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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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ich anders«, sagte Theo.
    Sein Vater sah ihn verwundert an. »Mich hat noch nie jemand gefragt, ob ich glücklich bin«, sagte er. »Es geht doch nur um Funktionieren.«
    »Nein, Pa. Das glaube ich nicht.« Theo sah seinen Vater an, der sehr traurig aussah in diesem Augenblick. Beinah verzweifelt.
    Theo hatte auf einmal das Gefühl, ihn lieb zu haben. Viel lieber als bisher angenommen.
    »Hol uns noch ein Bier, Junge«, sagte sein Vater.

    Seine Mutter kam spät nach Hause. Theo lag schon im Bett. Er hatte erwartet, laute Stimmen zu hören, einen Streit. Doch es blieb still.

Sarah
    S arah wurde in einem weißen Sarg beerdigt, wie man ihn für Kinder wählt. Ihre Mitschüler hatten Levkojen gebracht und Bartnelken, die Blumen des Junis. Ihre Lehrerin hielt Wicken in den Händen. Wicken seien wie Schmetterlinge, sagte die Lehrerin.
    Schmetterlinge waren kurzlebige Wesen. Sie huschten vorbei.
    Vielleicht fand die Lehrerin diesen Vergleich passend.
    Sarahs Eltern standen zu sehr unter Beruhigungsmitteln, um zu weinen und zu schreien. Sie sahen nur entsetzlich gequält aus.
    Von Sarahs Mörder gab es keine Spur.
    Lüttich hatte keine Blume in der Hand gehabt. Er stand dort in seinem leichten Anzug, der völlig unpassend für eine Beerdigung war. Lüttich staunte, dass das gute Wetter hielt.
    Es gab DNA-Spuren, doch sie führten nirgendwohin.
    Diese Leute hier sahen alle unverdächtig aus.
    Was hätte sie verdächtig machen können? Ein Zittern in den Händen, als sie die Schaufel mit der Erde hielten? Alle hatten gezittert.
    Er stieg in sein Auto und verließ den Friedhof Finkenriek im südlichen Hamburg, um an das andere Ende der Stadt zu fahren und einen Mann zu treffen, der beinahe seine Frau getötet hätte.

Spuren
    A uf der alten Landstraße, dort wo der Wirtschaftsweg in den Wald führte, standen die blausilbernen Wagen der Polizei. Sie durchkämmten noch einmal den Wald. Trupp für Trupp gingen sie durch den Wacholder und die Waldveilchen. Schritt für Schritt an den Farnen vorbei.
    Morgen würde die Sperrung des Waldstückes aufgehoben werden.
    Einer der Polizisten bückte sich, wo seine Kollegen sich schon oft gebückt hatten. War es erst jetzt dahingeweht worden, dieses Haar, das in einer der ersten stacheligen Früchte des Waldmeisters hing?
    Kein helles Haar wie das von Sarah. Nicht rötlich wie das Fell von Troll.
    Dunkel, dieses Haar. Im Labor würden sie bald feststellen, dass es das Haar eines Mannes war.

    Lüttich stellte den Motor aus und betrachtete das Haus. Eines dieser Giebelhäuser, die in den Fünfzigerjahren gebaut worden waren. Kein Rotklinker, wie in Ham-burg üblich, sondern rau verputzt in einem Grau, das schmutzig aussah. Eine ganze Siedlung von Giebeldächern.
    Die weiter vorne zum Wald hin lagen, sahen noch wohlhabend aus, doch hier hinten wirkten sie beinah heruntergekommen.
    Eine Gardine bewegte sich an einem Fenster im Erdgeschoss.
    Seine Ankunft war bemerkt worden. Lüttich hatte sich angemeldet bei den beiden, die vor vier Jahren in einen so heftigen ehelichen Streit geraten waren, dass der Mann nicht aufhörte, mit seinen Daumen auf den Hals der Frau zu drücken.
    Damals hatten sie noch nicht in dieser Straße gelebt, sondern im angrenzenden Stadtteil. Doch das hier sah nicht nach einem gelungenen Neuanfang aus. Der k leine Vorgarten war verwahrlost, leere Bierkästen stan den an der Hausmauer. Auf dem Stück Wiese lag Müll.
    »Wir haben nichts damit zu tun«, sagte die Frau, kaum dass sie die Tür geöffnet hatte. »Mein Mann war die ganze Zeit hier.«
    »Welche ganze Zeit?«, fragte Lüttich.
    »Na, der Montag, an dem das Mädchen gefunden worden ist.«
    Nein. Lüttich glaubte auch nicht, dass der Mann, der sich nun hinter den Rücken seiner Frau schlich, mit der Toten im Wald zu tun hatte. Auch wenn Sarahs Todeszeit, auf die sich der Rechtsmediziner festlegte, der Sonntagabend gewesen war.
    Das hier war eine ganz andere Geschichte.
    »Sie ist am Sonntagabend getötet worden«, sagte Lüttich.
    »Ich war die ganze Zeit hier«, sagte der Mann.
    »Dass Sie einen für immer auf dem Kieker haben, nur weil mal was passiert ist«, sagte die Frau.
    »Immerhin waren Sie das Opfer damals«, sagte Lüttich. »Wer kann noch bestätigen, dass Ihr Mann am Sonntagabend hier war?«
    Der Mann senkte den Kopf. »Sie müssen uns schon glauben«, sagte er und sah seine Frau an, als warte er, ob es nun Lob oder einen Tritt gäbe.
    Die Unterwürfigkeit dieses Mannes tat weh. Eigentlich kein Wunder,

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