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Vorsaison

Vorsaison

Titel: Vorsaison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristine Weitzels
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wenig Abstand, so als wolle er
die innige Begrüßung zwischen Corinna und Titus auch nicht stören. Jedoch
schmunzelte er, so als wüsste er genau, dass Corinnas überschwängliche Freude
bloß Teil ihrer Aufgabe als Barmädchen war. Auch ich blieb erst einmal auf
meinem Platz an der Theke und beobachtete — auch, wie sich eine der Schottinnen
erhob und zu Titus‘ Begleiter hinüber ging. Titus war klein, dick, alt und
hatte eine Halbglatze. Sein Begleiter hingegen war groß, schlank und zumindest relativ jung! Er sah einfach umwerfend aus; mit schwarzen, kurzen Haaren, kräftigem
Kinn und markanter Nase. Er war schön, ohne jedoch unmännlich zu wirken. Auch
war er wesentlich jünger als Titus, den ich auf mindestens 60 Jahre schätzte. Was
beide jedoch gemeinsam hatten, war ein extrem gepflegtes Äußeres, die Maßanzüge
und wie ich später noch herausfinden sollte, die guten Manieren.
     
    Ich verstand jedoch nicht, warum
Corinna sich so an diesen Titus hängte, wo der andere wirklich zum Anbeißen
war! Hatte sie nicht selbst erklärt, sie würde sich immer die besten Gäste
aussuchen?! Warum überließ sie Titus‘ Freund dann der Schottin? Corinna schien
immer noch vollkommen aus dem Häuschen und ich fing an, mich zu fragen, ob sie
dies alles wirklich nur vorspielte oder ob ihre Freude darüber, diesen Titus wiederzusehen,
nicht doch echt war. Ich konnte es nicht beurteilen, denn dafür kannte ich
Corinna noch nicht gut genug. Aber eines war sicher; wenn sie dies alles
nur vorspielte — dann war Corinna eine geborene Schauspielerin! Trotz der Musik
hörte ich, wie Corinna Titus gerade mit hoher und leicht vorwurfsvoller Stimme
fragte, wo er denn die ganzen letzten Wochen über gesteckt hätte! Sie hätte ihn
schon vermisst und langsam angefangen, sich Sorgen zu machen.
    >>Ja, ja<<, antwortete
Titus lachend und in fast akzentfreiem Deutsch, während er Corinna immer noch
in seinen Armen hielt. >>Was du wohl vermisst hast, sind meine
Spendierhosen und die Piccolos!<<
    Gleichzeitig gab er Paco ein Zeichen.
Erst jetzt sah ich, dass Paco schon zwei Longdrink-Gläser mit Eis, eine Flasche
Ballantine‘s und eine Karaffe mit Waser auf den Tresen gestellt hatte. Corinna
wollte Titus gerade widersprechen, als sie das Zeichen sah. Schnell meinte sie
zu Titus, dass sie ihm unbedingt ihre gute Freundin aus Deutschland vorstellen
müsse. Gleichzeitig winkte sie mich zu sich herüber. Ich zögerte noch, wollte
aber auch nicht unhöflich sein, zumal dieser Titus wirklich nett zu sein schien
— also ging ich zu den beiden hinüber. Corinna stellte mich vor und fügte
gleich hinzu, dass ich noch neu sei und auch noch nicht so viel Spanisch
könnte. Titus entließ Corinna aus seinen Armen und reichte mir die Hand. Dann
gab er mir die zwei obligatorischen Begrüßungsküsschen auf die Wangen und sagte,
dass ich nicht so gut Spanisch könnte, träfe sich ja ganz gut. Sein Spanisch
sei auch nicht so gut — woraufhin Corinna in schallendes Gelächter ausbrach.  
    >>Lass dir von Titus bloß
nichts vormachen<<, sagte sie dann zu mir. >>Titus spricht besser
Spanisch, als die meisten Spanier, obwohl er Italiener ist.<<
    Paco hatte mittlerweile für Corinna
einen Piccolo auf den Tresen gestellt und Corinna fragte geradeheraus, ob Titus
mir denn nicht auch einen Piccolo spendieren wolle. Titus nickte und gab Paco erneut
ein Zeichen. Ich bemerkte, dass Paco unsere eigenen Gläser, den O-Saft und den
Menta schon unauffällig weggeräumt hatte.
     
    Dann sah Titus sich nach seinem
Begleiter um. Der schöne Spanier stand nun hinter ihm, hatte uns dabei den
Rücken zugewandt und unterhielt sich mit der Schottin. Titus tippte ihm auf die
Schulter, wozu er sich auf die Zehenspitzen stellte. Dann sagte er auf Deutsch,
dass Adelio sich doch mal bitte uns zuwenden solle. Corinna habe eine
neue Freundin! Ich konnte hören, wie Adelio sich daraufhin bei der Schottin auf
Englisch entschuldigte und meinte: >>Es dauert nur ein Moment.<<
    Dann drehte er sich zu uns um, blickte
auf Corinna und dann auf mich —ohne etwas zu sagen. Titus brummte, Adelio solle
mal kein Spielverderber sein. Die Rothaarige hätte ihren Piccolo und sollte sich
gefälligst damit zufrieden geben. Er stellte mich Adelio vor und ich reichte
ihm die Hand. Adelio lächelte jedoch nur und ich wollte meine Hand gerade
wieder zurückziehen, als er sie doch noch ergriff. Er verzichtete allerdings
darauf, mir die beiden Küsschen zu geben und musterte mich stattdessen.

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