Vorsicht, frisch verliebt
werden, hatte sie gelernt, wenn er aus Trauben gepresst war, die in der ein paar Meilen östlich gelegenen Region Chianti geerntet worden waren.
Sie fand Weingläser im Schrank, nahm eins davon, rieb ein paar Wasserflecken ab, gab etwas von dem Wein hinein und trug alles hinaus in den Garten.
Während sie ihr Essen über den Kiesweg zu dem alten Tisch unter der Magnolie balancierte, erschnupperte sie die würzigen Düfte von Rosmarin und Basilikum. Zwei der drei Katzen aus dem Garten kamen ihr wie zur Begrüßung entgegen. Sie nahm Platz und ließ den Blick über die sanft gewölbten Hügel schweifen. Die gepflügten Felder, die am Morgen graubraun gewesen waren, nahmen in der spätnachmittäglichen Sonne eine herrliche Lavendelfarbe an, und Isabel seufzte angesichts von solcher Schönheit wohlig auf.
Morgen finge sie mit der Befolgung ihres Tagesplanes an. Sie brauchte sich ihre Notizen nicht noch einmal durchzulesen, um genau zu wissen, wie der Ablauf ihrer Tage in der Toskana vorgesehen war:
- 6.00 Uhr: Aufstehen
- Meditation, Dankbarkeit und tägliche positive Gedanken
- Yoga oder schneller Spaziergang
- Leichtes Frühstück
- Morgendliche Hausarbeit
- Arbeit an einem neuen Buch
- Mittagessen
- Besichtigungen, Schaufensterbummel oder andere schöne Aktivitäten (sei spontan)
- Korrektur des am Morgen Geschriebenen
- Abendessen - Inspirierende Lektüre und abendliche Hausarbeit
- 22.00 Uhr: Schlafen
- NICHT VERGESSEN, RUHIG UND GLEICHMÄSSIG ZU ATMEN!
Sie würde sich keine Gedanken darüber machen, dass sie keine Ahnung hatte, was für ein Buch sie schreiben sollte. Genau dieses Problem war der Grund für ihren Aufenthalt hier in der Toskana. Sie hatte diese Reise unternommen, um endlich ihre mentale und emotionale Blockade zu überwinden.
Der Wein war voll und fruchtig, er streichelte ihre Zunge, doch als sie sich zurücklehnte, um noch mehr zu genießen, bemerkte sie eine dünne Staubschicht auf dem Tisch, sprang auf, holte einen Lappen, wischte über den Marmor und nahm erst danach wieder zufrieden Platz.
In der Ferne schlängelte sich eine Straße wie eine bleiche Rauchfahne eine der Erhebungen hinauf. Dies war ein wunderbarer Ort ... es war geradezu unglaublich, dass sie ihn gestern noch eilends wieder hatte verlassen wollen.
Auf einem der Hügel zu ihrer Rechten bemerkte sie etwas, was möglicherweise einmal Teil eines Dorfs gewesen, nun jedoch nicht viel mehr als eine halb eingestürzte Mauer und das Überbleibsel eines alten Wachturms war. Gerade wollte sie aufstehen, um ihr Opernglas zu holen, als sie sich darauf entsann, dass sie hier saß, um sich zu entspannen.
Also atmete sie nochmals tief durch, lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück und suchte in ihrem Inneren nach Zufriedenheit und Ruhe.
Doch weder das eine noch das andere stellte sich ein.
»Signora!«
Die fröhliche Stimme gehörte einem jungen Mann, der durch den Garten auf sie zugelaufen kam. Er war Ende zwanzig oder Anfang dreißig, schlank und gut gebaut. Ein weiterer attraktiver Italiener. Ihr fielen seine leuchtend braunen Augen auf, die in einem kurzen Pferdeschwanz zusammengebundenen seidig schwarzen Haare und seine lange, elegante Nase.
»Signora Favor, ich bin Vittorio«, stellte er sich vor, als solle bereits sein Name sie erfreuen.
Lächelnd grüßte sie zurück.
»Darf ich mich kurz zu Ihnen gesellen?« Sein Akzent verriet, dass er sein leicht akzentuiertes Englisch von britischen und nicht von amerikanischen Lehrern beigebracht bekommen hatte.
»Natürlich. Möchten Sie gern ein Gläschen Wein?«
»Ah, mit dem größten Vergnügen.«
Als sie sich erheben wollte, hielt er sie jedoch zurück. »Ich war schon sehr oft hier. Ich werde alles holen. Bleiben Sie nur sitzen, und genießen Sie die Aussicht.«
In weniger als einer Minute kam er mit der Flasche und dem Glas zurück. »Ein wunderbarer Tag.« Eine Katze strich um seine Beine, als er Isabel gegenüber Platz nahm. »Aber schließlich sind hier in der Toskana alle Tage herrlich.«
»So sieht es zumindest aus.«
»Genießen Sie Ihren Besuch?«
»Sehr. Aber es ist mehr als ein Besuch. Ich werde zwei Monate bleiben.«
Anders als Giulia Chiara, Anna Vesto und die sauertöpfische Marta schien er sich über diese Neuigkeit zu freuen. »So viele Amerikaner kommen nur für einen Tag und fahren sofort weiter. Ich frage mich, wie man auf diese Weise die Toskana kennen lernen will.«
Es war schwierig, sich seinem Enthusiasmus zu verschließen, und so erwiderte
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