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Vorn

Titel: Vorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Bernard
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dreißig als hoffnungsvolle Talente bezeichnet, als Profikandidaten, deren
     ernsthafte Hoffnungen von frühen Verletzungen zunichte gemacht worden waren. Dennis hatte nach seinen eigenen Aussagen bis
     zu einem Knöchelbruch als 17-Jähriger in der Jugend von Eintracht Frankfurt gespielt (und war anschließend von seiner Mutter
     nur deshalb zu einem einjährigen Schüleraustausch nach England geschickt worden, weil sie sich Sorgen machte, dass er zu Hause
     ohne Fußball unglücklich werden |61| würde). Tobias war bei einem Münchner Club in der höchsten Jugendliga gewesen, bevor er sich am Knie verletzte. Solche Erzählungen
     waren aber normalerweise aufschneiderische Mythen, die sich dann auf dem Platz, wenn die ersten klobigen Aktionen mit verschämten
     Entschuldigungen kommentiert wurden – »schon länger nicht mehr gespielt«, »muss erst noch richtig reinkommen« –, sofort im
     Nichts auflösten. An diesem Nachmittag an der Isar war es anders: Die Pässe beim Warmmachen kamen genau in den Fuß; jeder
     der drei hielt den Ball ein paar Mal auf elegante Weise hoch, bevor er ihn weiterspielte; und das kurze Lächeln auf ihren
     Gesichtern verriet die Genugtuung darüber, dass sie alle ihre Versprechungen eingehalten hatten. Während sie sich auf diese
     Weise den Ball zuspielten, kamen drei junge Türken auf den Bolzplatz und fragten, ob sie Lust auf ein Spiel hätten, drei gegen
     drei, auf kleine Tore. Dennis, Ludwig und Tobias willigten ein, und sie gewannen es haushoch.
     
    Vor allem Dennis bewies, dass er mit der Erwähnung seiner Vereinskarriere nicht übertrieben hatte. Er war einer der seltenen
     Spielertypen, deren Stärke gleichermaßen im Athletischen wie im Fußballerischen lag. Mit unglaublicher Kraft stand er hinten
     in der Abwehr, nahm den Spielern der anderen Mannschaft fast jeden Ball ab und passte ihn souverän zu Ludwig oder Tobias.
     Dieser Spätnachmittag auf dem Rasenstück an der Isar war die Geburt der
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- Fußballmannschaft. Am nächsten Morgen wurde in der Redaktion in ausschmückenden Worten von der Partie erzählt, und die, die
     nicht mitgespielt hatten, waren begierig darauf, beim |62| nächsten Mal auch dabei zu sein. Ralf, der Grafiker, erwähnte schließlich eine Sportanlage ein paar Kilometer außerhalb von
     München, auf der er mit einer Freizeitmannschaft spielte, und das
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- Team traf sich von nun an jeden Donnerstagabend nach der Arbeit auf diesem Platz. Es kamen also noch weitere Spieler hinzu:
     Robert, der in seiner Jugend ebenfalls im Verein gewesen war; Thomas und Sebastian, zwei robuste Verteidiger; Ralf, ein Linksaußen
     mit beeindruckender Schusstechnik; und noch ein paar Mitarbeiter aus der Anzeigenabteilung des Magazins, vor allem ein guter
     Torwart. Interessant war es zu beobachten, wie sich der Schreibstil der Redakteure zu der Art verhielt, wie sie Fußball spielten.
     Fast ausnahmslos zeigte sich eine gewisse Übereinstimmung. Dennis, der als Journalist großen Ehrgeiz besaß, war auch auf dem
     Fußballplatz erst zufrieden, wenn er seine Gegenspieler zermürbt und die eigene Mannschaft gewonnen hatte. Robert spielte
     elegant und leichtfüßig, aber mit leichtem Hang zu Manierismen, genauso wie es auch in seinen Pop-Artikeln manchmal der Fall
     war. Ludwig schließlich war ein brillanter Taktiker, vergaß darüber jedoch gelegentlich das Spielen und verzettelte sich auf
     dem Platz in theoretischen Ausführungen; er war also auch in der Fußballmannschaft eine Art Schlussredakteur, der das Spiel
     lesen konnte wie kein Zweiter, mit eigenen Aktionen aber häufig an seinen Ansprüchen scheiterte. Man hätte leicht die Behauptung
     aufstellen können, dass jeder so Fußball spielte, wie er schrieb – wäre nicht manchmal auch Philipp Nicolai zu den Fußballabenden
     mitgekommen, der Kinokritiker der Tageszeitung, der im
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eine Kolumne über Musikvideos |63| hatte. Nicolai galt als der beste jüngere Schreiber der Zeitung; seine Artikel über Filme waren Meisterwerke der Sprachkunst
     und Beobachtungsgabe. Auf dem Fußballfeld jedoch erwies er sich als knüppelharter, technisch wenig beschlagener Verteidiger,
     der sein beträchtliches Körpergewicht rücksichtslos zum Einsatz brachte. Vor dem Computer war Nicolai Beckenbauer, auf dem
     Rasen Schwarzenbeck oder – was sein Erscheinungsbild in Trikot und Fußballschuhen anging – sogar Hans-Peter Briegel; mit heruntergelassenen
     Stutzen und stämmigen Waden pflügte er den Rasen um und

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