Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
Besuche nach ihrer Rückkehr nach Vorbarr Sultana zu ihm gekommen war, hatte sie ihn in einem fast total entnervten Zustand angetroffen, unfähig zur Arbeit. Jedes Mal, wenn er den Raum betrat, so hatte er erzählt, 772
spielte sich in seiner Erinnerung Dr. Henris gewaltsamer und sinnloser Tod wieder ab. Er konnte nicht auf den Boden treten an der Stelle, wo Henris Körper hingefallen war, sondern musste einen weiten Bogen darum machen; schon die geringsten Geräusche ließen ihn zusammenzucken und hochschrecken. »Ich bin ein Mann der Vernunft«, sagte er
heiser »dieser abergläubische Unsinn bedeutet mir nichts.« So hatte Cordelia ihm geholfen, ein privates Opfer für Henri in einem Kohlenbecken auf dem Fußboden des Labors zu entzünden und hatte den Umzug als eine Beförderung getarnt.
Das neue Labor war hell und geräumig und frei von den
Geistern Verstorbener. Cordelia fand eine Schar wartender
Männer, als Vaagen sie hineinführte: Forscher, die Vaagen
zugewiesen worden waren, um die Replikatortechnologie zu
ergründen, interessierte zivile Geburtshelfer einschließlich Dr.
Ritter, Miles' eigenen zukünftigen Kinderarzt und seinen
beratenden Chirurgen. Der Wachwechsel. Bloße Eltern
brauchten Entschlossenheit, um sich mit den Ellbogen ihren Eintritt zu erkämpfen.
Vaagen eilte geschäftig hin und her, in glücklicher
Bedeutsamkeit. Er trug immer noch seine Augenklappe, aber er versprach Cordelia, er würde sich jetzt bald die Zeit nehmen für die letzte Runde der Operationen, die sein Sehvermögen wiederherstellen sollten. Ein Medizintechniker brachte den Uterusreplikator auf einem Rollwagen herbei, und Vaagen hielt inne, als versuchte er sich zu überlegen, wie er aus dem, was Cordelia als sehr einfaches Ereignis kannte, die passende dramatische Zeremonie machen konnte. Er entschloss sich, es zu einem fachtechnischen Vortrag für seine Kollegen zu machen, und erläuterte detailliert die Zusammensetzung der Hormonlösungen, während er sie in die entsprechenden Nährleitungen injizierte, er interpretierte die Anzeigen und beschrieb die plazentale Trennung, die im Innern des
Replikators vor sich ging, die Ähnlichkeiten und Unterschiede 773
zwischen Replikator-und Körpergeburten. Es gab einige
Unterschiede, die Vaagen nicht erwähnte, ,Alys Vorpatril sollte das sehen, dachte Cordelia.
Vaagen blickte auf und bemerkte, dass sie ihn beobachtete, er machte eine verlegene Pause und lächelte. »Lady
Vorkosigan.« Er wies mit einer Geste auf die Verschlüsse des Replikators. »Würden Sie uns die Ehre erweisen, es zu tun?«
Sie streckte die Hand aus, zögerte und schaute sich nach
Aral um. Da war er, feierlich und aufmerksam am Rande der
Schar. »Aral?«
Er trat vor. »Bist du dir sicher?«
»Wenn du eine Picknick-Kühlbox öffnen kannst, dann
kannst du auch das hier öffnen.« Sie nahmen beide je einen Verschlussgriff, hoben sie gemeinsam an, brachen so den
sterilen Verschluss des Replikators und nahmen den Deckel ab.
Dr. Ritter hielt ein Vibra-Skalpell hinein, schnitt die dicke Filzmatte der Nährschläuche mit einer so sanften Bewegung durch, dass die darunter liegende amniotische Hülle unverletzt blieb, dann schnitt er Miles frei aus seinem letzten Rest biologischer Verpackung und reinigte seinen Mund und seine Nase von der Flüssigkeit vor seinem ersten überraschten Atemholen. Arals Arm umschlang sie so fest, dass es wehtat.
Ein gedämpftes Lachen, nicht mehr als ein Atemstoß, kam von seinen Lippen: Er schluckte und blinzelte, um seine
Gesichtszüge, auf denen sich Stolz und Schmerz abzeichneten, wieder unter strenge Kontrolle zu bringen.
Happy Birthday, dachte Cordelia, eine gute Farbe…
Unglücklicherweise war dies so ziemlich alles, was wirklich gut war. Der Kontrast zu dem Baby Ivan war überwältigend.
Trotz der extra Wochen künstlicher Schwangerschaft, zehn
Monate im Vergleich zu Ivans neuneinhalb, war Miles kaum
halb so groß wie Ivan bei seiner Geburt und viel faltiger und schrumpeliger. Sein Rückgrat war merklich deformiert, und
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seine Beine waren hochgezogen und in einer festen Krümmung verschränkt Allerdings war er zweifellos ein männlicher Erbe, keine Frage. Sein erster Schrei war dünn und schwach, überhaupt nicht wie Ivans ärgerliches, hungriges Gebrüll.
Hinter ihr hörte Cordelia Piotr enttäuscht zischen.
»Hat er genügend Nahrung bekommen?«, fragte sie Vaagen.
Es war schwer, ihren Ton frei von jeder Anklage zu halten.
Vaagen zuckte hilflos
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