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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Vox-Core gegen die Finsternis. Wie Glühwürmchen schwärmten kleinere Lichter aus den hoch gelegenen Aerodromen: Flugmaschinen, bewaffnet, tödlich.
    »Hier sind wir! Kommt uns holen!«, hörte ich mich in den Lärm brüllen. Das oder etwas ähnlich Dummes. Treyas Loyalität bahnte sich ihren Weg.
    Und dann fiel der tödliche Regen, und die Farmer begannen zu sterben.

5
    SANDRA UND BOSE
    Sandra machte kreativen Gebrauch von der Stunde, die ursprünglich für das nächste Gespräch mit Orrin vorgesehen war, und genehmigte sich gleich zwei Stunden Mittagspause. Das Restaurant, in dem sie sich verabredet hatten, war gut gefüllt mit den Angestellten des Teppich-Großhändlers auf der anderen Seite des Highways, doch sie fand noch einen etwas abgelegenen Tisch hinter einem Plastikbaum. Hier war es still genug, um sich zu unterhalten. Bose nickte beifällig, als er auf sie zusteuerte.
    Er trug keine Uniform. Jeans und weißes Hemd, das seine Gesichtsfarbe betonte, standen ihm besser, dachte Sandra. Sie fragte ihn, ob er im Dienst sei.
    »Ja. Aber ich trage nicht immer Uniform. Ich arbeite auch für das Morddezernat.«
    »Wirklich?«
    »Das ist nicht so spektakulär, wie es sich anhört. Das Houston Police Department wurde nach dem Spin massiv umstrukturiert. Dezernate wurden ab- und aufgebaut, als wären es Legosteine. Ich bin kein Ermittler, ich mache nur Routinearbeit. Ich bin relativ neu in der Abteilung.«
    »Und was hat das alles nun mit Orrin Mather zu tun?«
    Er runzelte die Stirn. »Will ich gerne erklären, aber können wir erst über das Dokument reden?«
    »Sie sagen das Dokument, nicht Orrins Dokument. Sie glauben also nicht, dass er es geschrieben hat?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Mit anderen Worten, Sie halten sich so lange bedeckt, bis Sie meine Meinung gehört haben. Na gut, fangen wir mit dem Naheliegendsten an. Die Seiten, die Sie mir geschickt haben, scheinen eine Abenteuergeschichte zu sein, die in der Zukunft spielt. Das Vokabular geht weit über das hinaus, was ich bisher von Orrin gehört habe. Die Geschichte ist nicht besonders anspruchsvoll, zeigt aber eine Palette menschlichen Verhaltens, die nuancierter ist als alles, was Orrin in unserem kurzen Gespräch demonstriert hat. Und wenn die Texte nicht korrigiert wurden, liegen Grammatik und Interpunktion deutlich über seiner verbalen Kompetenz.«
    Bose nickte. »Aber festlegen wollen Sie sich noch nicht?«
    Sie überlegte. »Das stimmt.«
    »Warum?«
    »Aus zwei Gründen. Der eine hat mit den Umständen zu tun. Es scheint auf der Hand zu liegen, dass Orrin nicht der Autor ist, aber warum macht er ein Geheimnis daraus und warum fragen Sie mich nach meiner Meinung? Der zweite Grund ist fachlicher Natur. Ich habe mich mit vielen Leuten unterhalten, deren Persönlichkeit auf die eine oder andere Weise gestört war, und daraus gelernt, nie dem ersten Eindruck zu folgen. Psychopathen können charmant sein, und Paranoiker können absolut vernünftig wirken. Es ist gut möglich, dass Orrins Eigentümlichkeiten erlernte Reflexe oder sogar absichtliche Täuschung sind. Vielleicht will er, dass wir ihn für weniger intelligent halten, als er es tatsächlich ist.«
    Bose setzte ein irritierend kryptisches Lächeln auf. »Gut. Ausgezeichnet. Und der Text selbst? Was halten Sie davon?«
    »Wie gesagt, ich bin kein Literaturkritiker. Aus ärztlicher Sicht fällt mir allerdings auf, wie sehr es darin um Identität geht, insbesondere gemischte Identitäten. Es gibt zwei Ich-Erzähler – beziehungsweise drei, denn die junge Frau weiß ja nicht genau, wer sie wirklich ist. Und auch der männliche Erzähler hat eigentlich keine Vergangenheit. Außerdem fällt auf, wie intensiv sich die Geschichte mit den Hypothetischen befasst – es ist sogar von einer möglichen Interaktion zwischen uns und den Hypothetischen die Rede. In der Realität – wenn Leute behaupten, sie könnten mit den Hypothetischen reden – ist das ein Indikator für Schizophrenie.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Orrin, falls er den Text geschrieben hat, schizophren sein könnte?«
    »Nein, ganz und gar nicht. Ich sage nur, dass man das Dokument so lesen kann. Aus dem Bauch heraus würde ich ihn eher im autistischen Spektrum ansiedeln. Ein Grund mehr, warum ich nicht ganz ausschließen kann, dass er den Text selbst verfasst hat. Hochbegabte Autisten sind häufig eloquente und präzise Schriftsteller, während sie im sozialen Miteinander geradezu hilflos sind.«
    »Okay«, sagte Bose

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