Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
abzusuchen.
Nun, das war der taktisch bankrotteste Plan, den er sich jemals ausgedacht hatte. Dieser Vorschlag würde bei Roic einen völlig zu rechtfertigenden, schmerzlich höflichen Anfall auslösen. Man würde sich einfach vorkommen wie in alten Zeiten. Aber mal angenommen, es gab einen Weg, dieses Vorhaben weniger willkürlich zu machen …
Die Stimme der Nachtschichtleiterin wehte vom
Korridor herein. Du lieber Himmel, würde die arme Frau nie nach Hause kommen, um zu schlafen? »Ja, sie sind
hier, aber meinen Sie nicht, Sie sollten zuerst die MedTechs aufsuchen…«
»Ich muss Lord Vorkosigan sprechen!«
Miles wurde mit einem Ruck hellwach, als er erkannte,
dass es sich bei der schneidenden, atemlosen weiblichen Stimme um Granat Fünf handelte, Die blonde QuaddieFrau taumelte praktisch durch die runde Tür vom Korridor herein. Sie zitterte und wirkte abgehärmt, fast grünlich, in einem unangenehmen Kontrast zu ihrem zerknitterten karminroten Wams. Ihre Blicke aus den weit aufgerissenen und von dunklen Ringen umgebenen Augen überflogen das wartende Trio. »Nicol, o Nicol!« Sie floh zu ihrer Freundin und umarmte sie mit drei Armen, der geschiente vierte Arm schwankte leicht.
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Nicol, die bestürzt dreinblickte, erwiderte die Umarmung, doch dann schob sie die Freundin von sich und fragte eindringlich: »Granat, hast du Bel gesehen?«
»Ja, nein. Ich bin mir nicht sicher. Das ist einfach
Wahnsinn. Ich dachte, man hätte uns beide k.o. geschlagen, aber als ich wieder zu mir kam, war Bel nicht mehr da. Ich dachte, er sei vielleicht vor mir aufgewacht und gegangen, Hilfe zu holen, aber das Sicherheitsteam«, sie nickte in Richtung ihrer Begleiter, »sagte, nein. Hast du nicht etwas gehört?«
»Als du wieder zu dir kamst? Warte – wer hat euch k.o.
geschlagen? Wo? Bist du verletzt?«
»Ich habe schreckliches Kopfweh. Es war eine Art
Drogennebel. Eiskalt. Es roch nach nichts, aber es
schmeckte bitter. Er sprühte es uns ins Gesicht. Bel schrie noch: ›Atme es nicht ein, Granat!', aber natürlich musste er atmen, um schreien zu können. Ich spürte, wie Bel ganz schlaff wurde, und dann schwanden mir die Sinne. Als ich aufwachte, war mir so schlecht, dass ich mich fast übergeben musste, ääh!«
Nicol und Teris Drei verzogen mitfühlend das Gesicht.
Miles nahm an, dass die Frau von der Sicherheit diesen Bericht schon ein zweites Mal zu hören bekam, aber ihre Konzentration ließ nicht nach.
»Granat«, mischte sich Miles ein, »bitte, holen Sie tief Luft, beruhigen Sie sich und dann fangen Sie von vorne an.
Ein Polizist berichtete, dass er Sie und Bel gestern Abend irgendwo im Gelenk gesehen hat. Stimmt das?«
Granat Fünf rieb sich mit den oberen Händen das blasse 1214
Gesicht, holte Luft und blinzelte; etwas Farbe kehrte
zurück und belebte ihre graugrünen Züge. »Ja, ich bin auf Bel gestoßen, als er von der Haltestelle des Bubble-Cars kam. Ich wollte wissen, ob er gefragt hatte – ob Sie etwas gesagt hätten – ob irgendetwas über Dmitri beschlossen worden war.«
Nicol nickte freudlos, aber befriedigt.
»Ich kaufte am Kebab-Kiosk diesen Pfefferminztee, den
Bel so mag, in der Hoffnung, ihn zum Reden zu bringen.
Aber wir waren kaum fünf Minuten dort, als Bel völlig von einem anderen Paar abgelenkt wurde, das da hereinkam.
Einer war ein Quaddie, den Bel vom Dock-und-Schleusen-Team kannte. Bel sagte, es sei jemand, auf den er ein Auge habe, weil er ihn verdächtigte, mit gestohlenen Sachen von den Schiffen zu handeln. Der andere war ein wirklich komisch aussehender Planetarier.«
»Ein großer, schlaksiger Kerl mit Schwimmhäuten an
den Händen und langen Füßen und einer großen gewölbten Brust? Sieht so aus, als hätte seine Mutter den Froschkönig geheiratet, aber der Kuss funktionierte nicht ganz?«, fragte Miles.
Granat Fünf starrte ihn an. »Du meine Güte, ja. Nun ja, über die Brust bin ich mir nicht sicher – er trug so ein wallendes Cape. Wie wissen Sie das?«
»Das ist jetzt das dritte Mal, dass er in diesem Fall
auftaucht. Man könnte auch sagen, er hat meine Aufmerksamkeit festgenietet. Aber fahren Sie fort, was geschah dann?«
»Ich konnte Bel nicht beim Thema halten. Er bat mich,
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mich umzudrehen, sodass ich mit dem Gesicht zu den
beiden saß und er ihnen den Rücken zukehren konnte, und er ließ mich berichten, was sie taten. Ich kam mir blöd vor, als würden wir Spione spielen.«
Nein. Sie haben nicht gespielt…
»Sie stritten sich
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