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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Operation vorbereiten – gegen ihren erklärten Willen. Das ist keine Kleinigkeit.«
    »Die Frau, die Sie als ›eine Freundin‹ bezeichnen, wurde während des Farmeraufstands schwer verletzt. Sie waren Zeuge dieser Misshandlung, richtig? Und Sie haben versucht, es zu verhindern, richtig?«
    Es war typisch, dass Oscar es mit irgendeinem legalistischen Argument versuchen würde, so wie er sich mit alten Paragrafen und Verordnungen bestens auskannte. Aber Turk ignorierte ihn und wandte sich mir zu. »Bist du okay?«
    » Noch bin ich okay. Aber nicht mehr, wenn sie mir das Ding wieder eingesetzt haben.«
    »Das ist Unsinn«, sagte Oscar. »Das weißt du sehr gut, Treya.«
    »Ich heiße nicht Treya.«
    »Natürlich heißt du Treya. Deine Selbstverleugnung ist symptomatisch. Du leidest an einer pathologischen kognitiven Dissoziation, die förmlich nach einer Reparatur schreit .«
    »Hören Sie endlich auf mit dem Scheiß, Oscar«, sagte Turk. »Ich will mit Allison allein reden.«
    »Es gibt keine ›Allison‹, Mr. Findley. Allison ist ein tutorielles Konstrukt, und je länger wir zulassen, dass Treya sich dieser Täuschung hingibt, umso schwieriger gestaltet sich die Behandlung.«
    Treya hätte sich fraglos gefügt; ich konnte diesen devoten Impuls noch spüren. Und ich verachtete sie dafür. »Oscar«, sagte ich mit leiserer Stimme.
    Er funkelte mich zornig an und wiederholte seinen voxischen Namen in voller Länge; ich war Arbeiterin und beging die Unverschämtheit, ihn mit seinem Kürzel anzusprechen.
    »Oscar«, wiederholte ich. »Bist du schwerhörig? Turk hat dich gebeten, mit diesem Scheiß aufzuhören.«
    Er wurde rot im Gesicht. »Ich begreife das nicht. Haben wir Sie verletzt, Mr. Findley? Haben wir Ihnen gedroht? Sind Sie mit meinen Diensten als Kontaktperson unzufrieden?«
    »Sie sind nicht meine Kontaktperson«, erwiderte Turk. » Allison ist meine Kontaktperson.«
    »Es gibt keine Allison, und diese Frau hier kann unmöglich als Kontaktperson fungieren – sie ist nicht mit dem Netzwerk verbunden. Dazu braucht sie einen intakten neuralen Knoten.«
    »Sie spricht Englisch.«
    »Wie eine Muttersprachlerin«, sagte ich.
    »Also?«
    »Aber …« Oscar hob hilflos die Hände.
    »Damit erkläre ich diese Frau zu meiner Übersetzerin. Ab sofort läuft jeder Kontakt zwischen mir und Vox über sie. Und Ärzte können uns vorerst gestohlen bleiben. Keine Skalpelle, keine Medikamente. Können Sie das arrangieren?«
    Oscar dachte kurz nach. Dann wandte er sich mir zu und sagte auf Voxisch: »Wenn du ein gesunder Mensch wärst, wüsstest du, dass dein Verhalten ein verräterischer Akt ist – nicht nur gegen die administrative Klasse, sondern gegen den Coryphaeus selbst.«
    Das waren schwerwiegende Worte. Treya hätte gezittert. »Danke, Oscar, aber ich weiß, was ich tue«, erwiderte ich auf Voxisch.
    Etwa um diese Zeit machte sich Vox auf die langsame, hoffnungslose Reise in die Antarktis.
    Aus Oscar, der mit lästiger Regelmäßigkeit auftauchte, war nichts Konkretes herauszubekommen; die Schwestern und Pfleger, die nach wie vor um uns herumscharwenzelten, Essen brachten oder sich wie besorgte Eltern nach unserem Befinden erkundigten, waren da schon gesprächiger. Von ihnen erfuhr ich, dass der voxische Konsens von Jubel (»Der Transit ist gelungen, die Prophezeiungen haben sich erfüllt!«) in Bestürzung übergegangen war (»Die Erde ist eine Ruine, und die Hypothetischen behandeln uns immer noch wie Luft.«), um schließlich zur stoischen Hingabe an das Bisherige zurückzufinden (»Die Hypothetischen werden uns nicht aufsuchen – wir müssen sie suchen.«).
    Aber sie suchen war verdammt schwer. Drohnen schwärmten aus, um die ehemals indonesischen und südindischen Landmassen zu scannen, doch alles, was sie fanden, war eine endlose Brache. Hier gab es kein Leben – zumindest keines, das größer war als eine Mikrobe.
    Die Meere waren anoxisch. Damals in Champlain hatte ich viel über die Vergiftung der Ozeane gelesen. Das ganze CO 2 , das wir damals in die Luft geblasen hatten – die fossilen Kohlenstoffreserven nicht nur von einem, sondern von zwei Planeten –, war der Auslöser gewesen, obwohl es Jahrhunderte gebraucht hatte, bis wir die Folgen in ihrer ganzen Tragweite zu spüren bekamen. Die rapide Erwärmung hatte die Meere »geschichtet« und riesige Blüten sulfatreduzierender Bakterien erzeugt, die im Gegenzug Wolken aus giftigem Schwefelwasserstoff in die Atmosphäre spuckten. Man nannte das

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