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Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre

Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre

Titel: Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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Wand? den Boden? die Decke? Sie rotierte mitten in der Luft und schrie auf. Feuer unserer Verbündeten, dachte sie hysterisch – gleich werde ich vom Feuer unserer Verbündeten umgebracht. Das perfekte Ende
    meiner militärischen Karriere … Sie biss die Zähne
    aufeinander und lauschte mit grimmiger Konzentration.
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    Es war zu still. Hatten sie Luft verloren? Sie hatte eine
    grässliche Vision von sich selbst als der einzigen
    Überlebenden, gefangen in dieser schwarzen Kiste und zum
    Schweben verurteilt, bis entweder langsames Ersticken oder langsames Erfrieren ihr Leben auslöschen würde. Die Zelle wäre ihr Sarg; erst Monate später würde eine Bergungsmannschaft ihn öffnen…
    Und, noch schrecklicher: War vielleicht die Brücke
    getroffen? Das Nervenzentrum, wo sich Vorkosigan sicherlich aufhielt und worauf die Escobaraner bestimmt ihr Feuer konzentrierten – war er von fliegenden Trümmern zerschmettert, im Nu im Vakuum erfroren, im Plasmafeuer
    verbrannt, eingeklemmt irgendwo zwischen zermalmten
    Decks?
    Endlich fanden ihre Finger eine feste Fläche und suchten
    nach einem Halt. Es war eine Ecke, gut. Cordelia wusste nicht, wie viel Zeit in dieser höllischen Finsternis verging. Ihre Arme und Beine zitterten von den Bemühungen, sich an Ort und Stelle festzuklammern. Dann stöhnte das Schiff auf, und die Lichter waren wieder da.
    Oh, zum Teufel, dachte sie, das ist ja die Decke.
    Die Schwerkraft kehrte zurück und ließ sie auf den Boden
    stürzen. Ein heftiger Schmerz durchzuckte ihren linken Arm, dann war er taub. Sie kletterte wieder auf das Bett, packte mit ihrer rechten Hand das Bettgeländer so fest, dass ihre Knöchel weiß hervortraten, steckte auch einen Fuß hindurch und machte sich auf die nächste Erschütterung gefasst Nichts. Sie wartete. Durch ihr orangefarbenes Hemd drang Feuchtigkeit. Sie blickte an sich hinab und sah, dass ein rötlich gelber Knochensplitter durch die Haut ihres linken Unterarms gedrungen war und dass Blut hervorquoll. Sie schlüpfte unbeholfen aus dem Oberteil ihres Pyjamas, wickelte es um den Arm und versuchte die Blutung zu stillen. Der Druck
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    weckte den Schmerz. Sie versuchte, um Hufe zu rufen. Die
    Zelle wurde doch sicherlich abgehört.
    Niemand kam. In den nächsten drei Stunden variierte sie den Versuch, Hilfe zu rufen, indem sie schrie, vernünftig redete, endlos mit ihrer unversehrten Hand gegen die Tür oder die Wände schlug, oder einfach auf dem Bett saß und vor Schmerz weinte. Die Gravitation und die Lichter schwankten noch einige Male. Schließlich hatte Cordelia die vertraute Empfindung, verkehrt herum durch einen Leimtopf gezogen zu werden, was einen Wurmlochsprung anzeigte, und dann wurde die Umgebung beständig.
    Als sich die Tür der Zelle endlich öffnete, erschrak sie so sehr, dass sie gegen die Wand zurückschnellte und sich den Kopf anschlug. Aber es war nur der Leutnant, der das Schiffsgefängnis leitete, zusammen mit einem Sanitäter. Der Leutnant hatte auf seiner Stirn eine rötlich purpurne Prellung, so groß wie ein Ei; der Sanitäter sah ebenfalls mitgenommen aus.
    »Dies ist der zweitschlimmste Fall«, sagte der Leutnant zu dem Sanitäter. »Danach können Sie die Zellen der Reihe nach abgehen.«
    Mit bleichem Gesicht und zu erschöpft, um zu sprechen,
    wickelte sie ihren Arm aus, damit er untersucht und behandelt werden konnte. Der Sanitäter war durchaus tüchtig, aber ihm fehlte bei der Berührung das Zartgefühl des Stabsarztes.
    Cordelia wurde fast ohnmächtig. Endlich war der Plastikbruch-verband angelegt.
    Es gab keine Zeichen mehr für einen Angriff. Durch einen
    Schlitz in der Wand wurde ihr eine saubere
    Gefangenenuniform zugeschoben. Zwei Rationen später spürte sie einen weiteren Wurmlochsprung. Ihre Gedanken rotierten endlos im Laufrad ihrer Ängste; ihr Schlaf war voller Träume, und es waren allesamt Alpträume.
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    Schließlich kam Leutnant Illyan zusammen mit einem
    gewöhnlichen Wachsoldaten, um sie zu holen. Sie hätte ihn
    fast geküsst vor lauter Freude, ein vertrautes Gesicht zu sehen.
    Stattdessen räusperte sie sich schüchtern und fragte in einem Ton, von dem sie hoffte, er würde nonchalant klingen: »Geht es Kommodore Vorkosigan gut, nach diesem Angriff?«
    Er hob die Augenbrauen und warf ihr einen prüfenden Blick
    zu. »Natürlich.«
    Natürlich. Natürlich. Dieses ›natürlich‹ legte sogar nahe: unverletzt. Ihre Augen wurden feucht vor Erleichterung. Sie versuchte es durch einen Ausdruck kühlen

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