Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
stecken, doch er wehrte sie ab.
»Das sind sie nicht!«, verneinte Enrique ungehalten und auf den Zehen stehend.
Gustioz kroch auf dem Boden umher, sammelte wütend
seine Folien ein und versuchte, die auseinander stiebenden Butterkäfer nicht zu berühren und nicht von ihnen berührt zu werden. Als er aufstand, war sein Gesicht knallrot.
»Sergeant!«, brüllte er. »Kommen Sie da runter! Wir gehen sofort.«
Muno, der seine Bestürzung überwand und dem es ein
wenig peinlich war, dass sein Kollege ihn beim Rückzug ertappt hatte, trat vorsichtig von dem Schemel herunter und packte Enrique mit einem professionelleren Polizeigriff. Er drängte ihn zur Labortür hinaus, während Gustioz seine letzten Folien aufhob und wieder irgendwie in seinen Ordner schob.
»Was ist mit meiner Reisetasche?«, jammerte Enrique,
als Muno ihn den Korridor hinabzuführen begann.
»Ich werde Ihnen am Shuttlehafen eine verdammte
Zahnbürste kaufen«, keuchte Gustioz und rannte hinter den beiden her. »Und eine zweite Garnitur Unterwäsche. Ich werde sie von meinem Taschengeld kaufen. Alles, was Sie - 744 -
wollen, bloß weg von hier, weg!«
Kareen und ihre Schwester kamen gleichzeitig an der
Tür an und mussten einander ausweichen. Sie stolperten in den Korridor hinaus, während die Quelle ihres zukünftigen Biotech-Reichtums fortgeschleppt wurde und dabei immer noch protestierte, dass Butterkäfer harmlose und nützliche Symbioten seien. »Wir dürfen ihn nicht entkommen lassen!«, schrie Martya.
Ein Stapel Fässchen mit Käferbutter stürzte über Kareen, während sie ihr Gleichgewicht wiederfand. Sie prallten von ihrem Kopf und ihren Schultern ab und knallten auf den Boden. »Au!« Sie erwischte ein paar von den Ein-Kilogramm-Behältern und starrte hinter den enteilenden Männern her, Entschlossen visierte sie Gustioz' Hinterkopf an, hob mit der rechten Hand ein Fässchen und holte aus.
Martva. die von der anderen Wand herabstürzende
Fässchen abwehrte, starrte ihre Schwester mit großen
Augen an, nickte verstehend und griff gleicherweise nach einem eigenen Wurfgeschoss.
»Fertig«, keuchte Kareen, »Zielen…!«
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19
Die Leute vom KBS brauchten nicht
weniger als zwei Minuten, um am Wohnsitz von Lord
Auditor Vorthys einzutreffen; sie brauchten fast vier Minuten. Ekaterin, die gehört hatte, wie die Vordertür aufging, überlegte, ob man sie für unhöflich halten würde, wenn sie den jungen Hauptmann mit den strengen Gesichtszügen, der – gefolgt von einem stämmigen und humorlos wirkenden Sergeanten – die Treppe heraufkam, darauf aufmerksam machte. Doch es spielte keine Rolle: Vassily rief immer noch vergeblich Schmeicheleien und Verwünschungen durch die versperrte Tür, während ihn Hugo zunehmend gereizt beobachtete. Im Studierzimmer war Schweigen eingekehrt.
Beide Männer drehten sich um und starrten schockiert die Neuankömmlinge an. »Wen hat er angerufen?«, murmelte Vassily.
Der KBS-Offizier ignorierte sie beide und salutierte höflich vor Tante Vorthys, deren Augen sich nur kurz weiteten. »Madame Professora Vorthys.« Er nickte Ekaterin zu. »Madame Vorsoisson. Bitte verzeihen Sie diese Störung. Man hat mich informiert, hier gäbe es eine heftige Auseinandersetzung. Mein Herr, der Kaiser, fordert von mir, dass ich alle Anwesenden mitkommen lasse.«
»Ich glaube, ich verstehe, Hauptmann … äh …
Sphaleros, nicht wahr?«, sagte Tante Vorthys leise.
»Jawohl, Madame.« Er verneigte sich vor ihr und
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wandte sich Hugo und Vassily zu. »Bitte identifizieren Sie sich.«
Hugo fand als Erster seine Stimme wieder. »Mein Name ist Hugo Vorvayne. Ich bin der ältere Bruder dieser Dame.« Er wies auf Ekaterin.
Vassily nahm automatisch Haltung an. Sein Blick war auf die Horus-Augen, das KBS-Abzeichen am Kragen des Hauptmanns, geheftet. »Leutnant Vassily Vorsoisson. Derzeit abgeordnet zu OrbTrafCon, Fort Kithera River. Ich bin Nikki Vorsoissons Vormund. Hauptmann, es tut mir sehr Leid, aber ich fürchte, hier liegt eine Art falscher Alarm vor.«
»Es war ganz falsch von ihm, da bin ich mir sicher«, warf Hugo unsicher ein, »aber er ist nur ein neunjähriger Junge, Sir, und er hat sich wegen einer Familienangelegenheit aufgeregt. Kein wirklicher Notfall. Wir werden dafür sorgen, dass er sich entschuldigt.«
»Das geht mich nichts an, Sir. Ich habe meine Befehle.«
Er wandte sich der Tür zu, holte einen kleinen Zettel aus seinem Ärmel, blickte auf eine Notiz, die hastig darauf
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