Vorsaison
wolle, denn ganz offensichtlich könnten wir uns vor Kundschaft ja
kaum retten! Nachdem er und Maurice gegangen waren, wusste ich zuerst nicht so
richtig, was ich tun sollte — sollte ich nun ebenfalls zu Titus hinüber gehen
oder nicht? Corinna unternahm diesmal auch keinen Versuch, mich mit
einzubeziehen, und als Titus dann zwei Piccolos für Corinna und Fiona
bestellte, erinnerte sie ihn auch nicht wie beim letzten Mal an ihre Freundin
aus Deutschland. Corinna hatte mir den Rücken zugewandt und so nickte ich Titus
nur in einem geeigneten Moment zu, weil ich auch nicht unhöflich sein wollte.
Titus erwiderte mein Nicken und widmete seine Aufmerksamkeit wieder ganz
Corinna. Auch Adelio hatte sich wieder so hingestellt, dass Titus und Corinna
in seinem Rücken standen. Weil auch ich in seinem Rücken stand, verzichtete ich
bei ihm auf das Begrüßungsnicken und setzte mich stattdessen zu Rosi, in
die obere Ecke bei der Toilette. Ich versuchte Rosi in ein Gespräch zu
verwickeln, denn wenn ich möglichst schnell Spanisch lernen wollte, musste ich
jede Gelegenheit dazu nutzen. Also beachtete ich Corinna und die anderen auch nicht
weiter, zumal sich sowieso keine weiteren Gäste im „Mau-Mau“ aufhielten.
Corinna machte wieder auf Stimmung und forderte Paco auf, die Musik lauter zu
drehen. Mittlerweile wusste ich jedoch, dass sie Flamencomusik mindestens
genauso sehr verabscheute wie ich. Leider war die Musik danach dann auch so
laut, dass es für mich fast unmöglich war, mich weiter mit Rosi zu unterhalten.
Dann stellte Paco plötzlich eine Copa
vor mich und wies auf den Spanier, der bislang mit Shauna an der Theke gesessen
hatte. Erst da sah ich, dass Shauna mit finsterer Miene wieder auf ihrem Stammplatz
saß und der Spanier nun zu mir herüberlächelte. Nachdem er gesehen hatte, dass
ich frei geworden war hatte er Shauna keine weitere Copa mehr spendiert. Mir
blieb also nichts anderes übrig, als zu ihm hinüberzugehen. Er saß ziemlich am
Anfang des langen Thekenstückes, sozusagen als Erster vom Eingang aus
betrachtet und als ich mich neben ihn setzte, befand sich nur noch Fiona
zwischen mir und Adelio, der mich nun sehr gut sehen konnte. Ich drehte mich
deshalb auch ganz bewusst zu dem Spanier hin, sodass Adelio nun seinerseits in
meinem Rücken stand. Das Gespräch mit diesem Spanier gestaltete sich schwierig
und mir dämmerte auch sehr schnell, dass dieser Gast sich nicht wirklich
unterhalten wollte. Ständig fummelte er an meinen Haaren und meiner Schulter
herum und mehrmals nahm ich seine Hand aus meinem Gesicht. Die Copa hatte ich
im Nu geleert, doch ohne Murren bestellte er mir gleich darauf eine neue. In
nur dreißig Minuten leerte ich so fünf Copas, gefüllt mit vermeintlichem
Wodka-Orange und hoffte, dass dem Typ bald das Geld ausgehen würde. Mein Gast
hoffte stattdessen wohl eher, dass der Alkohol bald Wirkung zeige und ich dadurch
etwas zugänglicher würde! Derweilen bekamen Fiona und Corinna je ihren zweiten
Piccolo serviert. Corinna und Titus waren sehr laut und obwohl sie weiter
hinten standen, konnte ich sie gut hören. Mittlerweile hatte ich auch
herausgefunden, dass man in den Spiegelkacheln an der Wand oder in den
Spiegeln, die hinter den Flaschen und Gläsern an der Rückwand der Theke
angebracht waren, den Raum ebenfalls sehr gut und unbemerkt beobachten konnte.
Deshalb wusste ich auch, dass Fiona und Adelio sich nur sehr gesittet
unterhielten, während Titus immer wieder versuchte, Corinnas Hals zu küssen.
Endlich, nach der siebten Copa ging
dem Spanier das Geld aus oder er hatte einfach keine Lust mehr und ich
verabschiedete mich umgehend. Mittlerweile waren noch zwei weitere Spanier in
die Bar gekommen und hatten Shauna einen Drink spendiert. Ich ging erstmals
aufs Klo, denn selbst wenn in die Copa-Gläser nicht viel Flüssigkeit passte, so
war ich doch nicht gewöhnt, überhaupt so viel Flüssigkeit zu trinken — noch
dazu in so kurzer Zeit! Danach setzte ich mich wieder zu Rosi, doch Paco
wollte, dass ich zu Shauna und ihren beiden Spaniern hinüberginge. Ich
schüttelte den Kopf. Erstens hatte ich keinen Bock auf Shauna und zweitens
wollte ich mich erst einmal von den Strapazen mit meinem letzten Gast erholen.
Paco gab daraufhin wieder das Geräusch eines Abfluss-Müllzerkleinerers von
sich, das trotz der immer noch ziemlich lauten Musik nicht zu überhören war —
ließ mich aber dann in Ruhe.
Kurz darauf stand Adelio plötzlich
vor mir und Rosi entschuldigte
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