Vorsaison
und Titus nun wieder mehr in seinem Rücken standen. Obwohl das
„Mau-Mau“ sehr schmal war und Adelio dabei direkt vor mir stand, wirkte er
nicht aufdringlich. Eher so, als wolle er damit zum Ausdruck bringen, wem seine
Aufmerksamkeit galt. Adelios Deutsch war lange nicht so gut, wie das von Titus,
aber er hatte eine sehr ruhige und angenehme Stimme, während Titus eher der
laute Typ war. Seine Feststellung ließ mich jedenfalls schmunzeln. Ich hatte
nicht gewusst, dass es so offensichtlich war, dass mir als Barmädchen
noch die Erfahrung fehlte. Deshalb antwortete ich wahrheitsgemäß, dass dies
sogar erst mein erster Abend in einer Bar sei.
>>Und wahrscheinlich ist es
auch mein letzter<<, fügte ich hinzu.
>>Warum?<<, fragte
Adelio. Ich zuckte die Schultern und warf einen Blick auf Paco, der gerade zwei
weitere Spanier bediente und auf die Schottinnen, die sich sofort neben die
beiden Neuankömmlinge gesetzt hatten.
>>Ich denke, dass ich nicht für
diese Art Arbeit geschaffen bin. Lieber hätte ich etwas als Reiseleiterin oder
so. Immerhin bin ich gelernte Hotelfachfrau.<<
>>Sprichst du Spanisch?<<,
wollte Adelio daraufhin wissen.
>>Solo un poco-nur ein
bisschen<<, gab ich zu. >>Aber ich lerne schnell und außerdem spreche ich
fließend Englisch und relativ gut Französisch.<<
Adelio nickte und fragte, warum ich
dann nicht Titus um einen Job bitten würde. Immerhin besäße Titus die größte
Reiseagentur in ganz Katalonien. Meine Überraschung war mir bestimmt anzusehen
und ich erklärte Adelio, dass ich das nicht gewusst hätte. Wie auch, hatte ich
ihn und Titus doch heute Abend erst kennengelernt. Dann hörte ich wieder
Corinnas glockenhelles Gelächter und gleich darauf rief sie wieder Cin-Cin und
dann: >>Cin-Cin Adelio, Cin-Cin Sabrina!<<
Adelio nahm meine Copa vom Tresen,
reichte sie mir, nahm dann sein eignes Glas und stellte sich damit wieder so
hin, dass wir vier erneut einen Halbkreis an der Theke bildeten. Wir prosteten
uns zu und Corinna leerte ihr Glas. Auch ich leerte meines nun – notgedrungen,
nur dass ich im Gegensatz zu Corinna immer noch eine halbvolle Flasche hatte! Titus
warf einen Blick auf Corinnas leere Flasche, sah, dass meine noch gefüllt war
und beschwerte sich sogleich bei Corinna, dass sie ja viel zu schnell trinken
würde. Corinna legte daraufhin erneut ihre Arme um seinen Hals und blickte ihm
tief in die Augen.
>>Ach Titus<<, säuselte
sie dann. >>Ich hab‘ dich doch sooo lange nicht gesehen und du
weißt doch genau, wie gerne ich Champagner trinke!<<
Titus seufzte.
>>Mein Schatz, das hier ist
noch nicht mal Champagner! Wenn du echten Champagner willst, warum nimmst du
dann nicht mein Angebot an? Dann bekommst du so viel echten Champagner, wie du
haben möchtest!<<
Corinna löste Augenblicklich die Arme
von seinem Hals und sagte ein wenig pikiert, dass sie dieses Thema doch nun
schon oft genug gehabt hätten und er ihren Standpunkt doch kennen würde. Ich
hatte keine Ahnung, was da zwischen den beiden gerade ablief, aber auch Adelio
bemerkte den Stimmungsumschwung und dann war er es auch wieder, der Paco erneut
ein Zeichen gab, damit dieser zwei neue Piccolos brachte.
Wohl auch, um vom Thema abzulenken,
sagte Adelio dann zu Titus, ich hätte ihm gerade erzählt, ich sei gelernte
Hotelfachfrau und suche eigentlich einen Job als Reiseleiterin. Corinna warf
mir daraufhin einen finstern Blick zu. Titus jedoch sah mich erneut an und
fragte, ob dies stimmte. Ich nickte und bestätigte, dass ich in Deutschland
gerade erst meine Lehre beendet hätte und auch Englisch und Französisch
spräche. Daraufhin warf Titus Adelio einen merkwürdigen Blick zu, den ich aber nicht
nachvollziehen konnte. Adelio reagierte auch nicht darauf und schließlich
fragte Titus mich, wie gut denn mein Spanisch sei.
>>Noch nicht so gut<<,
antwortete ich wahrheitsgemäß.
>>Dann frage mich noch mal nach
einem Job, wenn dein Spanisch so gut ist, dass du alles verstehen und sagen und
vor allen Dingen auch fehlerfrei schreiben kannst! Und pass ja auf, dass du
auch Spanisch und kein Katalonisch lernst — damit kommst du nämlich nicht sehr
weit und lass dir von den Einheimischen hier auch nicht das Gegenteil einreden!
Und wenn du dann wirklich lange genug hier bleibst, um fließend Spanisch zu
lernen, dann verspreche ich dir hier und jetzt, dass ich dann auch einen guten Job
für dich habe!<<
Ich wusste im ersten Augenblick gar
nicht, was ich darauf hätte sagen sollen. Also bedankte ich mich
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