Vorkosigan 14 16 17 Der Botschafter
seine Rolle als Chef des Hauses war ziemlich … angenehm gewesen während dieser letzten paar Monate. Außerdem war das Vorhaben, Ekaterin Graf und Gräfin Vorkosigan, ihren zukünftigen Schwiegereltern, vorzustellen, etwas, was er mit äußerster Sorgfalt choreographieren wollte.
Gewiss hatte er inzwischen seine gesellschaftlichen
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Pflichten erfüllt. Miles erhob sich mit einer gewissen Würde, verabschiedete sich von allen und bot Martya und Olivia höflich an, sie mit seinem Wagen mitzunehmen, falls sie es wünschten. Olivia wollte noch bei ihrer Freundin, der Gräfin, bleiben, doch Martya nahm seine
Einladung an.
Miles warf Pym einen kühlen Blick zu, als der
Gefolgsmann das Verdeck des Bodenwagens öffnete,
damit sie in den Fond steigen konnten. Pyms außergewöhnliche Fähigkeit, Klatsch aufzusammeln – eine für Miles in seiner neuen Position höchst wertvolle Eigenschaft –, hatte Miles immer Pyms altem Training beim KBS zugeschrieben. Es war ihm nicht klar gewesen, dass Pym vielleicht Klatsch austauschte. Pym, der den Blick auffing, aber dessen Ursache nicht begriff, machte ein Gesicht, das etwas ausdrucksloser war als gewöhnlich, schien aber ansonsten vom Missvergnügen seines Lehensherrn nicht berührt zu sein.
Während sie sich vom Palais Vorbretten entfernten und
die Kurve zur Sternenbrücke hinunterfuhren, erwog Miles, im Fond neben Martya sitzend, allen Ernstes, ihr die Leviten zu lesen dafür, dass sie ihn vor den Vorbrettens wegen Ekaterin durch den Kakao gezogen hatte. Er war jetzt Kaiserlicher Auditor, bei Gott – oder zumindest bei Gregor. Doch dann würde er aus ihr keine weiteren Informationen herausholen können. Also zügelte er seinen Zorn.
»Wie halten die Vorbrettens eigentlich durch, von
deinem Blickwinkel aus gesehen?«, fragte er sie.
Sie zuckte die Achseln. »Sie zeigen nach außen eine
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gute Fassade, aber ich glaube, sie sind ziemlich
mitgenommen. René glaubt, dass er seine Sache und seinen Distrikt und alles verlieren wird.«
»Den Eindruck hatte ich auch. Und er könnte auch
verlieren, wenn er sich nicht stärker anstrengt, alles zu behalten.« Miles runzelte die Stirn.
»Er hasst die Cetagandaner, seit sie seinen Vater im
Krieg um die Hegen-Nabe getötet haben. Tatya sagt, es
jagt ihm einen Schrecken ein zu denken, dass die
Cetagandaner in ihm sind.« Nach einem Moment des Nachdenkens fügte sie hinzu: »Ich glaube, es quält sie auch ein bisschen. Ich will sagen … jetzt wissen wir, warum dieser Zweig der Vorbrettens plötzlich nach der Besatzungszeit über dieses außerordentliche Talent für Musik verfugte.«
»Ich hatte diese Verbindung auch hergestellt. Aber sie scheint zu ihm zu halten.« Es war unerfreulich, daran zu denken, dass dieses Pech René seine Ehe wie auch seine Karriere kosten konnte.
»Für sie ist es ebenfalls ein schwerer Schlag gewesen.
Sie ist gern Gräfin. Olivia sagt, dass damals in ihrer Schulzeit manchmal die anderen Mädchen aus Neid boshaft zu Tatya geworden sind. Dass sie von René erwählt wurde, hat ihr ziemlich Auftrieb gegeben; nicht, dass die Übrigen es nicht hatten kommen sehen, wo sie doch einen so herrlichen Sopran hat. Sie betet ihn an.«
»Also glaubst du, dass ihre Ehe das überstehen wird?«, fragte er hoffnungsvoll.
»Hm…«
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»Hm…?«
»Diese ganze Sache ging los, als sie begannen, ihr Baby zu planen. Und damit haben sie nicht weitergemacht. Tatya … redet über diesen Aspekt nicht. Sie redet über alles andere, aber darüber nicht.«
»Ach so.« Miles versuchte sich vorzustellen, was das
bedeuten mochte. Es klang nicht sehr ermutigend.
»Olivia ist fast die einzige von Tatyas alten
Freundinnen, die sich bei ihr hat sehen lassen, seit die ganze Sache publik wurde. Selbst Renés Schwestern sind irgendwie untergetaucht, allerdings vermutlich aus dem entgegengesetzten Grund. Es ist, als wollte ihr niemand in die Augen schauen.«
»Wenn man nur weit genug zurückgeht, dann stammen
wir alle von Menschen von anderen Planeten ab, verdammt noch mal«, knurrte Miles frustriert. »Was ist schon ein Achtel? Ein Klacks. Warum sollte das einen der Besten, die wir haben, disqualifizieren? Tüchtigkeit sollte etwas gelten.«
Martya verzog die Lippen zu einem schiefen Grinsen.
»Falls du Mitgefühl haben möchtest, bist du an der
falschen Adresse, Miles. Wenn mein Papa Graf wäre, dann würde es keine Rolle spielen, wie tüchtig ich wäre, ich würde trotzdem nicht erben. Der
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