Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
Oder schlimmer: von ihrer Brigade zu 1081
desertieren. Sie war in eng anliegenden schwarzen Samt gekleidet, mit einer kleinen weißen Spitzenkrause um den Hals. Der Aufschlag am unteren rechten Ellbogen ihrer weich gefältelten schwarzen Samthose… – der Ärmel, entschied Miles, nicht das Hosenbein – war nicht geschlossen, um Platz zu lassen für eine medizinische luftgefüllte Armschiene, die bei Miles schmerzliche Erinnerungen an seine Kindheit mit den zerbrechlichen Knochen wachrief.
Dies war das einzige Steife. Anmutlose an ihr, eine grobe Beleidigung der übrigen Erscheinung.
Dies konnte niemand anderer sein als Granat Fünf. Doch Miles wartete, bis Bel sie alle richtig vorstellte, was dieser auch sofort tat. Sie schüttelten allseits die Hände; Miles empfand den Griff der jungen Frau fest wie den eines Athleten.
»Danke, dass Sie uns diese Plätze so kurzfristig besorgt haben«, sagte Miles und ließ ihre schlanke obere Hand los.
»Wie ich höre, haben wir das Privileg, ein sehr schönes Stück Arbeit zu sehen.« Arbeit, so hatte er schon erfahren, war ein Wort, das bei den Quaddies einen ähnlichen Klang hatte wie etwa Ehre auf Barrayar.
»Gern geschehen, Lord Vorkosigan.« Ihre Stimme war
melodiös; ihr Gesichtsausdruck wirkte kühl, fast ironisch, aber in ihren laubgrünen Augen glomm eine unterschwellige Angst.
Miles öffnete die Hand und wies auf ihren gebrochenen
unteren rechten Arm. »Darf ich Ihnen meine persönliche Entschuldigung für das schlechte Benehmen einiger unserer Männer ausdrücken? Die Kerle werden dafür bestraft werden, sobald wir sie wiederbekommen. Bitte
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beurteilen Sie nicht alle Barrayaraner nach unseren
schlimmsten Vertretern.« Tja. das kann sie gar nicht: eigentlich schicken wir unsere schlimmsten nirgendwohin.
Gregor sei Dank.
Sie lächelte kurz. »Das tue ich nicht, denn ich habe auch Ihre Besten kennen gelernt.« Die Sorge in ihren Augen klang auch aus ihrer Stimme. »Dmitri – was wird mit ihm geschehen?«
»Nun ja, das hängt zu einem großen Teil von Dmitri
selbst ab.« Erwartungen, erkannte Miles plötzlich, konnten hier in zwei Richtungen tendieren. »Wenn er freigelassen wird und zum Dienst zurückkehrt, könnte es mit einem kleinen schwarzen Fleck in seiner Dienstakte abgetan sein – er hätte seinen Kommunikator nicht ablegen dürfen,
während er Ausgang auf der Station hatte, wissen Sie, und zwar aus genau dem Grund, den Sie leider erlebt haben –, aber es könnte auch bis zu einer sehr ernsten Anklage wegen versuchter Fahnenflucht reichen, falls er seinen Antrag auf politisches Asyl nicht zurückzieht, solange noch nicht darüber entschieden ist.«
Ihr Gesicht erstarrte leicht. »Vielleicht wird der Antrag nicht abgelehnt.«
»Selbst wenn er befürwortet wird, könnten die
langfristigen Folgen komplexer sein, als Sie vielleicht erwarten. Er würde für immer aus seiner Heimat exiliert sein, niemals in der Lage, zu seiner Familie zurückzukehren oder sie zu sehen. Barrayar mag jetzt in der ersten Aufwallung der… Emotion als eine Welt erscheinen, die hinter ihm liegt, aber ich glaube – ich bin mir dessen sicher –, er könnte es später zutiefst bereuen.«
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Er dachte an den melancholischen Baz Jesek, der auf Jahre im Exil gewesen war wegen eines noch schlimmer geführten Konflikts. »Es gibt andere, wenn auch weniger schnelle Wege, wie Fähnrich Corbeau am Ende hierher kommen könnte, wenn dieser Wunsch wirklich sein wahrer Wille ist und nicht nur eine zeitweilige Laune. Es würde etwas länger dauern, wäre aber weitaus weniger schädlich – er spielt schließlich damit um den Rest seines Lebens.«
Sie runzelte die Stirn. »Wird das barrayaranische Militär ihn nicht erschießen lassen oder auf schreckliche Weise hinschlachten oder – oder aus dem Hinterhalt ermorden?«
»Wir befinden uns nicht im Krieg mit der Union.«
Jedenfalls noch nicht. Es müssten wohl noch mehr heroische Böcke geschossen werden, bis das der Fall sein würde, aber vermutlich durfte er seine barrayaranischen Landsleute nicht unterschätzen. Und er glaubte nicht, dass Corbeau politisch wichtig genug war, um ihn ermorden zu lassen. Also, dann versuchen wir doch sicherzustellen, dass er nicht so wichtig wird, oder? »Er würde nicht hingerichtet werden. Aber zwanzig Jahre im Gefängnis sind wohl kaum besser, von Ihrem Standpunkt aus gesehen. Sie helfen ihm oder sich selbst nicht, indem Sie ihn zu dieser Fahnenflucht ermutigen. Lassen Sie ihn zum Dienst
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