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Vorkosigan 09 Waffenbrüder

Vorkosigan 09 Waffenbrüder

Titel: Vorkosigan 09 Waffenbrüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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wankte hinüber zu der gegenüberliegenden Bank, bevor seine Knie nachgaben, und setzte sich mit dem Rücken gegen die Wand. Die Füße reichten nicht ganz bis zum Boden. Sie schwiegen beide einige Minuten lang und musterten einander.
    »Es wäre sinnlos, uns zusammen in denselben Raum zu sperren, wenn er nicht abgehört wird«, sagte Miles schließlich.
    Anstatt einer Antwort zeigte Galeni mit einem Finger hinauf zum Lichtschlitz.
    »Aha. Auch optisch?«
    »Ja.«
    Miles entblößte die Zähne und lächelte nach oben.
    Galeni betrachtete ihn immer noch mit vorsichtiger, fast
    schmerzlicher Unsicherheit.
    Miles räusperte sich. In seinem Mund blieb ein bitterer Geschmack zurück. »Ich nehme an, Sie sind meinem Alter ego schon begegnet?«
    »Gestern. Ich glaube, es war gestern.« Galeni blickte zum Licht empor.
    Die Entführer hatten auch Miles sein Chrono abgenommen.
    »Jetzt ist es etwa ein Uhr morgens, Beginn des fünften Tages, seit Sie aus der Botschaft verschwunden sind«, beantwortete Miles Galenis unausgesprochene Frage. »Bleibt das Licht die ganze Zeit an?«
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    »Ja.«
    »Aha.« Miles drängte eine unangenehme Assoziation zurück.
    Ständige Beleuchtung war eine cetagandanische Gefängnistechnik, die zeitweilige Desorientierung herbeiführen sollte. Admiral Naismith war bestens vertraut damit.
    »Ich habe ihn nur für ein paar Sekunden gesehen«, fuhr Miles fort, »als sie die Auswechslung durchführten.« Seine Hand griff nach dem verschwundenen Dolch, massierte seinen Nacken.
    »Sehe ich – wirklich so aus?«
    »Ich dachte, Sie wären es. Bis zum Ende. Er sagte mir, er übe.
    Teste.«
    »Hat er bestanden?«
    »Er war vier oder fünf Stunden hier drinnen.«
    Miles zuckte zusammen. »Das ist schlecht. Das ist sehr
    schlecht.«
    »Das habe ich mir auch gedacht.«
    »Ich verstehe.« Ein unangenehmes Schweigen füllte den Raum.
    »Nun, Sie Historiker. Wie unterscheidet man eine Fälschung vom Original?«
    Galeni schüttelte den Kopf, dann führte er eine Hand zur
    Schläfe, als wünschte er, er hätte nicht den Kopf geschüttelt; offenbar hatte er heftige Kopfschmerzen. Miles tat ebenfalls der Kopf weh. »Ich glaube nicht, daß ich es noch weiß«, fügte Galeni nachdenklich hinzu. »Er salutierte.«
    Miles verzog einen Mundwinkel zu einem trockenen Grinsen.
    »Natürlich könnte nur ein Ich da sein, und das Ganze könnte ein Trick sein, Sie zum Wahnsinn zu treiben …«
    »Hören Sie auf damit!« Galeni schrie fast. Trotzdem huschte für einen Moment ein verzerrtes Lächeln über sein Gesicht.
    Miles blickte zum Licht empor. »Nun, wer auch immer ich bin, Sie sollten immer noch in der Lage sein, mir zu sagen, wer diese Leute sind. Hm – ich hoffe, es sind nicht die Cetagandaner? Ich würde das ein bißchen zu seltsam finden, angesichts meines …
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    Duplikats. Er ist ein chirurgisches Konstrukt, hoffe ich.« Kein Klon – bitte, lieber Gott, laß ihn nicht mein Klon sein …
    »Er sagte, er sei ein Klon«, sagte Galeni. »Natürlich war mindestens die Hälfte dessen, was er sagte, gelogen, wer auch immer er ist.«
    »Ach so.« Ein stärkerer Ausruf schien völlig unangebracht.
    »Ja. Ich habe daraufhin sehr über Sie nachgedacht. Das heißt, über den originalen Leutnant Vorkosigan.«
    »Äh … hm! Ja. Ich glaube, ich weiß jetzt, warum ich mit dieser … dieser Geschichte herausgeplatzt bin, als die Reporterin mich in die Mangel nahm. Ich hatte ihn schon einmal zuvor gesehen. In der U-Bahn, als ich mit Kommandantin Quinn unterwegs war. Das ist jetzt acht oder zehn Tage her. Diese Leute müssen schon damals drauf und dran gewesen sein, die Auswechslung vorzunehmen. Aber er trug die falsche Uniform, und deshalb haben sie es wohl abgeblasen.«
    Galeni blickte auf seinen Ärmel hinab. »Haben Sie es nicht
    bemerkt?«
    »Ich hatte damals eine Menge anderer Dinge im Kopf.«
    »Mir haben Sie das nie berichtet!«
    »Ich hatte damals Schmerztabletten verpaßt bekommen. Ich
    dachte, es könnte sich um eine kleine Halluzination handeln. Ich war etwas arg gestresst. Als ich zur Botschaft zurückkam, hatte ich es vergessen. Und außerdem …« – er grinste schwach – »glaubte ich nicht, daß unsere Arbeitsbeziehung davon profitieren würde, wenn ich bei Ihnen ernsthafte Zweifel über meine Zurechnungsfähigkeit weckte.«
    Galeni preßte verärgert die Lippen aufeinander, doch dann löste er sie wieder in einer Art Verzweiflung. »Vielleicht nicht.«
    In Galenis Gesicht Verzweiflung zu sehen alarmierte Miles.

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