Vorkosigan 11 Spiegeltanz
vier Augen mit Bel Thorne, und zwar sehr, sehr bald. Er hatte nicht damit gerechnet, daß Bel ebenso scharf darauf gewesen war loszuschlagen wie Mark selbst.
Er blickte sich im Taktikraum um und entnahm den Vid-Displays die neuesten Informationen. Die Ariel war aus dem Schlamassel 130
draußen und war unter Beschuß geflohen, befehligt von Leutnant Hart, Thornes Stellvertreter, und hatte an Station Fell angedockt.
Sie wurde jetzt von einem halben Dutzend bharaputranischer Sicherheitsschiffe blockiert, die außerhalb von Fells Zone lauerten.
Zwei weitere bharaputranische Schiffe eskortierten derzeit die Peregrine im Orbit. Eine symbolische Streitmacht, einstweilen.
Die Peregrine war ihnen an Feuerkraft überlegen. Dieses Gleichgewicht der Kräfte würde sich verändern, sobald alle ihre bharaputranischen Brüder hier oben erschienen. Es sei denn, er konnte Baron Bharaputra überzeugen, daß dies nicht notwendig war.
Er rief auf seinem Vid-Display einen Überblick der Situation auf dem Planeten auf, soweit sie gegenwärtig den Kampfcomputern der Peregrine bekannt war. Die äußere Anlage des bharaputranischen medizinischen Komplexes war selbst aus dem Orbit offenkundig, aber ihm fehlten die Details über das Innere, die er gern gehabt hätte, wenn er einen klugen Angriff plante. Kein kluger Angriff. Verhandlungen und Bestechung … Er zuckte zusammen, als er an die bevorstehenden Kosten dachte. Bel Thorne, Mark, das Grüne Kommando und etwa fünfzig bharaputranische Geiseln waren zur Zeit in einem einzigen Gebäude eingeschlossen, von ihrem beschädigten Shuttle getrennt, und das schon seit acht Stunden. Der Shuttlepilot war tot, drei Kämpfer verwundet. Das würde Bel sein Kommando kosten, schwor sich Miles.
Bald würde dort unten die Morgendämmerung kommen. Gott sei Dank hatten die Bharaputraner alle Zivilisten aus dem Rest des Komplexes evakuiert, aber sie hatten auch Sicherheitskräfte mit schwerer Ausrüstung hergebracht. Nur die Drohung, daß ihren wertvollen Klons etwas passieren könnte, hielt einen überwältigenden Angriff der Bharaputraner zurück. Er würde also nicht aus einer Position der Stärke verhandeln. Cool bleiben!
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Ohne sich umzudrehen, hob Quinn die Hand und gab ihm ein Zeichen: Mach dich bereit. Er blickte an sich hinab und überprüfte sein Aussehen. Seine graue Offiziersuniform war vom nächstkleinsten Besatzungsmitglied der Peregrine, einer 1,50 m großen Frau aus der Ingenieurabteilung, ausgeborgt und wirkte an ihm salopp. Er trug nur die Hälfte seiner korrekten Abzeichen. Aggressiv schlampig war ein möglicher Kommandostil, aber dafür brauchte er wirklich mehr Unterstützung. Adrenalin und unterdrückte Wut würden seiner Erscheinung Wucht verleihen müssen.
Hätte er nicht diesen Biochip auf seinem Vagusnerv, dann würden jetzt seine alten Geschwüre seinen Magen perforieren. Er aktivierte seine Komkonsole für Quinns Kommunikationsübertragung und wartete.
Mit einem Funkeln erschien über der Vid-Scheibe das Bild eines finster blickenden Mannes. Sein dunkles Haar war zu einem festen Knoten zurückgekämmt, den ein goldener Ring hielt, und betonte die starken Knochen seines Gesichtes. Er trug eine bronzebraune Seidenjacke und keinen weiteren Schmuck. Seine Haut war olivbraun. Er sah aus wie ein gesunder Vierzigjähriger. Aber die äu
ßere Erscheinung konnte täuschen. Es brauchte mehr als ein Leben, sich mit Intrige und Kampf den Weg zur unumstrittenen Führerschaft eines jacksonischen Hauses zu bahnen. Vasa Luigi, Baron Bharaputra, benutzte seit mindestens zwanzig Jahren den Körper eines Klons. Er ging sicher sehr sorgsam damit um. Die gefährliche Zeitspanne einer weiteren Gehirntransplantation wäre doppelt gefährlich für einen Mann, nach dessen Macht es so viele skrupellose Untergebene gelüstete.
Mit diesem Mann kann man keine Spielchen treiben, war Miles Fazit.
»Hier Bharaputra«, sagte der Mann in Braun und wartete. In der Tat, der Mann und das Haus waren praktisch eins.
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»Hier Naismith«, sagte Miles. »Befehlshaber der Freien Dendarii-Söldnerflotte.«
»Die Sie offensichtlich nicht ganz befehligen«, sagte Vasa Luigi kühl.
Miles biß die Zähne zusammen, verzog die Lippen und schaffte es, nicht zu erröten. »Genau. Sie wissen, daß dieser Überfall nicht von mir autorisiert war?«
»Ich weiß, daß Sie das behaupten. Ich persönlich wäre nicht so scharf darauf zu verkünden, daß ich die Kontrolle über meine Untergebenen verloren habe.«
Er
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