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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Weitzels
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hatte, verhaftet hätte. Ich sagte Sonja jedoch nur,
dass er in Holland angeblich etwas ausgefressen hätte und die Polizei ihm
dadurch auf die Schliche gekommen war, weil Babs im Januar ebenfalls verhaftet
worden wäre und dabei seinen Namen genannt hatte. Sonja verteidigte Babs sofort
und sagte, das hätte Babs ja nicht wissen können. Trotzdem fand ich es keine
gute Idee, wenn Babs zurück nach Lloret kam! Die Polizei hatte nun immerhin
eine Akte über sie! Außerdem — was würde passieren, wenn Babs erst einmal hier
war und herausfand, dass Hermann sich schon längst anderweitig tröstete? So
gesehen wollte sie ja sowieso nur wegen ihm zurückkommen und was wäre, wenn er
sie fallen ließe? Sonja erzählte mir daraufhin, dass Babs aber auch unmöglich noch
länger bei ihren Eltern bleiben könnte. Babs hatte wohl angenommen, dass sich
ihr Reisepass im Wohnzimmerschrank befände, weil ihr Vater den immer
verschlossen hielt. Also hatte sie sich vor kurzem nachts ins Wohnzimmer
geschlichen und den Schrank aufgebrochen. Zu ihrem Entsetzen hatte sich ihr
Pass jedoch nicht darin befunden, aber ihr Vater hatte sie daraufhin erneut
grün und blau geschlagen.
    >>Dann muss Babs eben zur
Polizei gehen. Immerhin ist sie volljährig und was ihr Vater da macht ist nicht
nur Körperverletzung, sondern auch Freiheitsberaubung!<<, rief ich. Doch
dann hatte ich wieder Mitleid mit Babs. Auf der einen Seite konnte ich nur zu
gut verstehen, was sie gerade durchmachte, aber auf der anderen Seite erschien
mir Babs auch noch so völlig unreif, und ich wollte und konnte auch nicht die
Verantwortung für sie übernehmen, falls sie tatsächlich nach Lloret zurückkam! Ich
beendete das Telefonat mit Sonja und plötzlich fehlte mir Ernie, der sicherlich
einen Rat gewusst hätte, wenn auch durchtränkt von Sarkasmus.
     
    Während ich mit Sonja telefoniert
hatte, war der leichte Nieselregen wieder in Regen übergegangen und zum ersten
Mal, seit ich in Lloret war, war ich irgendwie deprimiert. Dann fiel mir
Maurice ein. Er hatte einen Pass, aber der war in seinen Augen nichts wert.
Maurice wollte eine andere Staatsbürgerschaft, denn dadurch würde er einen
neuen Pass bekommen. Einen neuen Pass! Schnell rief ich erneut bei Sonja
an und rief: >>Wenn Babs nicht an ihren alten Pass ran kommt, dann soll
sie einfach zum Amt gehen und sagen, man hätte ihr den Pass gestohlen — dann
bekommt sie einen neuen, ohne dass ihr Vater davon erfährt.<<
     
    ***
     
    Als ich nach dem Telefonat mit Sonja
zurück ins „Mau-Mau“ kam, saß ein einsamer, ziemlich dicker Spanier an der
Theke und ich wunderte mich schon, warum keines der Mädchen zu ihm hinging.
Corinna flüsterte mir zu, dies sei Eduardo Senior, der Besitzer des „ Japón“! Das „Japón“ lag nur
eine Straße hinter dem „Mau-Mau“ und zu mindestens die Außenfassade sah mit
seinen bunten Butzenscheiben zwanzig Mal besser aus, als das versiffte
„Mau-Mau“. Trotzdem lief das „Mau-Mau“ von allen Bars am besten. Es hatte sich offenbar
schnell herum gesprochen, dass auch im „Mau-Mau“ ein neues Mädchen angefangen
hatte, denn gleich darauf kam Paco zu mir herüber und schob mir mit grimmigem
Gesicht einen Piccolo unter die Nase. Mit dem Kopf zeigte er dabei in die Richtung
von Eduardo Senior. Ich nahm meine Copa und die Flasche und ging zu ihm
hinüber. Mittlerweile hatte ich so viel Routine, dass mir auch von solchen
Typen nicht mehr übel wurde! Eduardo Senior war fett und schmierig, obwohl er
durchaus gewaschen schien und saubere Kleidung trug. Er hatte kleine, tote
Schweinsaugen in einem weißen, teigigen Gesicht. Auf seiner dicken, roten Nase
erkannte ich unzählige geplatzte Äderchen, was auf einen jahrelangen,
übermäßigen Alkoholkonsum schließen ließ. Ich hatte mich neben ihn gesetzt,
prostete ihm zu, nannte dabei meinen Namen — und leerte mein Glas fast in einem
Zug. Dem Besitzer des „Japón“ entging meine Arbeitsweise nicht und er grinste.
    >>Ein Mädchen ganz nach meinem
Geschmack<<, lechzte er daraufhin. Ich wusste, dass er nur gekommen war, um
mich zu begutachten und dass ich eh keine zweite Copa von ihm bekommen würde. Also
schenkte ich den Rest aus der Flasche in mein Glas und prostete ihm erneut zu.
    >>Ich nehme an, sie wissen nun,
was sie wissen wollten?<<, sagte ich kühl und leerte auch den Rest in
einem Zug. Der Alte brach daraufhin in schallendes Gelächter aus.
    >>Nichts für ungut<<, sagte
er dann und winkte Paco wegen der Rechnung.
    >>Die Tage

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