Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
stabile Regierung führt. Dich gebrauchen, mich gebrauchen, was immer notwendig ist. So viel zu zahlen und dann zu scheitern, das wäre unerträglich.«
Sie seufzte und legte ihre Hand in die seine. »Im Falle eines Unfalls spende auch meine übrig gebliebenen Körperteile. Das ist die betanische Sitte. Vergeude nichts.«
Er schürzte hilflos seine Lippen. Gesicht an Gesicht lehnten sie einen Augenblick lang ihre Stirnen aneinander und
umarmten sich. »Das will ich nicht.«
Ihr stummes Versprechen an Kareen wurde zur Politik, als
sie und Aral vom Rat der Grafen offiziell zu Gregors Vormund bestellt wurden. Das war juristisch irgendwie verschieden von Arals Vormundschaft des Reiches als Regent. Premierminister Vortala nahm sich die Zeit, ihr darüber einen Vortrag zu halten und ihr klar zu machen, dass ihre neuen Pflichten keinerlei 762
politische Vollmachten einschlossen. Sie hatte wirtschaftliche Funktionen, einschließlich der Treuhänderschaft über gewisse Vorbarra-Besitztümer, die vom kaiserlichen Besitz getrennt waren und strikt zu Gregors Titel als Graf Vorbarra gehörten.
Und durch Arals Auftrag erhielt sie die Aufsicht über den
Haushalt des Kaisers. Und seine Erziehung. »Aber, Aral«,
sagte Cordelia verwirrt, »Vortala hat betont, dass ich keine Macht hätte.«
»Vortala … ist nicht allwissend. Sagen wir einfach, er hat ein bisschen Schwierigkeiten, gewisse Formen der Macht zu erkennen, die nicht gleichbedeutend mit Gewalt sind. Die Möglichkeit deiner Einflussnahme ist allerdings beschränkt, denn mit zwölf Jahren wird Gregor in eine
Vorbereitungsschule auf die Akademie eintreten.«
»Aber können die denn erkennen…?«
»Ich kann es. Und du kannst es. Das ist genug. «
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Eine von Cordelias ersten Anordnungen war, Droushnakovi
wieder mit dem Schutz von Gregors Person zu betrauen, seiner emotionalen Kontinuität zuliebe. Dies bedeutete nicht, dass sie auf die Gesellschaft des Mädchens verzichten musste, auf diesen Beistand, an den sie sich zutiefst gewöhnt hatte, denn auf Illyans erneutes Drängen bezog Aral endlich Wohnräume in der kaiserlichen Residenz. Es erleichterte Cordelias Herz, als Drou und Kou einen Monat nach dem Winterfest heirateten.
Cordelia bot sich als Vermittlerin zwischen den beiden
Familien an. Aus irgendeinem Grund lehnten Kou und Drou
beide das Angebot hastig ab, allerdings mit
überschwänglichem Dank. Angesichts der verwirrenden
Fallstricke der gesellschaftlichen Sitten von Barrayar, überließ Cordelia diese Aufgabe ebenso glücklich der erfahrenen älteren Dame, die das Paar engagierte.
Cordelia sah Alys Vorpatril oft, denn sie besuchten sich
gegenseitig zu Hause. Der kleine Graf Ivan war für Alys wenn auch nicht gerade ein Trost, so doch sicher eine Ablenkung in ihrer langsamen Genesung von ihrer physischen Zerreißprobe.
Er wuchs schnell, trotz einer Neigung zu unnötigen
Aufregungen, die Cordelia nach einiger Zeit als Latrogenen Charakterzug erkannte, ausgelöst von dem vielen Wirbel, den Alys um ihn machte. Ivan sollte drei oder vier Geschwister haben, die sich die Aufmerksamkeit seiner Mutter teilten, schloss Cordelia, als sie Alys beobachtete, wie sie Klein-Ivan an ihrer Schulter sein Bäuerchen machen ließ und gleichzeitig laut ihre Pläne verkündete, wie er aufgrund seiner Erziehung mit achtzehn Jahren die schwierigen Aufnahmeprüfungen der Kaiserlichen Militärakademie in Angriff nehmen würde.
Alys Vorpatril wurde von ihrer bitteren Trauer um Padma
und ihren detailfreudigen Planungen von Ivans Leben
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abgelenkt, als sie einen Blick auf ein Bild des Brautkleides werfen durfte, für das Drou sich begeisterte.
»Nein, nein, nein!«, rief sie und schauderte zurück. »All das Spitzenzeug – Sie würden so pelzig wie ein großer weißer Bär aussehen. Seide, meine Liebe, lange Faltenwürfe aus Seide, das ist es, was Sie brauchen!«, und schon war sie unterwegs. Die Mutter-und schwesterlose Drou konnte kaum eine kundigere Brautberaterin gefunden haben. Lady Vorpatril machte schließlich das Kleid zu einem ihrer verschiedenen Geschenke, um sich dessen ästhetischer Vollkommenheit gewiss zu sein, zusammen mit einem ›kleinen Ferienhäuschen‹, das sich dann als ein stattliches Haus an der Ostküste herausstellte. Im Sommer würde Drous Traum vom Strand wahr werden.
Cordelia grinste und erwarb für das Mädchen ein Nachtgewand und einen Morgenmantel, die mit genügend Schichten von
Spitze besetzt waren, um auch das am meisten
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