Vorkosigan 13 Komarr
komarranischen
Familienfirmen übrig ließen.
Ein großer, breit gebauter Mann, ebenfalls im Arbeiteroverall, kam in der Bucht auf sie zu, gefolgt vom Echo seiner Schritte. Dr. Soudha! »Endlich gibt’s was zu essen«, begann er, dann erblickte er die Schwebepalette. »Was zum Teufel? Arozzi, was bedeutet das? Madame Vorsoisson!«
Er starrte sie überrascht an. Sie erwiderte seinen Blick benommen und voller Abscheu.
»Ich bin ihr direkt in die Arme gelaufen, als ich aus der Restauranthalle kam«, erklärte Arozzi und ließ die
Schwebepalette zu Boden sinken. »Ich konnte es nicht vermeiden. Sie hat mich erkannt. Ich konnte sie nicht laufen und Alarm schlagen lassen, und so habe ich sie betäubt und hergebracht.«
»Arozzi, du Narr! Das Letzte, was wir im Augenblick brauchen, sind Geiseln! Sie wird sicher vermisst, und wie bald?«
»Ich hatte keine andere Wahl!«
»Wer ist diese andere Dame?« Er nickte der Professora zu, höflich und bestürzt zugleich.
»Ich heiße Helen Vorthys«, erwiderte die Professora.
»Doch nicht die Gattin von Lord Auditor Vorthys…?«
»Dieselbe.« Ihre Stimme klang kühl und ruhig, doch
Ekaterin, deren Körperempfinden zurückkehrte, spürte, wie 465
ihre Tante leicht zitterte.
Soudha fluchte leise.
Ekaterin schluckte, fuhr sich mit der Zunge im Mund herum und bemühte sich, sich aufzusetzen. Arozzi nahm seine Schachteln an sich, dann zog er verspätet erneut den Betäuber. Von dem Wortwechsel angezogen, kam eine
Frau hinter einem Kistenstapel hervor und näherte sich ihnen. Sie war von mittlerem Alter und hatte gekräuseltes graublondes Haar. Auch sie trug einen Overall von
Southport Transport. Ekaterin erkannte in ihr Lena Foscol, die Buchhalterin.
»Ekaterin«, fragte Tante Vorthys heiser, »wer sind diese Leute? Kennst du sie?«
»Das sind die Verbrecher«, antwortete Ekaterin mit
lauter, wenn auch etwas belegter Stimme, »die vom
Terraforming-Projekt eine große Menge Geld gestohlen und Tien ermordet haben.«
»Was?«, fragte Foscol überrascht. »Das haben wir nicht getan. Als ich ihn verließ, war er noch am Leben.«
»Sie haben ihn an ein Geländer angekettet zurückgelassen, mit einer leeren Sauerstoffflasche, die Sie nicht überprüft haben. Und dann haben Sie mich angerufen, ich solle kommen und ihn holen. Anderthalb Stunden zu spät.«
Ekaterin spie mit den Worten ihre Verachtung aus. »Eine schöne Falle, Madame. Kaiser Yuri der Wahnsinnige hätte es als ein Kunstwerk betrachtet.«
»Oh«, hauchte Foscol. Sie sah aus, als würde ihr übel.
»Stimmt das? Sie lügen. Niemand würde mit einer leeren Flasche die Kuppel verlassen!«
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»Sie haben Tien gekannt«, erwiderte Ekaterin. »Was
meinen Sie denn?«
Foscol schwieg.
Soudha war blass geworden. »Es tut mir Leid, Madame Vorsoisson. Falls es so geschehen ist, dann war es ein Unfall. Wir hatten die Absicht, dass er überlebt. Das schwöre ich Ihnen.«
Ekaterin presste die Lippen zusammen und sagte nichts.
Sie setzte sich auf und ließ ihre Beine über den Rand der Palette baumeln. Jetzt konnte sie auf die Ladebucht schauen, ohne dass ihr schwindlig wurde. Der Raum war etwa dreißig Meter lang, zwanzig Meter tief und hell erleuchtet. An der Decke liefen Laufplanken und Stromleitungen entlang, auf der Seite, die der breiten Eingangsrampe gegenüberlag, über die sie gekommen waren, gab es eine Steuerkabine mit gläsernen Wänden. Ausrüstungsgegenstände lagen hier und dort verstreut um ein riesiges Objekt herum, das die Mitte des Raumes beherrschte. Sein Hauptteil war anscheinend ein gewundener, trompetenförmiger Kegel, der aus einer dunklen, polierten Substanz zu bestehen schien – aus Metall? aus Glas? – und mit schwer gepolsterten Klampen auf einer bis zum Boden herabgelassenen Schwebebühne ruhte. In sein schmales Ende liefen eine Menge Stromkabel. Die Mündung der
Glockenform war mehr als zweimal so groß wie Ekaterin.
War das die »geheime Waffe«, von der Lord Vorkosigan gesprochen hatte?
Und wie waren die Leute damit an der Großfahndung
des KBS vorbeigekommen? Der KBS überprüfte sicherlich jeden Shuttle, der den Planeten verließ – doch erst jetzt, 467
wie Ekaterin erkannte. Dieses Ding konnte schon vor Wochen transportiert worden sein, bevor die Fahndung überhaupt begonnen hatte. Und der KBS konzentrierte wahrscheinlich seine Aufmerksamkeit auf Sprungschiffe und ihre Passagiere, nicht auf Frachtschlepper, die auf den Lokalraum beschränkt waren. Soudhas Verschwörer
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