Vorkosigan 13 Komarr
so klein bin.« Er trat an den Tisch heran und setzte sich zu ihnen.
Ekaterin erwartete, Nikkis nächste Frage würde etwa lauten: Werde auch ich klein bleiben?, doch stattdessen weiteten sich seine braunen Augen äußerst besorgt. »Ist sie gestorben?«
»Nein, sie hat sich vollkommen erholt. Zum Glück. Für uns alle. Jetzt geht es ihr gut.«
»Hatte sie Angst?«
Nikki, so erkannte Ekaterin, hatte noch nicht heraus Ekaterin erwartete gefunden, wer genau Lord Vorkosigans Mutter war, in Bezug zu den Leuten, von denen er im Geschichtsunterricht gehört hatte. Vorkosigan zog etwas erstaunt die Augenbrauen hoch. »Ich weiß es nicht. Du kannst sie das eines Tages selbst fragen, wenn – falls du ihr begegnest. Es würde mich faszinieren, die Antwort zu hören.« Er fing Ekaterins verwirrten Blick auf, doch seine Augenbrauen signalisierten nicht, dass er seine Worte bereute.
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Nikki betrachtete Lord Vorkosigan unsicher. »Hat man Ihre Knochen mit Retrogenen repariert?«
»Nein, leider nicht. Wenn das möglich gewesen wäre, dann wäre es bei mir viel leichter gewesen. Man wartete, bis man dachte, ich sei ausgewachsen, und dann ersetzte man die Knochen durch Synthetik.«
Nikki war abgelenkt. »Wie ersetzt man Knochen? Wie
bekommt man sie heraus?«
»Man schneidet mich auf«, Vorkosigan machte mit
seiner rechten Hand eine schlitzende Bewegung am linken Arm entlang, vom Ellbogen bis zum Handgelenk,
»schnipselt die alten Knochen heraus, schiebt die neuen hinein, verbindet die Gelenke wieder, überträgt das Mark in die neue Knochengrundsubstanz, klebt alles zusammen und wartet, dass es heilt. Sehr blutig und langwierig.«
»Hat es wehgetan?«
»Ich habe geschlafen – betäubt. Du hast Glück, dass du Retrogene bekommen kannst. Alles, was du über dich ergehen lassen musst, sind ein paar läppische Injektionen.«
Nikki wirkte außerordentlich beeindruckt. »Darf ich mal sehen?«
Nach einem fast unmerklichen Zögern öffnete
Vorkosigan seine Manschette und schob den linken Ärmel hoch. »Diese blasse kleine Linie hier, siehst du?« Nikki betrachtete mit Interesse sowohl Vorkosigans Arm und vergleichend seinen eigenen. Er zappelte mit den Fingern und beobachtete, wie sein Arm sich spannte, während die Muskeln und Knochen sich unter seiner Haut bewegten.
»Ich habe einen Grind«, erklärte er seinerseits. »Wollen 391
Sie ihn sehen?« Linkisch zog er sein Hosenbein hoch, um auf seinem Knie das neueste Andenken an den Spielplatz zu zeigen. Vorkosigan inspizierte es ernst und pflichtete ihm bei, dass es sich um einen guten Grind handelte, der zweifellos sehr bald abfallen würde, und ja, vielleicht würde es eine Narbe geben, aber seine Mutter habe ganz Recht, wenn sie sage, er solle nicht daran zupfen. Zu Ekaterins Erleichterung brachten dann beide ihre Kleidung wieder in Ordnung und trieben den Wettbewerb nicht
weiter.
Da nach diesem Höhepunkt das Gespräch ins Stocken
geriet, kratzte Nikki in den letzten paar Klecksen Hafergrütze und Sirup auf dem Boden seines Tellers herum und fragte dann: »Darf ich aufstehen?«
»Natürlich«, sagte Ekaterin. »Wasch dir den Sirup von den Händen«, rief sie hinter ihm her, als er in der Tür verschwand. Sie beobachtete, wie er hinausrannte, nicht ging, und sagte unsicher. »Das ist besser gegangen, als ich erwartet hatte.«
Vorkosigan lächelte beruhigend. »Sie waren sachlich, und so haben Sie ihm keinen Grund geliefert, nicht sachlich zu sein.«
Nach einem Moment Schweigen fragte Ekaterin: »Hatte sie Angst? Ihre Mutter.«
Sein Lächeln verschwand. »Schrecklich, glaube ich.«
Sein Blick wurde warm und funkelte. »Aber nicht wahnsinnig, wie ich gehört habe.«
Kurz darauf brachen die beiden Auditoren zu einer Orts392
besichtigung der Abwärme-Versuchsstation auf. Ekaterin wartete vorsichtig auf eine natürliche Pause in Nikkis stillem Spiel in seinem Zimmer und rief ihn dann in ihr Arbeitszimmer, damit er die einfacheren Artikel las, die sie über das Thema von Vorzohns Dystrophie gesammelt
hatte. Sie saß mit ihm auf dem Schoß auf ihrem Stuhl vor der KomKonsole, was sie in letzterer Zeit selten getan hatte, seit er infolge seines Wachstums so langbeinig geworden war. Es war ein Anzeichen für seine verborgene Unsicherheit an diesem Morgen, so dachte sie, dass er gegen die Umarmung oder ihre Aufforderung zum Lesen keinen Widerstand leistete. Er las den Artikel mit ziemlichem Verständnis durch und hielt dann und wann inne, um nach der Aussprache und
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