Vorkosigan 02 03 Cordelia's Ehre
professionellen Interesses zu verbergen. »Wohin bringen Sie mich?«, fragte sie ihn, als sie das Schiffsgefängnis verließen und den Korridor entlanggingen.
»Zum Shuttle. Sie werden zum Kriegsgefangenenlager auf
dem Planeten gebracht, bis Vereinbarungen über einen
Austausch getroffen sind und man damit beginnt, alle nach
Hause zu schicken.«
»Nach Hause! Was ist mit dem Krieg?«
»Er ist vorbei.«
Vorbei! Sie brauchte einen Augenblick, um das zu verdauen.
»Vorbei? Das ging aber schnell. Warum nutzen die
Escobaraner nicht ihren Vorteil aus?«
»Das können sie nicht. Wir haben den Wurmlochausgang
verstopft.«
»Verstopft? Nicht blockiert?«
Er nickte.
»Wie, zum Teufel, verstopft man ein Wurmloch?«
»Es ist gewissermaßen eine sehr alte Idee. Feuerschiffe.«
»Was?«
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»Man schickt ein Schiff hinein, löst eine größere Materie—
Antimaterie-Explosion im Mittelpunkt zwischen den
Schwingungsknoten aus. Das bewirkt eine Resonanz –
wochenlang kann nichts anderes hindurch, bis sie aufhört.«
Cordelia stieß einen Pfiff aus. »Schlau – warum haben wir
nicht daran gedacht? Wie bekommt man den Piloten heraus?«
»Vielleicht ist das der Grund, weshalb Sie nicht daran
gedacht haben. Wir bekommen ihn nicht heraus.«
»Gott, was für ein Tod.« Ihre Vision davon war klar und
unmittelbar.
»Es waren Freiwillige.«
Sie schüttelte benommen den Kopf. »Nur ein
Barrayaraner…« Sie suchte nach einem weniger entsetzlichen Thema. »Habt ihr viele Gefangene gemacht?«
»Nicht sehr viele. Insgesamt vielleicht tausend. Wir haben über elftausend Bodensoldaten auf Escobar zurückgelassen.
Das macht Sie ziemlich wertvoll, wenn wir versuchen müssen, Sie im Verhältnis von mehr als zehn zu eins auszutauschen.«
Der Gefangenenshuttle war ein fensterloses Raumfahrzeug.
Cordelia teilte ihn mit nur zwei anderen Leuten: einem ihrer eigenen Ingenieurassistenten und dem schwarzhaarigen escobaranischen Mädchen, das in ihrer Zelle gewesen war. Ihr Techniker war erpicht darauf, Geschichten auszutauschen, obwohl er nicht viel zu erzählen hatte. Er war die ganze Zeit in einer Zelle eingesperrt gewesen, mit seinen anderen drei Schiffskameraden, die man schon tags zuvor auf den Planeten hinuntergebracht hatte.
Die schöne Escobaranerin, eine junge Offiziersanwärterin,
war gefangen genommen worden, als ihr Schiff vor mehr als
zwei Monaten beim Kampf um den Wurmlochsprung nach
Kolonie Beta kampfunfähig gemacht wurde. Sie hatte noch
weniger zu erzählen. »Ich muss irgendwann mein Zeitgefühl
verloren haben«, sagte sie unsicher. »Das ist nicht schwer in 207
dieser Zelle, wenn man niemanden sieht. Ich weiß nur, dass ich gestern auf der Krankenstation aufgewacht bin und mich nicht erinnern konnte, wie ich dahin gekommen war.«
Und wenn dieser Arzt so gut ist, wie es den Anschein hat,
dann werden Sie es auch nie erfahren, dachte Cordelia.
»Erinnern Sie sich an Admiral Vorrutyer?«
»An wen?«
»Ach, spielt keine Rolle.«
Der Shuttle landete schließlich, und die Luke wurde
geöffnet. Ein Strahl Sonnenlicht kam herein, und ein Hauch duftender Sommerluft – süße grüne Luft, die ihr plötzlich bewusst machte, dass sie tagelang nur muffige Luft geatmet hatten.
»Wo sind wir denn hier überhaupt?«, fragte der Techniker
beeindruckt, als er, von den Wachen angetrieben, durch die Luke trat. »Es ist so schön.«
Cordelia folgte ihm und lachte bitter auf, da sie den Ort
sofort erkannte.
Das Gefangenenlager bestand aus drei Reihen
barrayaranischer Feldunterkünfte, hässlichen grauen
Halbzylindern, und lag unter einem türkisfarbenen Himmel auf dem Grund eines mehrere Kilometer weiten Amphitheaters aus trockenem Waldland. Es war ein dunstiger, warmer, ruhiger Nachmittag, und Cordelia hatte ein Gefühl, als wäre sie nie weggewesen.
Ja, da war sogar der Eingang zu dem unterirdischen Depot,
nicht mehr getarnt, sondern erweitert. Davor hatte man eine große Fläche zum Landen und Laden planiert. Dort herrschte jetzt geschäftiges Gewimmel rings um eine Anzahl Shuttles.
Der Wasserfall und der Teich waren verschwunden. Cordelia
schaute sich unterwegs nach allen Seiten um und betrachtete ihren Planeten. Als sie jetzt darüber nachdachte, erschien es ihr 208
unvermeidlich, dass sie am Ende hier ankommen sollten; ja, es war wirklich ganz logisch. Sie schüttelte hilflos den Kopf.
Cordelia und ihre junge escobaranische Begleiterin wurden
im Lager abgeliefert und dann von einem
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