Vorsaison
der oberen Theke im
„Moby’s“, weil es dort nicht so laut war und ich hielt heimlich immer noch
Ausschau nach Maurice. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis mit jemanden zu reden
und jetzt wo Ernie nicht mehr da war, war Maurice für mich der Einzige, der
dafür infrage kam. Mit Corinna konnte ich ganz gut über Banalitäten oder auch
über Männer und Sex sprechen, aber nicht über Dinge, die nicht bloß an der
Oberfläche von irgendetwas kratzen. Deshalb konnte ich ihr auch nicht plausibel
machen, warum es in meinen Augen OK war, wenn sie mit Titus essen ging, es aber
absolut unmöglich war, dass ich mit Adelio essen ging — selbst dann nicht, wenn
sie und Titus dabei wären! Corinna war nicht blöd und sie selbst fand Adelio
ebenfalls attraktiv. Sie hatte mehrmals durchblicken lassen, dass, wenn er ihr
so ein Angebot machen würde wie es Titus getan hatte, sie nicht erst groß
überlegen müsste, ob sie ja sagen würde! Dabei sah sie mich immer prüfend an
und wollte dann meistens wissen, ob da zwischen uns nicht doch mehr liefe, wenn
wir manchmal stundenlang im Séparée verschwanden. Ich
schüttelte daraufhin immer rigoros den Kopf, musste gleichzeitig aber auch
immer lachen und so blieb Corinna skeptisch. Sie sagte, wenn mir ein Typ wie
Adelio in einer Discothek begegnen würde, würde ich sicherlich nicht so
zimperlich sein! An dieser Stelle wurde ich dann meistens auch noch rot, was
Corinnas Argwohn nur schürte. Im „Mau-Mau“ konnte ich Adelio tatsächlich
wiederstehen, weil es dabei um eine Grenze ging, die ich nicht überschreiten
würde, auch nicht mit Adelio. Aber außerhalb der Bar würde ich ihm
wahrscheinlich hoffnungslos ausgeliefert sein und die Grenze wäre dennoch
überschritten. Aber das hätte ich Corinna nicht erklären können, ohne dass sie
sauer geworden wäre. Corinna zog zwar dieselbe Grenze für sich und fing nichts
mit einem Mann an, den sie aus der Bar kannte — doch nun war sie dabei, zu
mindestens in Erwägung zu ziehen, diese Grenze zu überschreiten. Auch wenn dies
dann bedeutete, dass es diese Grenze gar nicht mehr geben würde, weil sie,
falls sie Titus‘ Angebot annahm, sowieso aufhören würde als Barmädchen zu
arbeiten. Ich hingegen würde danach wieder Barmädchen sein und solange ich
Barmädchen war, war Adelio tabu — was danach kam, stand jedoch auf einem
anderen Blatt. Aber auch das wollte und konnte ich Corinna nicht sagen.
Maurice ließ sich jedoch auch an
diesem Abend nicht blicken. Corinna angelte sich schließlich einen der camareros aus dem „Moby’s“ und ließ durchblicken, dass sie sich von dem im Sommer
bestimmt nicht hätte abschleppen lassen! Doch dann kicherte sie sogleich,
bestellte sich ein neues Glas Wodka-Orange und bei dem Gedanken an den Sommer
seufzte sie. Anscheinend funktionierte das mit dem sich-jemanden-Schön-saufen nicht nur bei Männern sondern auch bei Frauen — zu mindestens bei einigen! Während
Corinna sich ihren Kellner jedenfalls schön soff, ging ich wieder einmal alleine
nach Hause. Zu Hause war alles dunkel und ruhig. Das Wohnzimmer war leer, was
aber natürlich nichts heißen musste, weil Peter auch schon mal eine Nacht
durchaus im Bett liegend in seinem Zimmer verbrachte. Am nächsten Morgen, oder
besser gesagt gegen Mittag, hielt ich es jedoch nicht mehr aus und öffnete
vorsichtig Peters Zimmertür. Das Bett war leer und Peter war nicht da. Graham
und Pepe waren auch nicht da und so schob ich ihnen einen Zettel unter der Tür
durch, mit der Frage, ob sie Peter gesehen hätten oder wüssten, wo er wäre. Ich
blieb den ganzen Tag über zu Hause und wartete darauf, dass mir entweder die
Decke auf den Kopf fallen oder Peter endlich auftauchen würde! Doch keins von
beidem geschah. Ich war froh, als es endlich Abend wurde und Corinna kam, um
mich für die Arbeit abzuholen. Auf dem Weg zum „Mau-Mau“ erzählte ich ihr, dass
Peter gestern Abend weggegangen und bislang noch nicht wieder zurückgekommen
war. Doch Corinna zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. Peter interessierte
sie höchstens insoweit, dass sie gerne gewusst hätte, wann genau er denn nun
wieder zurück nach Deutschland fahren würde, damit sie bei mir einziehen
konnte. Aber Corinna kannte natürlich auch nicht die Hintergründe, warum Peter
gestern Abend fortgegangen war, und sie wusste natürlich auch nicht, dass er
und Ernie in Ceuta gewesen waren, um Haschisch einzukaufen.
Am Mittwochmorgen war ich schon früh
wach und hielt es einfach
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