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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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gesagt hatte.
    »Das Langlebigkeitspräparat«, sagte sie. »Könnte es wirklich jemandem wie meinem Bruder helfen?«
    In dieser Nacht, im Dunkel des Schlafzimmers, hatte sie Bose von ihrem Vater und Kyle erzählt. Er hatte sie in die Arme genommen, und als sie zu Ende erzählt hatte, hatte er geschwiegen und nicht versucht, irgendetwas Tröstendes zu sagen; er hatte sie nur sanft auf die Stirn geküsst, weiter nichts.
    »Das Präparat würde vielleicht die physischen Schäden beheben. Aber es würde nicht wieder den Menschen aus ihm machen, der er einmal war. Es würde weder seine Erinnerungen noch seine früheren Begabungen zurückbringen. Und auch nicht seine Persönlichkeit.«
    Sandra dachte an die Scans von Kyles Gehirn, die ihr der Neurologe in Live Oaks gezeigt hatte: große Bereiche nekrotischen Gewebes, wie die Flügel eines schwarzen Nachtfalters. Selbst wenn diese Bereiche auf wundersame Weise repariert würden, wären sie immer noch leer. Nach der Behandlung wäre Kyle vielleicht trainierbar, ja, vielleicht würde er sogar wieder sprechen lernen – doch er würde nie wieder ganz gesund werden. (Und wenn doch, wäre er nicht mehr Kyle . Aber war das so schlimm?)
    »Und«, fuhr Bose fort, »die Behandlung würde ihn noch in anderer Hinsicht verändern. Hat die Biotechnik einmal die Zellen infiltriert, bleibt sie dort. Für manche Leute ist diese Vorstellung der blanke Horror.«
    »Weil diese Biotechnik ein Ableger der hypothetischen Technologie ist?«
    »Vermutlich.«
    »Wenn es nach Orrins Geschichte geht, haben die Marsianer die Behandlung am Ende abgeschafft.«
    »Nun, was das angeht, ist Orrin so kompetent wie du und ich.«
    »Wir wissen immer noch nicht, wo er sich das Ganze ausgedacht hat.«
    »Nein.«
    »Aber müssen wir es denn wissen? Es gibt nur eins, was wir tun müssen – für seine Sicherheit sorgen.«
    Bose schwieg. Sandra öffnete das Küchenfenster, wollte frische Luft hereinlassen, doch die Brise, die hereinwehte, war heiß und schmeckte leicht metallisch.
    Nach einer Weile sagte Bose: »Ich mache mir Sorgen. Die Sache könnte für dich sehr gefährlich werden.«
    »Ja, ich mache mir auch Sorgen. Aber ich will ihm trotzdem helfen.«
    »Ich habe dich da mit hineingezogen. Tut mir leid. Wenn du nicht tust, was der Anrufer vorgeschlagen hat, bist du so gut wie arbeitslos, nicht wahr?«
    »Könnte man sagen.«
    »Und du bist nicht die Einzige. Ich wurde gestern zu meinem Vorgesetzten gerufen. Er ließ mir die Wahl: Entweder ich halte mich aus allem raus, was in der State Care passiert, oder ich muss Waffe und Marke abgeben.«
    »Du hast aber nicht vor, dich da rauszuhalten, richtig?«
    »Um meine Karriere kümmere ich mich morgen. Erst müssen wir Orrin befreien. Danach kann er mit seiner Schwester untertauchen.«
    »Großartig. Und wie stellen wir das an?«
    Eine weitere Pause. »Du bist dir ganz sicher? Ich meine, du steckst schon tief genug in der Sache.«
    »Sag mir einfach, was ich tun soll.«
    »Nun, das hängt davon ab.« Er musterte sie. »Wärst du bereit zurückzugehen und dich zu entschuldigen, so als wolltest du kooperieren?«
    »Ist das dein Plan?«
    »Ein Teil davon.«
    »Gut, angenommen, ich gehe zurück – was dann?«
    »Du rufst mich an, sobald Congreve Feierabend macht. Wenn ich von dir höre, komme ich zur State Care – und dann holen wir Orrin aus der Isolierstation.«

14
    TURK
    1.
    Die »Vorausabteilung«, wie Oscar die Expedition nannte, bestand aus fünfzig Leuten. Hauptsächlich Soldaten, aber auch sechs Bürger der Managerklasse und ein zwölfköpfiges Team aus Wissenschaftlern und Technikern. Dazu die Ausrüstung und eine Flugmaschine, die ausreichend Platz bot.
    Allison hatte mir erklärt, dass ein einzelner Pilot mit Netzknotenverbindung diese Maschinen fliegen könne. Die Verbindung öffne dem Piloten sozusagen den Zugang zur Steuerung – der eigentliche Pilot sei die Flugmaschine, ein Verbund aus quasi-autonomen Subsystemen, die die Absichten des Piloten in die Tat umsetzten. Menüs und Displays erschienen auf jeder verfügbaren Oberfläche. In der Kabine gab es etliche virtuelle Fenster nach draußen – eines genau gegenüber der Bank, auf der Oscar und ich saßen.
    Wir sahen nichts als eintöniges, schmutziges Grau, bis wir schließlich landeinwärts flogen und uns dem Queen-Maud-Gebirge näherten. Die höchsten Gipfel ließen noch eine Spur von Vergletscherung erkennen. Das Eis war sauber, durch Verdunstung destilliert aus der Meereskloake, und an den

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