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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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Höcker. Er zuckte zusammen, und wir lösten uns voneinander.
    Turk wandte sich an Isaac. »Danke!«
    »Keine Ursache.«
    »Aber so ganz verstehe ich das noch nicht. Ich kenne den Isaac Dvali von damals, und wenn man bedenkt, was passiert ist, siehst du ihm sehr ähnlich. Ich weiß, dass man dich aus Isaacs Körper neu aufgebaut hat. Da steckt also eine ganze Menge Vox in dir. Ja, du hörst dich, ehrlich gesagt, nicht an wie mein Isaac aus der äquatorianischen Wüste.«
    »Ich bin nicht mehr der Isaac, den du gekannt hast. Es gibt kein Wort für das, was ich bin.«
    Turk besah ihn mit vernetzter Gründlichkeit, las die unsichtbaren Symptome. »Versteh mich nicht falsch, Isaac. Aber warum bist du hier? Was willst du?«
    Isaacs Lächeln erlosch, und ein kaltes Licht trat in seine Augen, ein Licht, das selbst ich bemerkte. »Was ich will? Hat das jemals gezählt? Als ich ein Fötus war und hypothetische Biotechnologie injiziert bekam? Als mich der temporale Bogen in den Zyklus geschleust hat? Als man mich wiederbelebt hat, obwohl man mich hätte begraben müssen? Was ich wollte, danach hat nie jemand gefragt, und daran hat sich bis heute nichts geändert. An meinen neuralen Funktionen sind Netzwerk-Prozessoren beteiligt. Ich bin an Vox gekettet, ich kann ohne Vox nicht existieren, und Vox droht von etwas vertilgt zu werden, das über unseren Horizont geht.« Er rang um Fassung. »Die Hypothetischen scheren sich den Teufel um etwas, das so lächerlich kurz ist wie ein menschliches Leben. Was sie interessiert, ist einzig und allein der Coryphaeus. Wenn ihre Maschinen Vox erreichen, werden sie den Coryphaeus absorbieren und Vox-Core in seine Einzelteile zerlegen. Niemand wird überleben.«
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    »Auch wenn ich nicht mit ihnen reden kann – ich bin nicht der, für den mich Oscar hält –, so kann ich sie doch ticken hören, draußen im Dunklen. Nicht ihre Gedanken – aber ihre Gelüste .« Isaacs Gesicht erschlaffte, und er machte die Augen zu – vielleicht lauschte er. Dann schüttelte er den Kopf und sah Turk an. »Du warst da, als ich Schmerzen hatte. Nicht, weil du dachtest, ich wäre ein Gott. Nicht, weil du mich benutzen konntest. Nicht wie die Ärzte, die wie Aaskrähen an mir herumpickten.«
    »Das ist nicht der Rede wert«, sagte Turk.
    »Wenn ihr euch davonmachen wollt, ihr könnt auf mich zählen. Das ist auch nicht der Rede wert.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte ich.
    Die Spur eines Lächelns kehrte in sein Gesicht zurück – ein bitteres Lächeln. »Sollte ich nicht fortkönnen, kann ich mich vielleicht verstecken. Ich arbeite daran, mir eine Zuflucht innerhalb des Netzwerks zu schaffen. Nicht für meinen Körper, sondern für mein Ich . Es ist den Versuch wert. Aber die Hypothetischen sind sehr mächtig. Und der Coryphaeus … der Coryphaeus hat endgültig den Verstand verloren.«
    Der Coryphaeus – den Verstand verloren?
    Als Treya hatte ich nur selten über den Coryphaeus nachgedacht. Wie übrigens die meisten von uns. Der Coryphaeus war eine Abstraktion, ein Etikett für die Prozessoren, die still und unsichtbar zwischen Netzwerk und Netzknoten vermittelten. Unsere Lehrer hatten uns das anhand einer Grafik erklärt:

    Und mehr wollten und brauchten wir nicht zu wissen. Das System war stabil, es schützte und erhielt sich selbst und hatte fünfhundert Jahre lang einwandfrei funktioniert. Und jetzt sollte der Coryphaeus auf einmal den Verstand verloren haben?
    Das Problem waren die voxischen Prophezeiungen. Die Gründer hatten sie als unveränderliche Dogmen in den Coryphaeus eingeschrieben – fest verankerte Wahrheiten, die weder debattiert noch revidiert werden durften. Das hatte solange keine Bedeutung, wie eine Vereinigung mit den Hypothetischen in weiter Ferne gelegen hatte. Doch nun stand die »Entrückung« unmittelbar bevor. Die Prophezeiungen waren bereits mit der Wirklichkeit kollidiert, und der naheliegende Schluss, sie könnten sich geirrt haben, war etwas, das der Coryphaeus erst gar nicht in Betracht ziehen durfte. Dieser Konflikt spielte sich in den Überwachungs- und Infrastruktursystemen ab, die unser Leben bestimmten; er spielte sich in den limbischen Schnittstellen und privaten Emotionen aller Vernetzten ab.
    »Das Schlimmste dabei ist«, sagte Isaac, »dass wir nicht wissen, was mit uns geschieht. Am wahrscheinlichsten ist eine asymptotische Neigung zu selbstzerstörerischem Verhalten in den organischen und anorganischen Teilen des Systems. Es

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