Vorsicht Nachsicht (German Edition)
Nach dem ganzen Gerede von eben, dachte ich, wir wären inzwischen weiter. Um das mal für mich zusammenzufassen: Was will er eigentlich von mir? Er hat doch gesagt, dass es ihm gut tun würde, mit mir zusammen zu sein, dass ich mich entscheiden soll, ob ich es trotz der ganzen Scheiße mit ihm wagen will. Ich will. Ich bin verknallt. Wieso sind wir dann noch nicht zusammen?
»Hey…« Sein Finger stupst mir unters Kinn, damit ich ihn ansehe. »Ich bin… Ich will dir nur nichts versprechen. Eigentlich will ich es ernsthaft mit dir probieren. Und eigentlich will ich auch keine offene Beziehung, weil es dann ja auch für dich gelten würde. Ich will nicht, dass dich irgendjemand außer mir anfasst. Allerdings: Ich war noch nie treu. Keine Ahnung, ob ich das schaffe und ich will dich nicht enttäuschen, darum kann ich dir auch nichts versprechen.« Immerhin ist er ehrlich. »Allerdings würde ich es in deinem Fall versuchen.«
»Also: feste Beziehung?«
»Es ist meine erste… Können wir das bitte nicht so nennen?« Er verzieht das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
Ich muss lächeln. »Meine auch.«
»Tatsächlich?« Er grinst plötzlich. »Dann können wir ja beide sehen, wie wir damit zurecht kommen.«
»Mhm«, murmle ich dumm und starre auf seinen schönen Mund. Der merkt es, lächelt und kommt meinem wieder ganz nahe.
»Ich hab dich lieb«, sagt Killian leise und drückt den schönen Mund auf meinen. Eine ganze Weile küssen wir uns, ohne mehr zu machen oder zu wollen. Irgendwann trennen wir uns atemlos und lächeln uns blöde an.
Dann will Kilian plötzlich wissen: »Sag mal, hast du heute eigentlich schon etwas Anständiges gegessen?«
»Äh…« Wann denn bitteschön? Ich hatte verständlicherweise keinen Appetit nach dem ganzen Terz.
Kilian rollt mit den Augen und steht auf. »Also nein? Warte, ich mach dir schnell etwas.«
»Eigentlich habe ich gar keinen…«
»Du kannst auch mitkommen.« Und weg ist er.
Frustriert setze ich mich ebenfalls auf und schlurfe ihm hinterher. »Bin ich dir zu dünn?«
»Nein, aber du musst mehr auf dich achten. Was hast du denn heute gegessen?«
»Hm…« Ich überlege angestrengt. »Einen Müsliriegel und einen Apfel.«
»Machst du Diät oder bist du magersüchtig?« Er klingt milde entsetzt.
Verlegen schaue ich zu Boden. »Ich vergesse es eben manchmal.«
»Magst du Brot? Ich habe ganz frisches da. Oder soll ich uns noch schnell einen Salat machen?«
»Brot reicht völlig.«
»Magst du lieber Käse oder Wurst?«
»Egal.«
Er schmiert mir etwas und lässt sich nicht mal helfen. Schließlich macht er sich auch noch selbst eine Scheibe, um mir Gesellschaft zu leisten. Zusammen setzen wir uns an seinen Tisch und beginnen zu essen.
»Bleibst du über Nacht?«
»Eigentlich muss ich morgen zu dem Familiending.«
»Hattest du erwähnt«, erinnert sich Kilian. »Wann noch mal?«
»Um elf muss ich bei meinen Eltern sein.«
»Na, das sollten wir hinkriegen«, findet Kilian. »Ich habe auch noch eine Ersatzzahnbürste für dich.«
»Aber ich habe keine Sachen dabei und so kann ich nicht hin.«
»Ich kann dich mit dem Auto zu dir fahren, du ziehst dich um und dann bringe ich dich zu deiner Regierung.«
»Regierung?«, wiederhole ich halb belustigt. Ist das ein Versuch, zwölf Jahre jünger zu erscheinen, oder hat man das vor zwölf Jahren so gesagt?
Kilian grinst nachsichtig und zuckt mit den Schultern. »Deine Eltern.«
»Hab ich mir schon gedacht.«
»Also? Machen wir es so?«, hakt er nach. »Keine Angst, ich lasse dich nur raushüpfen, du musst mich nicht vorstellen. Gott bewahre…«
Alleine der Gedanke bringt mich Lachen: Ich meinen Eltern meinen Freund vorstellen. Meinen Freund Kilian. Stimmt, das ist er ja jetzt. Seit einer halben Stunde. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Schlag. Ein schöner, angenehmer Schlag. Wow, ich habe einen Freund.
»Hey, was ist daran so lustig? Du grinst ja von einem Ohr zum anderen.«
»Nichts«, behaupte ich und reduziere es zu einem Lächeln. »Meine Eltern würden da nicht so optimal drauf reagieren.«
»Nicht?« Er lächelt zurück und beißt sich dann kurz auf die Unterlippe. Seine Augenbrauen hüpfen nach oben. »Du hast dich doch schon vor ihnen geoutet, oder?«
»Ja.«
»Und?«
»Na ja, darauf haben sie auch nicht optimal reagiert.«
»Uh…«, raunt er mitfühlend. »Das tun ja die wenigsten. Meinen Eltern habe ich es erst mit sechsundzwanzig gestanden. Sie waren ganz entspannt, haben sich
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