Vorsaison
und ließ dort ebenfalls alles wieder fallen. Dann ging ich
weiter zum Kleiderschrank und inspizierte dort meine Winterjacke. Mein Gelddepot war unberührt! Dennoch sah ich mich ruhig in meinem Zimmer um, weil ich
herausfinden wollte, ob etwas verändert worden war. Dabei fiel mein Blick auf
das Buch >Schloss der blauen Vögel<. Ich hatte es auf dem Nachttisch,
welcher nun als Beistelltisch für das Sofa diente, liegen gelassen. Die ersten circa
vierzig Seiten hatte ich schon gelesen und dort hatte sich ein Eselsohr
befunden. Vielleicht eine schlechte Angewohnheit, aber ich fand, gelesenen Büchern
durfte man dies auch ruhig ansehen. Das Eselsohr war jedenfalls weg und ich
hätte schwören können, das Buch hatte sich heute Morgen auch in einem anderen
Winkel auf dem Tisch liegend befunden; nämlich mit der Schrift zum Sofa hin,
von wo aus ich das Buch gestern auch weggelegt hatte. Nun zeigte die Schrift zu
mir und ich stand in der Mitte des Raumes und betrachtete das Tischchen genau
von der anderen Seite.
Ich ging ins Wohnzimmer. Corinna saß
am Tisch. Vor ihr stand ein Wasserglas voll Gin, allerdings mit viel Eis darin.
Sie war gerade dabei, eine Dose Tonic-Wasser zu öffnen. Dann schüttete sie noch
einen Schuss Tonic aus der Dose in das ohnehin schon volle Glas und schlürfte
sogleich die überschäumende Flüssigkeit auf. Erst danach nahm sie das Glas in
die Hand, trank noch einen kräftigen Schluck des fast puren Gins ab und füllte
das Glas erneut bis zum Rand mit Tonic-Wasser. Ich sagte nichts dazu, selbst
ein Kopfschütteln sparte ich mir mittlerweile. Ich wollte bloß einen Stuhl, auf
den ich mich stellen konnte, um die Luke im Flur zu öffnen. Corinna saß auf dem
ersten Stuhl, sprang aber gerade auf, weil das Glas tropfte, und lief dann in
die Küche, um ein Handtuch zu holen. Ich schnappte mir ihren Stuhl. Als ich ihn
jedoch anhob, rieselte ebenfalls feiner Sand herunter. Corinna kam zurück und
fragte, was ich mit ihrem Stuhl vorhätte.
>>Jemand ist in unserer Wohnung
gewesen. Im Flur liegt Sand und auf dem Stuhl hier liegt ebenfalls Sand. Jemand
hat den Stuhl gebraucht, um sich daraufzustellen und die Luke in der Flurdecke
zu öffnen!<<
>>Na und?<<, sagte
Corinna, zuckte die Schultern und zwängte sich an mir und ihrem Stuhl
vorbei und setzte sich auf einen anderen Stuhl.
>>Das wird wohl mal wieder
unser alter Vermieter gewesen sein. Wahrscheinlich schleicht er sich immer
heimlich in unser piso , wenn er weiß, dass wir nicht da sind, und hält
seine Nase in unsere Unterwäsche.<<
Corinna kicherte und tupfte den Tisch
und ihr Glas trocken. Dabei nahm sie auch gleich wieder einen großen Schluck
Gin-Tonic. Eigentlich hatte ich vorgehabt, nicht auf Corinnas Bemerkung zu
antworten, denn unser Vermieter war bestimmt ein Unterwäsche-Fetischist! Aber
etwas an Corinnas Worten hatte mich stutzig gemacht. Corinna war sicherlich
kein sehr ordentlicher Mensch und obwohl sie nun genug Platz hatte und es auch
immerhin schon eine ganze Woche her war, dass sie ihr Zimmer im „Picasso“
geräumt hatte, standen die blauen Müllsäcke mit ihren Klamotten immer noch unausgepackt
unter dem Fenster in ihrem Zimmer. Nur den Sack mit ihrer feinen Spitzenunterwäsche
hatte sie gleich ausgepackt und alles fein säuberlich in der Kommode in ihrem
Schlafzimmer verstaut.
>>Wie kommst du darauf?<<,
fragte ich sie deshalb.
Corinna zuckte die Schultern.
>>Ach nur so. Ich hatte nur das
Gefühl, als wenn die Sachen nicht mehr so in der Kommode gelegen hätten, wie
ich sie reingelegt hatte…<<
>>Wann<<, unterbrach ich
sie.
>>Keine Ahnung — vor zwei oder
drei Tagen. Aber wieso ist das wichtig? Ich hatte das Fenster aufgelassen und
wahrscheinlich ist eine Katze ins Zimmer gekommen und hat sich auf die Sachen
in der Schublade gelegt.<<
>>Eine Katze? Aber wie soll
eine Katze denn hier an der Hausfassade hochklettern? Und wie hätte eine Katze
auch die Schublade öffnen sollen?<<
Corinna nahm einen weiteren großen Schluck
Gin-Tonic. Das Glas war nun fast leer. Dann zuckte sie wieder die Schultern.
>>Wie soll ich das wissen!<<,
sagte sie ärgerlich. >>Vielleicht habe ich die Schublade ja auch selbst
offen gelassen. Jedenfalls war alles irgendwie durchwühlt. Nicht durcheinander,
aber doch anders!<<
>>Und es hat nichts
gefehlt?<<
Kopfschütteln.
>>Bist du dir da auch ganz
sicher?<<
>>Ja, ja. Ich denke
schon.<<
>>Du denk… — was ist mit
deinem Eisvorrat? <<
Plötzlich war mir siedeheiß
eingefallen, wo
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