Vorsicht, frisch verliebt
sie lächelnd: »Überhaupt nicht.«
»Sie haben noch nichts von unserem Pecorino probiert.« Er tauchte den Löffel, der auf ihrem Teller lag, in das Töpfchen mit dem Honig und träufelte etwas auf den Käse. »Jetzt ist er so, wie wir Einheimischen ihn essen.«
Obwohl sie annahm, dass er hier war, um sie wie alle anderen aus diesem Häuschen zu vertreiben, brachte sie es nicht übers Herz, ihn in seinem Eifer zu enttäuschen. Also biss sie vorsichtig in den Käse und entdeckte, dass seine herzhafte Würze und die Süße des Honigs einander hervorragend ergänzten. »Köstlich.«
»Die toskanische Küche ist die beste der Welt. Ribollita, panzanella, Wildschweinswürste, fagioli mit Salbei, Florentiner Kutteln -«
»Ich glaube, die Kutteln lasse ich aus.«
»Lassen Sie aus?«
»Ich werde darauf verzichten.«
»Ah, ja. Möglicherweise essen wir hier mehr Teile von den Tieren als Sie in den Staaten.«
Sie lächelte, und dann plauderten sie weiter über die einheimische Küche sowie über die Attraktionen der Umgebung. Hatte sie sich schon Pisa angesehen? Was war mit Volterra? Sie musste unbedingt ein paar Winzereien in der Region Chianti besichtigen. Und was Siena anging ... die Piazza del Campo war der schönste Platz Italiens. Wusste sie, dass jeden Sommer dort das Palio, ein berühmtes Pferderennen, stattfand? Und das hoch in den Bergen liegende Städtchen San Gimignano durfte sie keinesfalls verpassen. Hatte sie es eventuell schon gesehen?
Nein, sie hatte nicht.
»Ich werde Ihnen alles zeigen.«
»O nein.«
»Aber ich bin Touristenführer von Beruf. Ich mache Touren durch die ganze Toskana und durch Umbrien. Für Gruppen und privat. Wanderungen, Restaurantbesuche, Weinproben. Hat ihnen bisher noch niemand meine Dienste angeboten?«
»Bisher waren alle zu sehr damit beschäftigt, mich von hier zu vertreiben.«
»Ah, ja. Die Abwasserleitungen. Es stimmt, Sie sind zu einer etwas ungünstigen Zeit gekommen, aber in der Umgebung gibt es viel zu sehen, und ich werde tagsüber Ausflüge mit Ihnen machen, dann bleiben Ihnen der Schmutz und Lärm erspart.«
»Ich weiß das Angebot zu schätzen, aber ich fürchte, einen Privatführer kann ich mir nicht leisten.«
»Nein, nein.« Er winkte lässig ab. »Wir werden nur fahren, wenn ich keine anderen Kunden habe, einfach als Geste der Freundschaft. Ich werde Ihnen all die Orte zeigen, die Sie nicht alleine finden. Auf diese Weise brauchen Sie sich keine Gedanken darüber zu machen, allein auf fremden Straßen unterwegs zu sein, und außerdem werde ich als Dolmetscher für Sie fungieren. Sie werden sehen, damit machen Sie ein sehr gutes Geschäft.«
Ein außerordentliches Geschäft. Ein Geschäft, das sie rein zufällig regelmäßig aus ihrem Häuschen locken würde. »So etwas kann ich unmöglich von Ihnen verlangen.«
»Es wäre mir eine Freude. Und das Benzin können Sie doch sicherlich bezahlen, oder?«
In diesem Moment erschien Marta aus ihrem Zimmer am Ende des kleinen Hauses, schnitt ein paar Basilikumblätter ab und verschwand in der Küche.
Vittorio nippte an seinem Chianti. »Morgen zum Beispiel habe ich frei. Würden Sie als Erstes vielleicht gern nach Siena fahren? Oder nach Monteriggioni? Ein wunderbares Städtchen. Dante schreibt darüber in seinem Inferno.«
Bei der Erwähnung dieses Namens begann ihre Haut zu prickeln. Doch Dante, den Gigolo, gab es ja gar nicht. Nur Lorenzo Gage, einen schauspielernden Playboy, der ihr Komplize bei ihrem schändlichen Treiben gewesen war. Nun, da sie ihn kannte, fiel es ihr nicht mehr schwer zu glauben, dass die arme Karli Swenson von ihm in den Selbstmord getrieben worden war. Isabel würde alles unternehmen, um ihm nie wieder zu begegnen.
»Eigentlich bin ich hier, um zu arbeiten, und morgen fange ich damit an.«
»Arbeiten? Das ist wirklich schade. Tja, aber wir alle müssen unsere Pflicht tun.« Er bedachte sie mit einem gutmütigen Lächeln, leerte sein Glas, zog einen Zettel aus der Tasche und schrieb eine Telefonnummer darauf. »Falls Sie irgendetwas brauchen, rufen Sie mich an.«
»Danke.«
Er grinste breit, erhob sich und ging fröhlich winkend davon. Zumindest war er willens, sie durch Charme dazu zu bringen, dass sie das Haus verließ. Oder er meinte es tatsächlich nur gut, und sie reagierte völlig grundlos misstrauisch auf den Besuch. Sie griff nach Yoganandas Autobiografie eines Yogi , schlug jedoch nach kurzer Zeit stattdessen ihren Reiseführer auf. Sicher wäre es früh genug, wenn
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