Vorkosigan 09 Waffenbrüder
deutlich
hinein. »Elli, hast du alles mitbekommen?«
»Aufgezeichnet und an Kapitän Thorne im Hauptquartier
übertragen«, antwortete Quinns Stimme fröhlich. »Brauchst du schon Gesellschaft?«
»Noch nicht.« Er ließ die Hand sinken, richtete sich auf und blickte Galen in die wütenden Augen. »Wie ich schon sagte. Ende der Geschichte. Diskutieren wir Alternativen.«
Mit bestürzter Miene hatte Mark den Nervendisruptor gesenkt.
»Alternativen? Rache reicht aus!«, zischte Galen. »Feuer!«
»Aber …«, sagte der Klon erregt.
»Von diesem Augenblick an bist du ein freier Mann.« Miles
sprach leise und schnell. »Er hat dich gekauft und für dich bezahlt, aber er besitzt dich nicht. Aber wenn du für ihn tötest, dann wird er dich für immer besitzen. Für immer und ewig.«
Nicht unbedingt, sagte Galenis Gesicht. Er verzog den Mund, mischte sich aber nicht ein.
»Du mußt deine Feinde töten«, knurrte Galen.
Mark ließ die Hand sinken und öffnete den Mund zum Protest.
»Jetzt, verdammt!«, schrie Galen und setzte an, den Nervendisruptor wieder an sich zu reißen.
301
Galeni trat vor Miles. Miles suchte in seiner Jacke nach dem zweiten Betäuber. Der Nervendisruptor knisterte. Miles zog seine Waffe, zu spät, verdammt noch mal zu spät – Hauptmann Galeni keuchte – wegen meiner Langsamkeit ist er tot, wegen meiner Dummheit von wegen der einen letzten Chance – , Miles sprang hinter Galeni hervor und zielte mit seinem Betäuber …
Und sah, wie Galen zusammenbrach und in Krämpfen zuckte,
den Rücken gebogen, das Gesicht verzerrt, und in den Tod wegsank.
»Die Feinde töten«, keuchte Mark. Sein Gesicht war weiß wie Papier. »Ganz recht. Ah!« fügte er hinzu und hob die Waffe wieder, als Miles auf ihn zugehen wollte. »Bleib auf der Stelle stehen!«
Zu Miles Füßen zischte etwas – er blickte hinab und sah eine dünne Schaumschicht, die an seinen Stiefel vorbeigeschwemmt wurde, an Schwung verlor und wieder zurückwich. Einen Moment später kam die nächste. Die Flut stieg über den Sims. Die Flut stieg …
»Wo ist Ivan?«, wollte Miles wissen und packte den Betäuber fester.
»Wenn du feuerst, wirst du es nie erfahren«, sagte Mark. Seine Blicke huschten nervös von Miles zu Galeni, von Galens Leiche zu seinen Füßen zu der Waffe in seiner Hand, als liefe das alles zu einer unmöglich unrichtigen Summe zusammen. Er atmete flach und panisch. Seine Fingerknöchel, um den Nervendisruptor gekrallt, waren bleich wie Knochen. Galeni stand sehr, sehr still da.
Er hatte den Kopf gehoben und den Blick auf das, was da am
Boden lag, oder nach innen gerichtet. Er schien die Waffe oder den, der sie hielt, nicht wahrzunehmen.
»Schön«, sagte Miles. »Du hilfst uns, und wir helfen dir. Bring uns zu Ivan!«
Mark wich zur Mauer zurück und senkte den Nervendisruptor
nicht. »Ich traue dir nicht.«
»Wohin willst du jetzt gehen? Du kannst nicht zu den Komarranern zurück. Ein barrayaranisches Einsatzkommando, das dich 302
umlegen soll, ist dir auf den Fersen. Du kannst die hiesigen Behörden nicht um Schutz bitten, denn du mußt diese Leiche erklären.
Ich bin deine einzige Chance.«
Mark blickte auf die Leiche, auf den Nervendisruptor, auf Miles.
Das sanfte Sirren einer Seilspule, die abgerollt wurde, drang kaum durch das Zischen der Gischt am Boden. Miles blickte auf.
Quinn kam heruntergesaust, wie ein Falke, der auf seine Beute herabstieß. In der einen Hand hielt sie eine Waffe, mit der anderen steuerte sie die Seilspule.
Mark stieß die Luke auf und stolperte rückwärts hindurch.
»Sucht nur Ivan! Er ist nicht weit weg. Ich muß keine Leiche erklären – aber du! Auf der Mordwaffe sind deine Fingerabdrücke!«
Er warf den Nervendisruptor auf den Boden und schlug die Luke hinter sich zu.
Miles sprang zur Tür und fummelte daran herum, aber sie war schon verschlossen – er knackste sich fast noch ein paar Fingerknochen an. Gedämpft war durch die Luke das Schieben und Klirren eines Schließmechanismus zu hören, der der Gewalt des Meeres trotzen sollte. Miles zischte mit zusammengebissenen Zähnen.
»Soll ich sie aufsprengen?«, keuchte Quinn, als sie landete.
»D… du lieber Himmel, nein!« Die Verfärbung der Mauer an
der Flutmarke befand sich gute zwei Meter über der Oberschwelle der Luke. »Wir könnten London unter Wasser setzen. Versuch sie zu öffnen, ohne sie zu beschädigen. Hauptmann Galeni!« Miles wandte sich um. Galeni hatte sich nicht bewegt. »Haben Sie einen
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