Vorsicht, Zickenzone
Lässt man es im Kreise Betroffener fallen, erntet man Beileidsbekundungen oder unterdrückte, wissende Lospruster. Denn Elterninitiativen sind nicht der Sechser im Kindergartenplatz-Lotto, wie man anfangs dachte. Nein, sie sind hochbrisante Kriegsschauplätze. Doch das wird einem erst Monate später klar. Wenn das schöne Konstrukt der Elternmitbestimmung aus den Fugen gerät und zum Alptraum durchwachter Nächte wird. Weil unterschiedliche Interessen, Meinungen und Eigenheiten aufeinanderprallen. Ãberforderung, Perfektionismus, Gutmeinertum und Macht ein Thema sind. Dabei beginnt das Ganze für viele so vielversprechend.
Die wenigsten Eltern sind Ãberzeugungstäter. Meist treibt einen ein fehlender Kindergartenplatz in die Arme der Initiative. Wenn alle städtischen Kindergärten »Nein« zu deinem Kind sagen, ist man umso glücklicher, wenn man nach Infoabend und schriftlicher Bewerbung inklusive Bild von Kind und Eltern dort nach einem Vorstellungsgespräch ein: »Ja!« erhält. Ein »Ja!« Fast beseelt unterschreibt man den Vertrag, überweist 700 Euro Kaution und einen Monat im Voraus und ist »Mitglied«. Das hat Pflichten: Es muss an Mitgliederversammlungen teilnehmen und gelegentlich Elterndienste leisten. Dass jedes Elternteil ein Amt zu übernehmen hat, ist vielen bis dato nicht klar.
Auch nicht, dass Mitgliederversammlungen sich wie Kaugummi ziehen und bis in die Puppen gehen. Davon kann jeder ein Lied singen, der einer Elterninitiative angehört. Bis zum hohen H für »Hilfe!« Ich kenne Mütter, die von bis zu 2 Uhr (!) sprachen. In solchen Runden werden nicht die wichtigsten Punkte abgehandelt. Schnell und produktiv, wie man sich das wünschen würde. Sondern es wird in endlosen Diskussionen zum Teil Geschmacklichkeiten, Egos und Selbstdarstellungspossen gefrönt. Neulinge haben nichts zu melden. Mit dem Argument: »In einem Jahr könnt ihr mitreden« werden sie schon mal niedergebügelt. Bis dahin also Stillschweigen und die Dinge wirken lassen, capito! Trotzdem wollen die Neuen beim Thema Betreuungszeiten, Essen und Rausgehen mitreden. Hey, auch wennâs unseren Abend kostet, warum haben die nicht das Recht, einen weiteren Bio-Caterer, den, den sie von ihrer Krippe her kennen, ins Spiel zu bringen? Neue Ãffnungs- und Bringzeiten und ihre Ideen zu Englischkursen und weiteren Fortbildungen? Sind schlieÃlich alles zahlende Mitglieder und um das Wohl ihrer Kinder besorgt. Was können sie dafür, dass wir das alles schon durchgekaut haben und umso hibbeliger auf den Kindergartenstühlchen hin- und herrutschen, je länger die Versammlung dauert? Da helfen auch keine weitere Flasche Schaumwein, keine Schokomandeln, Chips und Flips. Meist ist es dann ein genervtes älteres Mitglied, das dem Ganzen Einhalt gebietet und mit dem Killerargument: »Ha ben wir alles probiert« einen Schlussstrich zieht.
»Die Führungsstile, die hier aufeinanderprallen, die sind Zündstoff pur: Laisser-faire, militant-autoritär, fürsorglich-vergluckt. Da wird Macht demonstriert und gemobbt, dass sich die Balken biegen«, sagt Tanja, die das Problem »Mitgliederversammlungen« kennt. Von wegen hehrer Gemeinschaftsgedanke und gemeinsam sind wir stark. Wer faucht am besten, ist da oftmals die Devise und: Ich racker mehr als du!
Beim Engagement treffen Welten aufeinander. Für die einen werden die kleinen Dienste, ob ausgewählt oder angedient, zur regelrechten Lebensaufgabe. Und wenn es nur um den Osterbazar geht. Die anderen nehmen ihre Aufgabe zwar ernst, aber nicht ernst genug. Hat man an einem Elternabend gefehlt, weil sich das Kind dauerübergab, der Gatte im Ausland weilte und der Babysitter in der Abendschule, wird man sofort wie eine Aussätzige behandelt: »Na, du warst ja letztes Mal nicht da. Da kannste jetzt nicht mehr mitreden.« Was so viel heiÃen sollte wie: »Fehlst du noch einmal, bist du keine mehr von uns. Und überhaupt: Warum hat die Oma, Nachbarin, Putzfrau ... nicht auf dein Kind aufgepasst an soooo einem wichtigen Termin?«
Und weil Frisch-Entzweite als Alleinerziehende nicht wie zwei Eltern zu verplanen sind und man mehr Rücksicht nehmen müsste, sind sie für die Gemeinschaft untragbar. Auch solche Argumente werden in Mitgliederversammlungen abgefeuert, vor allem wenn die Nerven wegen einer lange andauernden Personaldelle blank liegen. Dann bangt man um die
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