Vorkosigan 13 Komarr
war nicht einverstanden, und nach einigen Versuchen, die Sperre zu überwinden, ging die Angestellte weg, um ihren Vorgesetzten zu holen. Ekaterin biss sich auf die Lippen und rieb ihre Handflächen über die Knie ihrer Hosenbeine. Dass sie so weit gekommen und jetzt so nah dran waren, um dann an einer juristischen Spitzfindigkeit hängen zu bleiben…
Der Vorgesetzte, ein angenehmer junger Komarraner,
kam mit der Angestellten, und Ekaterin erklärte aufs Neue die Sachlage. Der Komarraner hörte sich alles an und überprüfte alle Unterlagen, dann wandte er sich ihr mit einem Ausdruck ernsthaften Bedauerns zu.
»Es tut mir Leid, Madame Vorsoisson. Wenn Sie eine
komarranische planetarische Anteilseignerin wären statt einer barrayaranischen Untertanin, dann wären die Regeln anders.«
»Alle komarranischen planetarischen Anteilseigner sind barryaranische Untertanen«, erklärte hinter ihr Vorkosigan in einem höflichen Ton.
Der Vorgesetzte lächelte gequält. »Leider ist das nicht ganz, was ich meinte. Es ist so, dass ein ähnliches Problem hinsichtlich der Notfall-Behandlung eines Vor-Kindes von auf Komarr lebenden Barrayaranern bei uns erst vor ein paar Monaten aufgetreten ist. Wir gingen die Sache unserer Meinung nach mit dem gesunden Menschenverstand an.
Später war der gesetzliche Vormund des Kindes nicht damit einverstanden, und die gerichtlichen Verhandlungen 399
laufen immer noch. Das Ganze stellte sich für die Klinik als sehr teure Fehlentscheidung heraus. Angesichts der Tatsache, dass es sich bei Vorzohns Dystrophie um einen chronischen und nicht unmittelbar lebensbedrohlichen Zustand handelt und dass Sie theoretisch Ihre gesetzliche Erlaubnis binnen ein oder zwei Wochen erhalten dürften, muss ich Sie leider bitten, einen neuen Termin zu vereinbaren.«
Ekaterin holte tief Luft und war sich nicht sicher, ob sie argumentieren oder schreien wollte. Aber Lord Vorkosigan beugte sich an ihrer Schulter vorbei und lächelte den Vorgesetzten an.
»Reichen Sie mir doch bitte Ihr Eingabegerät, ja?«
Der verblüffte Vorgesetzte tat es; Vorkosigan kramte in seiner Tasche und holte sein goldenes Auditorensiegel hervor, nahm die Verschlusskappe ab und drückte das Siegel zusammen mit seiner rechten Hand auf die
Lesefläche. Dann sprach er in den Vocoder. »Mit meinem Befehl und zum Wohle des Kaiserreichs ersuche und
verlange ich jegliche Unterstützung für eine angemessene medizinische Behandlung für Nikolai Vorsoisson.
Vorkosigan, Kaiserlicher Auditor.« Er reichte das Gerät dem Vorgesetzten zurück. »Schauen wir doch mal, ob das Ihre Maschine zufriedenstellt.« Dann murmelte er Ekaterin zu: »Das ist, wie wenn man mit einer Laserkanone auf Spatzen schießt. Es ist etwas schwierig zu zielen, aber die Spatzen sind auf jeden Fall erledigt.«
»Lord Vorkosigan, ich kann nicht…« Ekaterin verstummte. Was kann ich nicht? Das war hier kein Gezerre um die Restaurantrechnung; Tiens Versicherungsleistungen 400
würden für Nikkis Behandlung aufkommen, wenn man nur die Komarraner dazu überreden konnte, sie bereitzustellen.
Der Beitrag, den Vorkosigan angeboten hatte, war völlig immateriell.
»Ich tue nichts, was nicht auch Ihr geschätzter Onkel für Sie getan hätte, wenn ich ihn heute Ihnen hätte überlassen können.« Er deutete im Sitzen eine Verbeugung an.
Der Gesichtsausdruck des Vorgesetzten wechselte von Argwohn zu Verblüffung, während seine KomKonsole
diese neuen Daten verarbeitete. »Sie sind Lord Auditor Vorkosigan?«
»Zu Ihren Diensten.«
»Ich… hm… äh… in welcher Eigenschaft sind Sie hier, Mylord?«
»Als Freund der Familie.« Vorkosigans Lächeln bekam einen Anflug von Ironie. »Als Antreiber des Amtsschimmels und allgemeiner Beschleuniger.«
Man musste es dem Vorgesetzten anerkennen, dass er
nicht ins Stammeln geriet. Er schickte die Angestellte weg und wickelte die Prozedur geschwind ab, dann geleitete er sie persönlich ein Stockwerk hinauf und übergab sie den MedTechs in der Genetikabteilung. Dann verschwand er, und danach liefen die Dinge überraschend zügig.
»Es kommt mir fast unfair vor«, murmelte Ekaterin, als Nikki kurz von einem MedTech weggeholt wurde, um in ein Probenglas zu urinieren. »Ich glaube, Nikki hat soeben die ganze Warteschlange überholt.«
»Ja, nun … letzten Winter habe ich herausgefunden,
dass das Siegel eines Auditors die gleiche belebende 401
Wirkung auf die Abteilung zur Behandlung von Veteranen der Kaiserlichen Streitkräfte hat.
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