Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
unschuldig. Sie war total verrückt oder doch zumindest schnell in Richtung Wahnsinn unterwegs.
»Ich meine damit«, fuhr Rosalie aufs Neue bestärkt fort,
»hier ist zum Beispiel Vormoncrief.«
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»Hier ist kein Vormoncrief«, erwiderte Ekaterin entschlossen und griff nach dem einzigen sicheren Anker in diesem Wirbelwind der Verwirrung. »Absolut nicht. Du bist dem Mann nie begegnet, Rosalie, aber glaube mir, er ist ein schnatternder Idiot. Tante Vorthys. habe ich Recht oder nicht?«
Die Professora lächelte sie zärtlich an. »Ich würde es nicht so direkt formulieren, meine Liebe, aber sagen wir mal. Rosalie, ich glaube wirklich, Ekaterin kann etwas Besseres finden. Es ist noch reichlich Zeit.«
»Meinst du?« Rosalie nahm diese Beteuerung mit
Zweifel auf. doch sie akzeptierte die Autorität ihrer älteren Tante. »Es stimmt, Vormoncrief ist nur Leutnant und überdies stammt er von einem jüngeren Sohn ab. Ach.
meine Liebe, was sollen wir dem armen Mann sagen?«
»Diplomatie ist die Aufgabe der Baba«, betonte
Ekaterin. »Alles, was wir liefern müssen, ist ein klares Nein. Davon muss sie dann ausgehen.«
»Das ist wahr«, räumte Rosalie ein und blickte
erleichtert drein. »Vermutlich einer der Vorteile des alten Systems. Nun… falls Vormoncrief nicht der Richtige ist, dann ist er es nicht. Du bist alt genug, um zu wissen, was du willst. Doch, Kat, ich glaube, du solltest nicht zu wählerisch sein oder zu lange nach deiner Trauerzeit warten. Nikki braucht einen Papa. Und du wirst auch nicht jünger. Du möchtest doch nicht als eine dieser seltsamen alten Frau enden, die ihr Leben in den Dachkammern ihrer Verwandten fristen.«
Deine Dachkammer ist auf jeden Fall vor mir sicher.
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Rosalie. Ekaterin lächelte ein wenig grimmig, doch sie sprach diesen Gedanken nicht laut aus. »Nein, nur im zweiten Stock.«
Die Professora warf ihr einen tadelnden Blick zu, und
Ekaterin errötete. Sie war nicht undankbar, nein, das war sie nicht. Es war nur… oh, verdammt. Sie schob ihren Stuhl zurück.
»Entschuldigt mich. Muss mich duschen und anziehen
gehen. Muss bald bei der Arbeit sein.«
»Arbeit?«, fragte Rosalie. »Du musst gehen? Ich hatte
gehofft, ich könnte dich zum Essen ausführen, und zum
Einkaufsbummel. Ursprünglich, um zu feiern und nach
Brautkleidern Ausschau zu halten, aber vermutlich könnten wir stattdessen einen Tag des Trostes daraus machen. Was meinst du, Kat? Ich glaube, du könntest ein wenig Spaß vertragen. Du hast in letzter Zeit nicht viel davon gehabt.«
»Keinen Einkaufsbummel«, erwiderte Ekaterin. Sie
erinnerte sich an das letzte Mal, als sie zum Einkaufen gewesen war, auf Komarr mit Lord Vorkosigan in einer seiner verrückteren Stimmungen, bevor Tiens Tod ihr Leben umgekrempelt hatte. Sie konnte sich nicht
vorstellen, dass ein Tag mit Rosalie dem gleichkommen
würde. Als sie die Enttäuschung in Rosalies Gesicht sah, überkam sie Reue. Die Frau war schließlich vor Morgengrauen aufgestanden, um diese vergebliche Reise auf sich zu nehmen. »Aber vielleicht könnten du und Edie mich zum Mittagessen abholen und dann wieder zurückbringen.«
»In Ordnung … wo? Was treibst du denn überhaupt zur - 316 -
zeit? Hast du nicht davon geredet, wieder auf die Universität zu gehen? Weißt du, in letzter Zeit hast du den Rest der Familie nicht gerade auf dem Laufenden gehalten.«
»Ich bin beschäftigt gewesen. Ich habe einen Auftrag:
Entwurf und Ausführung eines Schaugartens für das
Stadtpalais eines Grafen.« Sie zögerte. »Für Lord Auditor Vorkosigans Palais, genau gesagt. Ich werde dir beschreiben, wie man dahin kommt, bevor du und Edie weggehen.«
»Vorkosigan hat dich auch engagiert?« Rosalie blickte
zuerst überrascht drein, dann plötzlich kämpferisch
misstrauisch. »Er hat sich doch nicht… weißt du… dir
aufgedrängt, oder? Mir ist egal, wessen Sohn er ist. er hat kein Recht, dich auszunutzen. Denk daran, du hast einen Bruder, der für dich eintreten kann, wenn du es brauchst.«
Sie hielt inne. Vielleicht erschien eine Vision vor ihrem inneren Auge, wie Hugo wahrscheinlich zurückzucken würde, wenn man ihn für diese Aufgabe abkommandierte.
»Oder ich wäre bereit, ihm selbst meine Meinung zu sagen, falls du Hilfe brauchst.« Sie nickte. Jetzt befand sie sich auf festerem Boden.
»Danke«, würgte Ekaterin hervor und begann Pläne zu
entwickeln, wie sie Rosalie und Lord Vorkosigan so weit voneinander fern halten konnte wie nur möglich.
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