Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
dachte ich, dass Sie später vielleicht mehr als ein Design haben möchten. Vielleicht unterschiedliche Verpackungen für unterschiedliche mikrobische Synthesesequenzen.«
»Sicher«, erwiderte Enrique. »Sicher.«
»Jetzt kommt der Letzte«, sagte Ekaterin und rief das Vid auf.
Die Beine und Körperteile dieses Käfers waren von
einem tiefen, schimmernden Blau. Die Flügelhälften hatten eine elegante Tropfenform. In der Mitte war leuchtendes Gelb, das unmittelbar in ein tiefes Rotorange überging, dann in helles Flammenblau, danach in ein dunkles Flammenblau, das mit einem flimmernden Irisieren gesäumt war. Der kaum sichtbare Unterleib war von einem satten dunklen Rot. Die Kreatur sah aus wie eine Flamme, - 475 -
wie eine Fackel in der Dämmerung, wie ein Juwel aus
einer Krone. Vier Leute beugten sich so weit vor, dass sie fast von ihren Stühlen fielen. Martya streckte die Hand aus.
Ekaterin lächelte zurückhaltend.
»Mensch, toll!«, sagte Kareen mit heiserer Stimme.
»Das ist ja ein prächtiger Käfer!«
»Ich glaube, das war, was du bestellt hast, ja«, murmelte Ekaterin.
Sie drückte auf eine Vid-Taste, und der reglose Käfer wurde vorübergehend lebendig. Er schlug mit seinen Flügeldecken, ein durchscheinendes Spitzengewebe von Flügeln blitzte auf, wie ein Schwärm roter Funken aus einem Feuer. »Falls Enrique herausfindet, wie man den Flügeln Biofluoreszenz in der richtigen Wellenlänge verleiht, könnten sie im Dunkeln funkeln. Ein Schwarm solcher Käfer dürfte sehr spektakulär wirken.«
Enrique beugte sich vor und starrte gierig auf die
Projektion. »Na, das ist eine gute Idee. Auf diese Weise könnte man sie an düsteren Orten viel einfacher einfangen… Allerdings würde das ein spürbares Maß an Bioenergie kosten, was dann die Butterproduktion
verringern würde.«
Mark versuchte sich eine Menge dieser Prachtkäfer
vorzustellen, wie sie im Zwielicht schimmerten und
blitzten und funkelten. Sein Herz war gerührt. »Nimm es als ihr Werbebudget.«
»Welchen könnten wir gebrauchen?«, fragte Kareen.
»Mir hat wirklich der eine gefallen, der wie eine Blume aussieht…«
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»Ich würde sagen, wir stimmen ab«, erwiderte Mark. Er überlegte, ob er jemand anderen überreden konnte, für das schlanke schwarze Modell zu stimmen. Der hatte ausgesehen wie ein echter Attentäterkäfer. »Eine Abstimmung der Anteilseigner«, fügte er vorsichtig hinzu.
»Wir haben eine Beraterin für Ästhetik engagiert«,
betonte Enrique. »Vielleicht sollten wir ihren Rat
annehmen.« Er schaute zu Ekaterin hinüber.
Ekaterin drehte sich zu ihm um und öffnete die Hände.
»Ich konnte nur die Ästhetik beitragen. Wie fachlich
plausibel sie auf der biogenetischen Ebene ist, darüber konnte ich nur Vermutungen anstellen. Vielleicht gibt es einen Kompromiss zwischen der visuellen Wirkung und der Zeit, die man zu ihrer Entwicklung braucht.«
»Sie haben einige gute Ideen vorgelegt.« Enrique schob seinen Stuhl zur KomKonsole und ließ die Serie der Käfer-Vids erneut durchlaufen, einen geistesabwesenden Ausdruck im Gesicht.
»Die Zeit ist ein wichtiger Faktor«, sagte Kareen. »Zeit ist Geld, Zeit ist… Zeit ist alles. Unser erstes Ziel muss sein, ein verkäufliches Produkt auf den Markt zu bringen, damit Kapital hereinkommt, mit dem wir das Kernunternehmen organisieren, in Betrieb setzen und vergrößern können. Dann können wir mit der Weiterentwicklung spielen.«
»Und das Unternehmen aus dem Keller von Palais
Vorkosigan herausbekommen«, murmelte Mark. »Vielleicht… vielleicht wäre der Schwarze der Schnellste?«
Kareen schüttelte den Kopf, und Martya sagte: »Nein,
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Mark.« Ekaterin lehnte sich in einer Pose gespielter
Neutralität zurück.
Enrique hielt bei dem Prachtkäfer inne und seufzte
träumerisch. »Der«, erklärte er. Ekaterin zuckte mit einem Mundwinkel. Mark kam zu dem Schluss, dass die Reihenfolge ihrer Präsentation nicht willkürlich gewesen war.
Kareen blickte auf. »Schneller als der Blütenkäfer,
meinst du?«
»Ja«, erwiderte Enrique.
»Ich stimme ebenfalls für den.«
»Bist du dir sicher, dass du nicht für den Schwarzen
bist?«, fragte Mark wehmütig.
»Du bist überstimmt, Mark«, erwiderte Kareen.
»Das kann nicht sein, ich besitze einundfünfzig
Prozent…«Mit der Übertragung von Geschäftsanteilen an Kareen und an Miles' Köchin war Mark aber tatsächlich unter seine automatische Mehrheit gerutscht. Er hatte vor, sie wieder
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