Vorsicht Niemandsland
Partikel-Strahldüse zu erzeugen. Wenn der Plasmastrahl nur für den Bruchteil einer Sekunde mit dem materiell stabilen Werkstoff in Berührung gekommen wäre, hätte sich unser Raumfahrzeug schon dicht über der Abschußrampe in ein verglühendes Gebilde verwandelt.
»Schön ruhig bleiben, Taly. Es geht vorüber«, sagte ich mit gezwungenem Lächeln.
Sekunden später schrillten die Warnglocken. Die Einspritzpumpen begannen metallisch zu klicken. Das Arbeitsgeräusch der anlaufenden Reaktor-Brennkammer, in der das spaltfreudige Plasma zur Reaktion gezwungen wurde, war zu vernehmen.
Das Tosen steigerte sich. Auf den Bildflächen sah ich den weißglühenden Plasmastrahl in den Ansaugschacht der Startrampe jagen. Wir hoben fast ruckfrei ab; gleich darauf erfolgte auch schon der Andruck.
Das Donnern hinter der Strahlschutzwand des Maschinenraumes nahm noch zu. Eine unsichtbare Gewalt preßte mich in das Konturlager. Es war wie immer: qualvoll und durchaus dazu geeignet, den letzten Funken von Idealismus zu ersticken.
Ich dachte an die enthusiastischen Träumer und pseudowissenschaftlichen Besserwisser, die in der Raumfahrt nur herrliche Abenteuer und berauschende Erlebnisse sahen.
Diese Theorien stimmten mit der Wirklichkeit nur teilweise überein. Die Eroberung und Erforschung des Weltraums ist ein gewaltiger Schritt in der Entwicklungsgeschichte der Menschheit. Wagemutige Männer setzen ihr Leben und ihre Gesundheit immer wieder aufs Spiel, um die erreichten Erfolge zu festigen und fortzuführen und die Sicherheit der Erdbewohner zu garantieren.
Für alle Menschen, die bisher die irdische Schwerkraft überwunden hatten, war dieses Erlebnis mit großen Strapazen und Angstgefühlen verbunden gewesen. Von einem reinen Vergnügen konnte man keineswegs sprechen.
Auch mir war wenige Augenblicke nach dem Start nicht danach zumute, auf die Bildfläche zu sehen, um die langsam kleiner werdende Erde zu bewundern, unseren blauen Planeten. Ich sehnte das Ende der Prozedur herbei und war froh über jede verstreichende Sekunde, die mich diesem Ziel näherbrachte. In solchen Situationen werden Augenblicke zu Ewigkeiten, denn je höher die Beschleunigungswerte ansteigen, um so stärker werden die Belastungen, die auf den Körper einwirken.
Ich hörte das infernalische Tosen der Reaktions-Brennkammer, in der das verflüssigte Kernplasma angegriffen wurde. Wir ritten auf einem sehr dichten, schubstarken Partikelstrahl mit einer Ausströmgeschwindigkeit von 10.000 km/sec dem Weltraum entgegen. Wenn man das hört und die Belastung bis zum Fünfzehnfachen des normalen Körpergewichtes spürt, dann vergehen den Betroffenen verständlicherweise die Illusionen von amüsanter Weltraumfahrt und lachenden Astronauten.
Wenn Sie einmal auf dem Andrucklager eines mit fünfzehn Gravos startenden Raumschiffes liegen sollten, werden Sie sich bestimmt an meine Worte erinnern.
Taly verlor schon nach wenigen Augenblicken die Besinnung; bei einem Wert von nur 9,8 Gravos. Wir gingen aber höher, auf etwa über 15 g. Ich mußte die Qualen bis zur Neige auskosten. Infolge des absolvierten Zentrifugentrainings wurde mir die erlösende Bewußtlosigkeit verwehrt.
Im ersten Schubeffekt des intermittierenden Triebwerks erreichten wir die Fluchtgeschwindigkeit von fast 11,5 km/sec. Nach einer Drosselpause von genau fünfundfünfzig Sekunden begann das zweite Beschleunigungsmanöver. Wieder wurde ich vom Moloch Technik bis zur Grenze der organischen Leistungsfähigkeit geschunden. Die dritte Phase raubte mir
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