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Vorsicht Nachsicht (German Edition)

Vorsicht Nachsicht (German Edition)

Titel: Vorsicht Nachsicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. C. Lelis
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tief durchatmet, dann sieht er mich wieder an. Seine Augen sind immer noch so kalt wie zuvor. Mir zieht sich alles zusammen bei ihrem Blick. Wir sind also noch nicht fertig. Dabei hatte ich schon zu hoffen begonnen.
    »Ich habe mit Jeremy geschlafen.«
    Ich sehe ihn an. Blinzle. Dann kann ich ihn nicht mehr ansehen und wende meinen Blick ab. Er tastet ruhelos durchs Zimmer, ohne dass ich noch etwas wahrnehme.
    »In Berlin.«
    Seine Worte machen zunächst keinen Sinn. Vielleicht, weil ich ihren Sinn nicht begreifen will. Aber ich kann es nicht ewig hinauszögern. Mit dem Begreifen sucht mich ein schreckliches Gefühl heim. Alles zieht sich in mir zusammen. Mein Herz schmerzt, als würde es nicht mehr schlagen wollen. Mir wird schlecht. Während meine Hände sich plötzlich eiskalt und klamm anfühlen, brennt hinter meinen Augen eine gewaltige Hitze. Und alles was ich denken kann ist: ‚Nein‘.
    Nein, nein, nein ! Das ist nicht wahr!
    »Ich dürfte mich also eigentlich gar nicht aufregen«, sagt Kilian sachlich. »Steht mir nicht zu, oder?«
    Nein. Reiß dich zusammen Ruben. Nicht heulen. Ich schließe die Augen, um die Tränen zurückzuhalten. Es ist mir zweimal gelungen. Ich werde auch dieses Mal nicht heulen. Es war doch abzusehen. Schon als er nach Berlin gefahren ist.
    Meine Kehle schnürt sich zu. Mein Herz krampft immer noch. Ich verberge das Zittern meiner Hände, indem ich sie ineinander verschränke. Jetzt kann ich nicht einmal atmen. Ich muss weg, sonst ersticke ich.
    »Vergibst du mir?«, erkundigt sich Kilians Stimme von weit weg.
    Ich nicke.
    »Ernsthaft?«
    Ich nicke und schlucke mühsam. Aber ich kann nichts sagen. Ich muss wieder schlucken.
    »Es macht dir also nichts aus?«, will Kilian wissen. Seine Stimme klingt plötzlich wieder schneidend.
    Ich schüttle den Kopf. Gott, ich will ihn nicht verlieren.
    Stille. Kilian sagt auch nichts mehr. Ich kann ihn nicht ansehen. Plötzlich höre ich seine Schritte. Er geht an mir vorbei, lässt mich einfach sitzen und schließt die Tür mit einem lauten Knall hinter sich.
    Ich ringe nach Luft. Es tut weh. Ich kriege nicht mehr genug Sauerstoff in meine Lungen. Sie brennen. Zittrig öffne ich den Mund, um so nach Luft zu schnappen. Aber dadurch verliere ich gänzlich die Beherrschung. Ich spüre, wie mir die Tränen aus den Augen quellen, doch ich kann sie nicht länger zurückhalten. Mein ganzer Körper bebt vor Anspannung. Ich bekomme immer noch keine Luft und mein Herz wird in meiner Brust zerquetscht. Es ist, als wäre mein ganzer Brustkorb zusammengedrückt und meine Organe hätten nicht mehr genug Platz in mir. Sie wollen raus. Alles will raus.
    Mühsam versuche ich noch einmal einzuatmen und schließe meine heißen, feuchten Augen, um mich darauf zu konzentrieren. Es entsteht ein furchtbares Geräusch. Kein Schluchzen. Nicht direkt. Ich ersticke wirklich. Panisch krallen sich meine Hände in meine Oberschenkel. Immer noch zitternd beuge ich mich vor. Weitere Tränen strömen mir übers Gesicht, ohne dass ich sie aufhalten kann.



 
     
    Plötzlich wird die Tür wieder aufgerissen.
    »Verdammt, das kann wirklich nicht dein –« Kilian stockt mitten im Satz.
    Ich versuche noch mehr, mich wieder unter Kontrolle zu bekommen, aber das Zittern hört nicht auf und meine Lungen verlangen nach Sauerstoff. Mein ganzer Körper verlangt danach. Das Stechen in meinem Herzen wird immer schlimmer.
    »Ruben«, höre ich Kilians Stimme bestürzt hauchen. Dann ist er auch schon bei mir und streichelt mir fest den Rücken. »Ruhig. Schhhh…«
    Es geht nicht. Aber durch seine Hand löst sich wenigstens ein Teil der Anspannung. Scheu wende ich mich von ihm ab, fahre mir mit der Rückseite meiner immer noch verkrampften Hand über die Augen. Heulen ist was für Schwächlinge. Ich will nicht, dass er mich so sieht. Jetzt fühle ich mich noch erbärmlicher. Mit einem Schluchzen gelingt es mir endlich einzuatmen und Sauerstoff erreicht meine Lungen. Die Tränen hören nicht auf. Auch das krampfhafte Zusammenziehen meines Brustkorbes nicht. Aber ich kann atmen und konzentriere mich krampfhaft darauf.
    »Es tut mir leid. Es tut mir leid…« Erst nach einer Weile nehme ich Kilians Flüstern war. Er lehnt an meinem Rücken und streicht mit flacher Hand beruhigend über meine Brust. »Ich hab' nicht mit Jeremy geschlafen, hörst du? Ich hab' nicht… Es war ein dummer Test. Es tut mir leid. Ich musste einfach sichergehen… Es tut mir so leid.«
    Allmählich beruhige ich mich.

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