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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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kommunizieren? Isaac muss mit ganz Vox interagieren, nicht nur mit mir oder dir oder Mr. Findley.«
    »Ihr übertragt euren ganzen Wahnsinn auf ihn.«
    Oscar antwortete auf Voxisch, kurz und knapp.
    Ein Sprichwort, erklärte mir Allison später. Frei übersetzt: Die Biene darf sich nicht anmaßen, über das Bienenvolk zu urteilen.
    3.
    Während wir weiter nach Süden fuhren, ließ Vox Schwärme unbemannter Flugkörper aufsteigen, um die Kontinente der Erde mit immer höherer Auflösung zu scannen. Die Drohnen, ebenso raum- wie lufttauglich, begannen ihre Mission in der obersten Schicht der Atmosphäre – ihre Kameras und Sensoren waren empfindlich genug, um die nahezu geschlossene Dunstglocke zu durchdringen.
    Sie waren dafür ausgerichtet, jegliches menschliche Artefakt aufzuspüren. Erst entdeckten sie nur ausgestorbene Ruinen. Ich überredete Oscar, mir etwas von dem Material zu zeigen, das sie übermittelt hatten, aber das Video entpuppte sich als monoton und nichtssagend. Etliche der letzten Menschenstädte waren im hohen Norden erbaut worden (den ich immer noch mit Namen wie Russland, Skandinavien und Kanada verband), doch sie waren vor mehr als tausend Jahren aufgegeben worden. Was wir sahen, waren Andeutungen von Straßen und Fundamenten – Fremdkörper in der ansonsten ungestörten Monotonie der zirkumpolaren Wüsten.
    Ich hatte in den Geschichtsbüchern über den terrestrischen Exodus gelesen. »Exodus« klang, als sei die Erde systematisch evakuiert worden, aber die Wahrheit war ernüchternder: Auch die Abermillionen Menschen, die durch den Torbogen nach Äquatoria geflüchtet waren, konnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass der weitaus größte Teil der Erdbevölkerung in einigen wenigen mörderischen Jahrhunderten schlicht und einfach krepiert war. Verhungert durch Missernten und Mangel an Ackerboden. Erstickt, als anaerobischer Flor die Ozeane erdrosselte und die Luft vergiftete. Der Schwefelwasserstoff aus den Meeren machte die Küstenebenen und Flussdeltas unfruchtbar, und einige Jahrzehnte später erlag das Hinterland dem gleichen Schicksal. Riesige Feuersbrünste wälzten sich durch die geplünderten Wälder und schickten tonnenweise Kohlenstoff in die Atmosphäre. Jahrzehnte lichtloser Kälte wurden von Jahrzehnten steigender Hitze abgelöst – das Klima begann zu oszillieren wie eine gesprungene Glocke.
    Die Bombe sei schon zu meiner Zeit scharf gemacht worden, sagte Oscar. Die Menschen hätten einen Großteil des Kohlenstoffs verbrannt und die Folgen seien schon damals schlimm genug gewesen. Aber die Entdeckung von Ölvorkommen in der äquatorianischen Wüste – leichtes, wunderbares Rohöl, mühelos gefördert und durch den Torbogen ebenso mühelos importiert – sei das Todesurteil für die Erde gewesen. Hätten wir nur unseren eigenen Kohlenstoff verbrannt, hätten wir die Folgen vielleicht überlebt, aber das CO 2 von zwei Planeten in die Atmosphäre zu blasen, habe jeden denkbaren Anpassungsmechanismus ausgehebelt.
    »Dann war die Menschheit wohl ein Haufen von Dummköpfen«, sagte ich.
    Oscar schüttelte den Kopf. Nein, es sei zwar traurig, aber durchaus nachvollziehbar gewesen. Zehn Milliarden Menschen ohne kortikale oder limbische Erweiterung hätten einfach nur die Maximierung ihres individuellen Wohlbefindens im Sinn gehabt; jeglichen Gedanken an irgendwelche Langzeitwirkungen hätten sie immer wieder erfolgreich verdrängt. Kein Wunder: Sie hätten eben keinen verlässlichen Mechanismus besessen, der sie zu kollektivem Denken und Handeln befähigte. Solchen Menschen die Vernichtung der Ökosphäre in die Schuhe zu schieben, sei so sinnlos, wie Wassermoleküle für einen Tsunami verantwortlich zu machen.
    Schon möglich. Dennoch war es deprimierend, und ich machte keinen Hehl daraus. Wenn ich wollte, dass Oscar mir vertraute, musste ich auch Gefühle zeigen. Ein paar wenigstens.
    Er sagte, ich solle lieber an die Zukunft denken. Das Sterben auf diesem Planeten gehöre der Vergangenheit an. Wenn sich die Prophezeiungen erfüllten, würde eine neue Ära beginnen: ein Zeitalter, in dem die Menschheit mit den Hypothetischen auf Augenhöhe verkehren würde. »Vieles wird sich aufklären, Mr. Findley. Wunder werden möglich, Sie werden sehen. Sie werden sich glücklich schätzen, dass Sie hier bei uns sind.«
    »Glauben Sie das wirklich?«
    »Aber ja.«
    »Wegen einer Handvoll Prophezeiungen?«
    »Wegen der Berechnungen und Schlussfolgerungen unserer Gründerväter. Diese Berechnungen

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