Vorsaison
Gebäude zu betreten und dachte wieder an den Rothaarigen.
>>Es tut mir leid, dass du da
jetzt irgendwie mit drin hängst<<, sagte Ernie dann. Wir konnten uns einfach
durch die Gitterstäbe unterhalten und ein bisschen wunderte es mich schon, dass
niemand dabei war der aufpasste, damit ich Ernie nichts zusteckte.
Überwachungskameras oder ähnliches gab es nämlich auch nirgends.
>>Die Bullen haben von uns
allen die Pässe mitgenommen. Ich bin aber erst heute Morgen heim gekommen und
habe deshalb auch nicht eher gewusst, was los ist<<, erwiderte ich. Ernie
grinste.
>>Das muss ja `ne heiße Party
gewesen sein<<, meinte er dann. >>Hast du deinen Pass
wieder?<<
Ich nickte.
>>Peter und Graham haben mir
alles erzählt und auch, dass du angeblich ein entflohener Bankräuber bist.<<
>>So ein Quatsch. Entflohener
Bankräuber. Ich hatte einen Tag Hafturlaub, weil ich Geburtstag hatte und
bin dann eben abgehauen!<<
>>Aber dass du eine Bank
überfallen hast, stimmt schon?<<
Ernie wurde ein bisschen verlegen.
>>Och<<, machte er dann.
>>Ehrlich gesagt waren es sieben Banken!<<
>>Wie konntest du nur<<,
sagte ich vorwurfsvoll und Ernie zuckte die Schultern.
>>Damals erschien es mir eine
einfache und schnelle Möglichkeit, an Geld zu kommen. Und es hat ja auch
immerhin sechs Mal ganz gut geklappt!<<
Ernie erzählte mir daraufhin im
Schnelldurchlauf, wie er und drei weitere Männer in den siebziger Jahren
mehrere Banken in den Niederlanden überfallen hatten. Er schwor, dass nie
jemand bei diesen Überfällen körperlich zu Schaden gekommen wäre und die
Behauptung, er sei gewalttätig, absoluter Unsinn sei. Ernie meinte auch, er die
Zeit im Knast bestimmt besser überstanden, wenn er gewalttätig gewesen
wäre. Selbst die Waffen, die sie bei den Überfällen benutzt hätten, seien
Spielzeugpistolen gewesen. Einer seiner Kumpels hatte jedoch einen größeren
Betrag aus der Beute verwendet, um damit ein Haus für seine Familie anzuzahlen
und dadurch war letztendlich alles aufgeflogen. Dieser Kumpel hatte dann einen
Deal mit der Polizei gemacht und beim siebten Überfall hatte man die Bande
schon erwartet. Ernie war als Chef der Bande zu einer langjährigen Haftstrafe
verurteilt worden. Im Sommer 1981, nachdem er über die Hälfte seiner Strafe
schon abgesessen hatte, hatte er an seinem Geburtstag einen Tag Hafturlaub
bekommen und man hatte ihn morgens bei seinen Eltern zu Hause abgeliefert —
ohne Bewachung. Als Geburtstagsgeschenk hatten ihm seine Eltern dann 2.000
Gulden gegeben und ihm anschließend zur Flucht verholfen.
Ernie sagte, die Zustände im Knast
seinen für ihn unerträglich gewesen und er hätte dies auch keine weitere Woche
durchgehalten. Selbst die Aussicht auf Bewährung wegen guter Führung hätte
daran nichts ändern können. Sein Vater hatte ihn dann gleich nach seiner Ankunft
zu Hause ins Auto verfrachtet und über die Grenze bis nach Belgien gefahren.
Dazu hatte er einen kleinen Grenzübergang benutzt, der kaum noch kontrolliert
wurde. Von dort aus hatte Ernie den Zug bis zur französischen Grenze genommen
und hatte dann in einem Waldstück die Grenze nach Frankreich zu Fuß überquert,
so wie seine Eltern es ihm auf einer Karte eingezeichnet hatten. In Frankreich
nahm Ernie dann Busse bis zur spanischen Grenze und versteckte sich schließlich
unter der Plane eines spanischen LKW’s, in der Hoffnung, dass dieser bei der Einreise
nicht kontrolliert wurde. Das nächste Mal, als dieser LKW anhielt, war dies an
einer Tankstelle an der Nationalstraße-II und der nächste Ort war Lloret de Mar
gewesen. Seine Eltern hatten am späten Nachmittag die zuständigen Beamten
angerufen und gemeldet, dass Ernie sich nur mal die Beine im Garten habe vertreten
wollen und dann offenbar geflohen wäre. Zu dem Zeitpunkt war Ernie in
Wirklichkeit aber schon längst in Frankreich unterwegs und seinen Eltern hatte
eine Beihilfe zur Flucht auch nie nachgewiesen werden können. Dafür hatte es
einen kleinen Skandal in den Niederlanden gegeben, weil man Ernie bloß ein
Ehrenwort abgenommen hatte, dass er keinen Fluchtversuch unternehmen würde,
wenn man ihm einen Tag Hafturlaub gewähre — statt ihm zumindest einen Beamten
mitzuschicken. Aber genau darauf hatten Ernies Eltern auch gehofft, weil diese Vorgehensweise
in Holland wohl gang und gäbe war.
Ernie hatte jedoch keine Ahnung, wie
er letztendlich aufgeflogen war und ich sagte ihm, das habe er wohl dem Umstand
zu verdanken, dass er so dämlich gewesen
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