Vorkosigan 15 Ein friedlicher Angriffsplan
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»Aber«, sprudelte es aus Enrique hervor, »wir sind hier auf Barrayar! Sie können mich hier nicht verhaften!«
»O doch, ich kann«, sagte Inspektor Gustioz grimmig.
Er warf den Aktenordner auf den Laborschemel, den
Martya gerade freigemacht hatte, und schlug ihn auf. »Ich habe hier der Reihe nach den offiziellen Haftbefehl der Cortes«, er begann Folien umzublättern, die alle gestempelt und zerknittert und bekritzelt waren, »die vorläufige Zustimmung zur Auslieferung von der barrayaranischen Botschaft auf Escobar, mit den drei indirekten Anträgen, die gebilligt wurden, die endgültige Zustimmung vom Kaiserlichen Büro hier in Vorbarr Sultana, die vorläufigen und endgültigen Anordnungen vom Büro des Grafen des Vorbarra-Distrikts, achtzehn separate Erlaubnisse, einen Gefangenen zu transportieren, ausgestellt von den barrayaranischen kaiserlichen Sprungpunktstationen zwischen hier und Zuhause, und – last but not least – die Genehmigung durch die Stadtwache von Vorbarr Sultana, unterzeichnet von Lord Vorbohn persönlich. Ich habe mehr als einen Monat gebraucht, um mich durch all diese bürokratischen Obstruktionen hindurchzukämpfen, und ich werde nicht noch eine Stunde auf diesem rückständigen Planeten verbringen. Sie dürfen eine Reisetasche packen, Dr.
Borgos.«
»Aber«, schrie Kareen, »aber Mark hat doch Enriques
Kaution gezahlt! Wir haben ihn gekauft – er gehört jetzt uns\«
»Verwirkung der Kaution löscht keine Anklagen wegen
Verbrechen, Miss«, informierte der escobaranische Beamte sie steif. »Sie kommt zu ihnen noch dazu.«
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»Aber – warum wollen Sie Enrique verhaften und nicht
Mark?«, fragte Martya, die sich alles zusammenzureimen versuchte. Sie starrte auf den Stapel Folien.
»Bring sie nicht noch auf Gedanken«, zischte ihr Kareen zu.
»Falls Sie sich auf den gefährlichen Wahnsinnigen
beziehen, der als Lord Mark Pierre Vorkosigan bekannt ist, Miss, so habe ich es versucht. Glauben Sie mir, ich habe es versucht. Ich habe anderthalb Wochen mit dem Versuch zugebracht, die Dokumente zusammenzubringen. Er hat diplomatische Immunität der Klasse III inne, was ihn für nahezu alles außer direktem Mord deckt. Zusätzlich habe ich herausgefunden, dass ich nur seinen Familiennamen korrekt aussprechen muss, um bei allen barrayaranischen Beamten, Sekretären, Botschaftsangestellten und Bürokraten, denen ich begegnet bin. die verfluchteste Begriffsstutzigkeit hervorzurufen. Einige Zeit dachte ich, ich würde den Verstand verlieren. Schließlich habe ich mich mit meiner Verzweiflung abgefunden.«
»Ich glaube, die Medikamente haben auch geholfen,
Sir«, bemerkte Muno freundlich. Gustioz blickte ihn finster an.
»Aber Sie entkommen mir nicht«, fuhr Gustioz an Enrique gerichtet fort. »Eine Reisetasche. Jetzt.«
»Sie können nicht einfach ohne Warnung hier hereinplatzen und ihn wegholen!«, protestierte Kareen.
»Haben Sie eine Ahnung, wie viel Mühe und Aufmerksamkeit ich aufwenden musste, um sicherzustellen, dass er nicht gewarnt wurde?«, fragte Gustioz.
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»Aber wir brauchen Enrique! Er ist für unsere neue Firma alles! Er ist unsere gesamte Forschungs-und Entwicklungsabteilung. Ohne Enrique wird es nie Butterkäfer geben, die barrayaranische Vegetation fressen!«
Ohne Enrique würden sie keine aufkeimende
Käferbutter-Industrie haben – ihre Geschäftsanteile wären nichts mehr wert. Ihre ganze Arbeit während des Sommers, alle hektischen Organisationsanstrengungen von Mark würden den Bach hinabgehen. Keine Profite – kein Einkommen – keine Unabhängigkeit als Erwachsene – kein heißer, schlüpfriger, vergnüglicher Sex mit Mark – nichts als Schulden und Unehre und ein Haufen selbstgefälliger Familienmitglieder, die alle nacheinander sagen würden: Ich habe es dir ja gesagt… »Sie können ihn nicht mitnehmen!«
»Im Gegenteil, Miss«, erwiderte Inspektor Gustioz und nahm seinen Stapel Folien wieder auf, »ich kann und ich werde.«
»Aber was wird dann mit Enrique auf Escobar
passieren?«, fragte Martya.
»Es wird ein Prozess stattfinden«, sagte Gustioz in
einem Ton teuflischer Befriedigung, »gefolgt von einer Haftstrafe, wie ich innig hoffe. Eine lange, lange Haftstrafe. Ich hoffe, man bürdet ihm auch die Gerichtskosten auf. Der Rechnungsprüfer wird aufschreien, wenn ich meine Reisebelege einreiche. Es wird wie ein Urlaub, hatte meine Vorgesetzte gesagt. Sie werden in zwei Wochen zurück sein, hatte sie gesagt. Jetzt habe ich
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