Vorsaison
keinen frischen Aal
vorrätig gehabt hatte.
>>Sonst hätte ich euch eine
echt typische Hamburger Aalsuppe mit Backpflaumen gemacht<<, rief er und
spülte den Speck mit einem kräftigen Schluck Bier hinunter. Als ich hörte, dass
die Alternative Aalsuppe gewesen wäre, schmeckten mir zumindest die Bohnen und
die Birnen gleich viel besser und Ernie anscheinend auch. Allerdings konnte
sich der Nachtisch schon eher sehen lassen, denn es gab Rote Grütze.
Ernie hatte gemeint, dass er und
Peter mir noch etwas Wichtiges sagen müssten und nach dem Essen erklärte Ernie
mir, dass er und Peter am Montag für ein paar Tage verreisen würden. Ich war
überrascht und fragte, wohin die Reise denn ginge, doch das wollten die beiden
mir nicht verraten. Peter sagte bloß, es wäre etwas, das er schon lange mal
habe tun wollen und Ernie habe sich bereit erklärt, ihn dabei zu unterstützen.
Dann lachten beide, so als ob Peter einen guten Witz gemacht hätte.
Mittlerweile standen neun leere Bierflaschen auf dem Wohnzimmertisch, die Peter
seit dem Essen ganz alleine ausgetrunken hatte! Auch Ernie und Pepe hatten zum Essen
ein Bier getrunken, waren danach aber wie üblich wieder auf Whiskey umgestiegen
und ich trank sowieso nur Wasser. Dann musste Ernie wieder los und wir
verabredeten uns für später im „Hollywood“. Auch Peter nickte und meinte:
>>Ja, ja, bis später.<<
Ich hatte jedoch nicht vor, zusammen
mit ihm ins „Hollywood“ zu gehen, sagte aber nichts. Peter hätte locker mein
Vater sein können, außerdem roch er wie eine ganze Brauerei und seine Klamotten
waren mindestens so zerknautscht wie sein Gesicht. Auch Pepe verabschiedete
sich wieder und sagte zum Abschied, dass er zwar Grahams Küche bevorzugen
würde, aber Peter sei ganz OK. Als ich dann später ins Bad ging, war ich trotzdem
froh, dass man in Ernies piso alle Türen abschließen konnte. Ernie und
Peter hatten jedenfalls vor, gleich am Montagmorgen wegzufahren und auch freitags
erst wiederzukommen. Ich hätte also die ganze Woche das piso für mich
alleine und vielleicht hätten Corinna und ich ja bis zu ihrer Rückkehr auch schon
ein eigenes piso gefunden!
Kurz nach 23.00 Uhr klingelte es. Allerdings
nicht unten an der Haustür, sondern oben an der Wohnungstür. Ich war in meinem
Zimmer und ging davon aus, dass Peter öffnen würde. Als sich nach dem zweiten
Klingeln aber immer noch nichts rührte, ging ich nachsehen. Draußen stand
Graham. Er begrüßte mich mit Küsschen und drängte sich dann an mir vorbei in
die Küche. Dabei knurrte er, dass er sehen wollte, was der germanische Bastard
heute wieder zusammengekocht hätte! Ich sagte ihm, dass bestimmt noch
genug da sei, und er sich gerne bedienen könnte. Nur die Rote Grütze, die war
leider auf. In der Küche war alles blitzblank aufgeräumt. Peter hatte nicht nur
gekocht, er hatte auch ganz alleine den Abwasch gemacht. Nur in einer Ecke der
Anrichte standen zahlreiche leere Bierflaschen. Während Graham mit prüfendem
Blick die Reste von Birnen, Bohnen und Speck inspizierte, sagte er, das sei noch
gar nichts und riet mir, ich sollte mal den Schrank unter Ernies Spüle öffnen.
Dort lagen mindestens nochmal 100 leere Bierflaschen — und im Kühlschrank
lagerte der neue Vorrat auf drei Regalen. Für mich sah das ganz danach aus, als
ob Ernies neuer Untermieter ein kleines Alkoholproblem haben würde. Graham
lachte leise und flüsterte dann mit erzürnter Stimme: >>Aber Kind — Bier
ist doch kein Alkohol!<<
Dann ging er ins Wohnzimmer, wo Peter
auf dem Sofa lag und laut schnarchte. Graham erhob seine Stimme und sofort war
Peter wach. Graham fragte ihn, ob er Lust auf eine Partie Schach hätte und
Peter, der sich erst einmal orientieren musste, murmelte schließlich ein OK. Ich
war überrascht, denn Graham hatte Deutsch gesprochen, zwar nicht sehr flüssig,
aber immerhin. Dann sagte Graham, er würde schon mal das Schachspiel aufbauen. Peter
könnte ihm ja in der Zwischenzeit schnell etwas von seinem Essen aufwärmen. Für
Detlef habe er heute Schweinshaxen zubereiten müssen und da wäre das bisschen
Speck jetzt auch nicht mehr so tragisch.
>>Das Leben ist kurz und man
muss dem Leib auch etwas bieten, damit die Seele Lust hat, darin zu
wohnen!<<, meinte Graham.
>>Aber doch keinen Speck mit
Bohnen!<<, erklärte ich und verzog das Gesicht. Während Peter in der
Küche verschwand und gleich die letzten leeren Bierflaschen aus dem Wohnzimmer
mitnahm, sagte Graham, meinen Gesichtsausdruck kenne
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