Vorsätzlich verliebt
gesprochen. Max hatte ihr definitiv versichert, dass es alle wussten. »Aber er ist … schwul«, sagte Tilly.
»Ach das.« Stella tat ihren Protest mit einem Schulterzucken ab. »Er ist nicht durch und durch schwul. Nur halb schwul. Schließlich war er lange genug mit Kaye verheiratet, und sie haben ein Kind zusammen. Es ist also nicht so, als ob er nur Männer mag.« Sie spielte mit einem Kugelschreiber und fügte ungeniert hinzu: »Es gibt da definitiv Manövriermöglichkeiten.«
»Ja, äh, das war mir nicht klar.« Hastig sagte Tilly: »Aber ich schwärme trotzdem nicht für ihn.«
»Warum nicht? Sind Sie eine Lesbe?«
Meine Güte.
»Nein, er ist einfach nicht mein Typ. Und außerdem habe ich mich gerade von meinem Freund getrennt und brauche jetzt erst mal eine Pause von all diesem Zeug.«
»Hm, na ja, für Sie mag das okay sein, Sie sind jünger als ich. Wie alt sind Sie?« Stella war beängstigend unverblümt.
»Achtundzwanzig.«
»Für wie alt halten Sie mich?«
Tilly zögerte. »Äh …«
»Siebenunddreißig. Ich weiß, ich sehe nicht so aus, aber ich bin es.« Stella war auch beängstigend bescheiden. »Mein Mann und ich haben uns vor sechs Monaten getrennt. Er hat mich aus dem Nichts heraus verlassen. Mit siebenunddreißig! Ich kann mir also keine Pause gönnen. Ich will schließlich ein Baby haben, bevor es zu spät ist. Die ganzen Jahre unserer Ehe haben wir das Thema Kinder aufgeschoben, weil wir unseren Spaß haben wollten. Wir haben immer gesagt, lass uns noch warten, lass uns das Leben genießen, solange es geht. Wir hatten geplant, dass wir dieses Jahr –
dieses
Jahr« – sie klopfte auf die Tischplatte, um ihre Worte zu unterstreichen – »damit anfangen würden. Und dann sagt er mir aus heiterem Himmel, dass er mich verlässt, dass unsere Ehe am Ende sei und er die Scheidung will. Zack, einfach so. Wie selbstsüchtig ist das denn! Ehrlich, er hat mein ganzes Leben ruiniert. Meine ganze Zukunft!«
»Ach herrje, Sie Arme.« Die Frau mochte einem Furcht einflößen, aber angesichts der Umstände trauerte sie zu Recht. »Und trifft er sich …« Tilly zögerte. Wie konnte sie das möglichst taktvoll ausdrücken? »… mit einer anderen?«
»Nein, nein. Ganz sicher nicht.« Stella schüttelte vehement den Kopf. »Unmöglich. Wissen Sie, vermutlich hat er eine dieser mentalen Krisen, eine Art Panikattacke bei dem Gedanken an so viel Verantwortung. Ich halte natürlich Ausschau nach anderen Männern, nur für den Fall, dass er nicht zurückkommt, aber ich bin überzeugt, früher oder später kommt er wieder zur Vernunft und fleht mich an, ihn zurückzunehmen.«
»Würden Sie das wirklich wollen?«
»Aber natürlich! Er ist mein Ehemann. Ich will Kinder. Er wäre ein großartiger Vater.«
Die Türglocke schlug an, und ein Paar mittleren Alters schlenderte in den Laden.
»Er wird zurückkommen. Er muss einfach.« Mit fest entschlossenem Nicken wechselte Stella das Thema. »Jetzt gebe ich Ihnen besser die Sachen, derentwegen Sie gekommen sind.«
»Danke«, sagte Tilly, als Stella ihr half, die gerahmten Drucke in den Kofferraum zu laden.
»Kein Problem. Grüßen Sie Max von mir. Es war nett, Sie kennenzulernen.« Stella richtete sich auf. »Wenn Sie wollen, können wir bei Gelegenheit etwas zusammen trinken. Ich stelle Sie meinen Freundinnen vor. Andererseits, das wird vermutlich nicht funktionieren. Sie sind zu jung. Na, ist ja auch egal. Ich bin sicher, wir sehen uns wieder. Jetzt gehe ich besser hinein, bevor sich das Pärchen an der Kasse vergreift.«
»Wer? Stella? O Gott«, sagte Erin.
Na bitte! Das war das Problem, wenn man den Hintergrund eines Menschen nicht kannte: Man kennt die Leute immer erst, wenn man sie kennt.
»Warum? Was ist mit ihr?«, fragte Tilly. »Sie schien recht nett. Jedenfalls freundlich. Wenn auch ziemlich unverblümt. Und sehr selbstbewusst. Ich habe gehört, dass ihr Ehemann sie sitzenließ. Sie ist davon überzeugt, dass er wieder angekrochen kommt.«
»O Gott.«
Tilly spürte eine Welle der Erleichterung, dass sie sich nicht mit Stella auf einen Drink verabredet hatte. »Was stimmt denn mit ihr nicht? Ist sie ein Albtraum?«
Vorsichtig legte Erin das rote bestickte Abendkleid ab, das sie inspiziert hatte. »Ich treffe mich mit Fergus.«
»Mit wem?« Also ehrlich, das reinste Fragespiel.
»Stellas Ehemann.« Erin leckte sich die Lippen. »Ich wollte es dir ja sagen.«
Tilly krümmte sich. »O mein Gott. Hat er sie wegen dir
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