letzte Tests. Ich wollte ihn
einfach bis zum Ende des Monats hier behalten, dann hätte er sein viertes Jahr vollendet. Dachte, das würde ihm ein bisschen bei seiner Pension helfen, so wie die Dinge liegen.«
Vorkosigan schaute die Papiere und elektronischen
Datenträger durch und gab die relevanten an den Arzt weiter.
»Hier. Füttern Sie das in Ihren Computer und sorgen Sie dafür, dass seine Entlassung aus dem Krankenhaus unterschrieben wird. Komm, Cordelia, überraschen wir ihn.« Er sah glücklicher aus als je zuvor an diesem Tag.
Sie betraten Koudelkas Zimmer und fanden ihn noch für den
Tag gekleidet, in der schwarzen Arbeitsuniform; er kämpfte mit einer therapeutischen Übung zur Handkoordination und fluchte leise.
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»Hallo, Sir«, begrüßte er Vorkosigan geistesabwesend. »Das Dumme an diesem verdammten Nervensystem aus Silberpapier ist, dass man ihm nichts beibringen kann. Übung hilft nur für die organischen Teile. Ich schwöre, eines Tages werde ich meinen Kopf gegen die Wand hauen.« Er gab die Übung mit einem Seufzer auf.
»Tun Sie das nicht! Sie werden ihn in den Tagen, die vor
Ihnen liegen, noch brauchen.«
»Ich vermute es. Er war allerdings nie mein bester
Körperteil.« Er starrte zerstreut und niedergeschlagen auf die Patiententafel, dann erinnerte er sich dass er sich seinem Kommandeur gegenüber fröhlich geben müsste. Er blickte auf und stellte fest, wie spät es schon war. »Was führt Sie zu dieser Stunde hierher, Sir?«
»Der Dienst. Was sind eigentlich Ihre Pläne für die nächsten paar Wochen, Fähnrich?«
»Nun ja, man wird mich nächste Woche aus den
Streitkräften entlassen. Ich werde eine Weile nach Hause
gehen. Dann werde ich anfangen, mir Arbeit zu suchen, nehme ich an. Ich weiß allerdings noch nicht, was für eine.«
»Zu schade«, sagte Vorkosigan und behielt ein ernstes
Gesicht bei. »Ich stifte Sie nur sehr ungern dazu an, Ihre Pläne zu ändern, Leutnant Koudelka, aber Sie sind versetzt worden.«
Und er legte auf das Nachttischtablett der Reihe nach, wie ein prächtiges Spielkartenblatt, Koudelkas neu erstellten Marschbefehl, seine Beförderung und ein Paar roter Kragenabzeichen.
Cordelia hatte nie zuvor so viel Freude an Koudelkas
ausdrucksvollem Gesicht gehabt. Es war eine Studie an
Verblüffung und aufsteigender Hoffnung. Er nahm den
Marschbefehl vorsichtig auf und las ihn durch.
»0 Sir! Ich weiß, das ist kein Scherz, aber es muss ein Irrtum sein! Persönlicher Sekretär des designierten Regenten – ich 325
weiß überhaupt nichts über diese Arbeit. Es ist eine
unmögliche Aufgabe.«
»Wissen Sie, das ist fast genau das Gleiche, was der
designierte Regent zuerst über seine Aufgabe sagte, als man sie ihm anbot«, sagte Cordelia. »Ich nehme an, ihr beide müßt sie zusammen lernen.«
»Wie kam er darauf, mich auszuwählen? Haben Sie mich
empfohlen, Sir? Da fällt mir ein …«. er drehte den
Marschbefehl um und las ihn nochmals durch, »wer wird
überhaupt Regent?« Er hob seinen Blick zu Vorkosigan und
begriff endlich. »Mein Gott«, flüsterte er. Er lächelte und gratulierte nicht, wie Cordelia erwartet hatte, sondern schaute ganz ernst
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