Vorsaison
zu
zeigen. Sie wollte auch, dass ich Paco kennenlernte, solange noch keines der
anderen Mädchen da war. Nachdem Paco die beiden Gläser vor uns hingestellt
hatte, stützte er sich mit gespreizten Armen am Rand des Tresens ab und
beobachtete mich gespannt. Dann sagte er wieder etwas zu Corinna und sie
übersetzte, dass Paco gerne wissen wollte, wie ich seine Bar denn so fand.
>>Sie übersteigt jegliche
meiner Vorstellungen<<, sagte ich trocken. Corinna brach sogleich in schallendes
Gelächter aus. Paco wollte wissen, was ich gesagt hatte und Corinna antwortete
ihm. Wobei ich mir ziemlich sicher war, dass sie ihm nicht das wiedergab, was
ich tatsächlich gesagt hatte. Aber das war mir auch herzlich egal. Ich hatte
beschlossen, gleich mit Corinna zum Abendessen zu gehen und ihr dann zu sagen,
dass ich danach nicht mehr mit zurück ins „Mau-Mau“ ginge — was mich betraf, so
hatte ich genug gesehen!
Doch wie so oft, kam alles ganz
anders. Als erstes ging die Tür auf und zwei ziemlich kräftige, hochgewachsene
Mädchen, mit langen orangefarbenen Haaren betraten die Bar. Kein Zweifel — das
mussten die beiden Schottinnen sein. Corinna und ich saßen so ziemlich in der
Mitte der langen Theke, die am Anfang und am Ende jeweils eine Krümmung nach
links bis zur Wand machte, wie ein extrem breites U, sodass Paco hinter der
Theke komplett eingeschlossen wurde. Einziger Zugang zur Theke war ein
Durchgang unter dem Tresen durch, oben bei den Toiletten. Weil der Raum so
schmal war, fanden in den Ecknischen, da wo die Theke die Krümmung machte, nur
je zwei Hocker Platz. Auf den beiden Hockern, in der Nische gleich neben den
Eingang, hatten sich nun die beiden Schottinnen niedergelassen. Wie ich bald
herausfand, waren das ihre Stammplätze. Paco stellte sie mir dann als Fiona und
Shauna vor, doch mehr als ein kurzes und reichlich desinteressiertes holá, gaben
beide nicht von sich. Auch ich sagte holá und erntete ein verkniffenes
Lächeln. Corinna seufzte und sagte, sie hätte mich ja schon vorgewarnt! Die schottischen
Schwestern seien scheinbar von Natur aus griesgrämig und obendrein auch noch
totlangweilig. Wie jemand den beiden überhaupt eine Copa spendieren konnte, war
Corinna ein Rätsel. Da Corinna sich dabei nicht die Mühe gemacht hatte, ihre
Stimme zu dämpfen, ging ich davon aus, dass die beiden Schottinnen kein Wort
Deutsch konnten und so war es auch. Etwas später fand ich dann heraus, wie
überaus vorteilhaft es war, wenn man als Barmädchen möglichst viele Sprachen
sprach — gerade, nachdem die Saison wieder begonnen hatte und auch die
Touristen die Bars für sich entdeckten.
Kurz nachdem die beiden Schottinnen
hereingekommen waren, ging die Tür abermals auf und eine kleine, quirlige
Spanierin mittleren Alters kam herein. Corinna stellte sie mir als Rosi vor. Rosi
war nicht mehr die Jüngste und alles andere als hübsch. Aber im Gegensatz zu
den beiden Schottinnen schien sie sehr nett zu sein und begrüßte mich auch
sofort mit Händedruck und den beiden obligatorischen Wangenküsschen. Dann sagte
sie etwas zu mir, wovon ich aber immer wieder nur das Wort trabajar-arbeiten verstand. Corinna übersetzte wieder und erklärte, Rosi hätte mich gefragt, ob
ich auch hier anfangen würde zu arbeiten. Ich schüttelte gleich darauf den
Kopf.
>>Nein, nein<<, sagte ich
schnell. >>Ich wollte heute nur mal gucken, aber ich glaube nicht, dass
ich hier arbeiten könnte!<<
Der Satz war so schnell aus mir
herausgesprudelt, dass es mich selbst überraschte. Weil ich natürlich Deutsch
gesprochen hatte, hatte es außer Corinna auch niemand verstanden. Corinnas
Miene verfinsterte sich und sie setzte auch sofort an, um etwas darauf zu
erwidern — aber just in dem Moment öffnete sich die Tür erneut und ein schon
älterer, kugelrunder Spanier betrat mit lautem HOLÁ die Bar.
Gleich hinter ihm betrat jedoch noch
ein Spanier die Bar. Corinna schien die beiden auch zu kennen, denn von einer
Nanosekunde zur anderen erhellte sich ihr Gesicht wieder. Freudestrahlend rief
sie den Namen von einem der beiden Neuankömmlinge — und dann war sie auch schon
unterwegs und umarmte den kleinen, dicken Mann überschwänglich. Titus ,
dessen Namen Corinna mit einem wahren Freudenschrei ausgestoßen hatte,
erwiderte ihre Umarmung. Das war also der Gast der regelmäßig Piccolos
spendierte, dachte ich bei mir. Kein Wunder, das Corinna so erfreut war ihn
zu sehen! Sein Begleiter hielt unterdessen ein
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