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Vorstadtprinzessin

Vorstadtprinzessin

Titel: Vorstadtprinzessin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carmen Korn
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nahm ein Blatt Papier aus der Schublade und seinen Füller aus dem Mäppchen.
    »Lade dich morgen ins Lichtgrün ein«, schrieb er darauf, »Leni wird uns nicht auseinanderbringen.« Er faltete das Blatt und steckte es in einen Umschlag. Beinah schon eine Beschwörung, dieser Brief.
    Den würde er Lucky vorbeibringen. Mia oder Luckys Mutter waren wohl zu Hause am Sonntagabend und selbst ein kurzer Brief machte doch mehr her als eine SMS auf Luckys Handy.

    Der Kommissar verbrachte den Sonntag in den Wäldern. Er wanderte von dem kleineren dunklen Wald in den großen. Betrachtete die gelben Blumen und wusste nicht, dass es der Goldhahnenfuß war. Auch das Kleine Springkraut erkannte er nicht. Lüttich war kein Botaniker.
    Er grüßte die Spaziergänger, die ihm entgegenkamen und die eher älter waren. Das eine und andere Kind dabei. Keine jungen Mädchen.
    Lüttich entdeckte die Konditorei und entschied sich nach einem Zögern gegen den Erdbeerkuchen und wählte den mit Rhabarber. Fand einen freien Tisch auf der Terrasse und bestellte ein Kännchen Kaffee. Vergnügte Gäste um ihn herum, die diesen hellen Sommertag genossen. Und er ein alleinstehender Kriminalkommissar mit dunklen Ahnungen. Gegen sechs fuhr er nach Hause und setzte sich auf den Balkon.
    Aus dem Garten gegenüber kam Kinderlachen. Was hatte er gedacht, als er vor Sarahs Leiche stand? Dass er dankbar sei, keine Kinder zu haben? Lüttich schüttelte den Kopf. Er hatte etwas versäumt und das tat ihm leid. Der Mensch sollte sich nicht verweigern. Aus lauter Angst, zu verlieren, was man liebte.
    Gegen neun klingelte das Telefon. Er hatte sich gerade ein Glas Wein eingeschenkt. Nummer unbekannt sagte das Display des Telefons. Er drückte die Taste mit dem kleinen grünen Telefon und hörte ein Lachen. Das Lachen eines Mannes, der sich einen Scherz machte.
    Gegen elf rief er den Kollegen an, der in dieser Nacht Dienst hatte.
    »Irgendwas Auffälliges?«, fragte Lüttich.
    »Sind dir die Messerstechereien auf dem Kiez auffällig genug?«
    »Tote?«
    »Ein Halbtoter.«
    Warum fiel dem Kommissar Dirk Kringel ein? Weil er aussah wie ein Vampir? Wie ein Untoter?
    »Keine Mädchenleiche?«, fragte Lüttich.
    »Suchst du eine?«, entgegnete sein Kollege.
    Sarah war an einem Sonntagabend getötet worden und an einem Montag gefunden. Vor vierzehn Tagen. Morgen war Mittsommer.
    »Bitte informiere mich, wenn irgendwas Auffälliges passiert«, sagte Lüttich.
    »Klar. Du bist doch unser Experte für Mädchenmörder.«
    Klang da Spott in der Stimme des Kollegen? Lüttich galt als einer, der sich festbiss. Weniger Wohlwollende nannten es »Vertüddeln«. Doch er war wirklich keiner, der die Fälle schnell wegarbeitete.
    Die Nacht blieb ruhig. Auch am nächsten Vormittag lag nichts Alarmierendes auf seinem Schreibtisch. Nur eine Notiz von acht Uhr zehn. Petersen bat um einen Anruf. Ihm sei noch was eingefallen.
    Der alte Kommissar war schon immer ein Frühaufsteher gewesen.
    Lüttich gab Petersens Nummer ein und hatte ihn gleich am Apparat.
    Der Alte kaute was Krosses. Ein Brötchen vermutlich.
    »Ich will Sie nicht beim Frühstück stören.«
    »Ist schon das zweite«, knurrte Petersen. »Geht um den Kleinen, den Jan Ellerbek im Wald vergraben hat. In seiner Grube war ein Tier und hatte angefangen, an dem Jungen zu nagen. Wollte es Ihnen nur sagen. Weiß auch nicht, warum ich das für wichtig halte nach all den Jahren.«
    »Was für ein Tier?«, fragte Lüttich.
    »Ein Baummarder war es wohl. Gab auch Spuren von einer Ratte.«
    »Das Kind muss doch total traumatisiert gewesen sein.«
    »Vor vierzig Jahren hat man da noch nicht viel Heckmeck gemacht«, sagte Petersen. »Damals fing alles erst an mit der Psychologie bei uns.«
    »Danke, dass Sie mich angerufen haben«.
    »Vergessen Sie nicht die Schimmelmannstraße. Meine Frau macht erstklassige Rhabarberkuchen. ›Tarte‹ nennt sie die jetzt.«
    Lüttich lächelte. »Ich komme bald«, sagte er und beschloss, noch mal in den Wald zu gehen. Am besten gleich.

    Lucky hatte gestern nicht mehr nach Max gefragt. Leni war in einen Rausch gekommen, und das hatte nicht nur der Sekt bewirkt, den sie allein trank. Im Nachhinein erschien es Lucky, als habe sie es darauf angelegt, alles um sich herum zu vergessen. Auch ihn.
    Am Ende dieses Sonntages hatte er Leni nach Hause gefahren, sie zur Tür begleitet und gewartet, bis sie aufgeschlossen hatte. Vielleicht dachte ihr Vater jetzt, dass Lucky einer war, der Leni in diesen Zustand

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