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Vortex: Roman (German Edition)

Vortex: Roman (German Edition)

Titel: Vortex: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Charles Wilson
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machte, und war auf den letzten Seiten, als er zurückkam. Er parkte hinter dem Müllcontainer, wo der Wagen von der Straße aus schwer auszumachen war – aus Klugheit oder Paranoia, dachte sie.
    »Fündig geworden?«, fragte sie, als er durch die Tür kam.
    »Nada.« Er bestellte sich Kaffee und einen Sandwich, und sie hörte, wie er die Bedienung hinter dem Tresen fragte: »Was dagegen, wenn wir hier noch eine Weile sitzen?«
    »Bleiben Sie, solange Sie wollen«, sagte die Frau. »Mittags ist der Laden voll, nach drei haben wir nur noch Laufkundschaft. Machen Sie es sich bequem. Solange Sie ab und zu etwas bestellen.«
    »Sie können sich was extra verdienen, wenn Sie immer frisch aufbrühen.«
    »Am Tresen dürfen wir kein Trinkgeld nehmen.«
    »Ich sag’s auch nicht weiter.«
    Die Frau lächelte. »Sieht nach Regen aus. Gute Zeit, um drinnen zu sein.«
    Sandra sah zu, wie die ersten dicken Tropfen an das große Fenster klatschten und das Wasser die Scheibe hinunter schlierte. Der Regen spritzte vom dampfenden Asphalt zurück, und ein feuchter, lauwarmer Duft sickerte durch die Türritzen.
    Bose pellte die Frischhaltefolie von seinem Sandwich. »Hast du zu Ende gelesen?«
    »Fast.«
    »Und verstehst du jetzt, warum ich glaube, dass er hierherkommt?«
    Sie nickte zögernd. »Orrin – oder sagen wir lieber, der Verfasser des Textes – weiß offensichtlich ein paar Dinge über die Findley-Familie. Ob sie stimmen oder nicht, ist eine andere Frage.«
    »Was stimmt, beschäftigt mich weniger als das, was in Orrins Kopf vorgeht. ›Heute Nacht ist die Nacht‹, hat er zu Ariel gesagt.«
    »Er hat noch etwas zu erledigen. Denkt er zumindest.«
    »Richtig. Er rechnet aber nicht damit, dass Findley und seine Leute in höchster Alarmbereitschaft sind. Rings um das Lagerhaus warten die Autos einer privaten Sicherheitsfirma.«
    »Brinks?«
    »Nein, nicht Brinks. Diese Burschen machen keine Werbung.«
    Sandra führte ihr Frösteln auf die plötzliche Luftfeuchtigkeit zurück.
    Draußen im Regen hielt ein Stadtbus. Rings um einen verstopften Gully hatte sich eine Lache gebildet, und die Busräder bespritzten drei unbeeindruckte Arbeiter, die an der Haltestelle warteten. Sie stiegen ein. Niemand stieg aus. Der Bus fuhr weiter.
    »Und wenn ihm nun etwas zugestoßen ist?«, sagte sie.
    »Er kommt, wir bringen ihn zu seiner Schwester und sehen zu, dass sie die Stadt verlassen. Das ist der Plan. Wenn wir ihn verpassen, haben wir Pech.«
    Der Wind wurde stärker. An der ganzen Straße gab es einen einzigen Baum – ein dünnes Bäumchen, das sich im Wind bückte wie ein Greis bei dem Versuch, etwas vom Boden aufzuheben. Die Fensterscheiben des Lokals zitterten.
    Sandras Gedanken kehrten zu Boses Narbe zurück und zum Tod seines Vaters. »Diese Diebe, die in den Bungalow deines Vaters eingebrochen sind«, sagte sie.
    Er machte ein verblüfftes Gesicht. »Was ist mit ihnen?«
    »Was haben sie gesucht?«
    »Warum willst du das wissen?«
    »Ich bin einfach neugierig.« Das ist mein gutes Recht, dachte sie.
    Schweigen. Dann: »Du hast es erraten. Sie waren hinter den Medikamenten her.«
    »Hinter welchen Medikamenten?«
    »Tu nicht so. Den marsianischen natürlich.«
    »Denn dein Vater war nicht bloß Ingenieur – er hatte mit Vierten zu tun.«
    »Er verachtete die Menschen, die nur an Langlebigkeit interessiert waren. Er konnte das Wort nicht ausstehen. Er sagte immer, es sei nicht die Langlebigkeit, die zählt, sondern die Reife.«
    »Und deine Mutter wusste Bescheid?«
    »Meine Mutter hatte ihn rekrutiert.«
    »Verstehe. Deine Wunde …«
    »Was ist damit?«
    »Zu jedem Medizinstudium gehört ein Kurs in Anatomie. Eine Messerklinge, die länger als ein Zoll ist, hätte größere Organe verletzt. Normalerweise eine tödliche Wunde, vor allem wenn man auf Hilfe warten muss.«
    Sie war so sehr an Boses unverwüstliche Ruhe gewöhnt, dass sie erschrak, als er ihr nicht in die Augen sehen wollte. »Es war die Entscheidung meiner Mutter«, sagte er schließlich.
    Der Verdacht war Sandra letzte Nacht gekommen, und trotzdem fühlte es sich wie ein Schock an. »Dich der marsianischen Behandlung zu unterziehen?«
    »Sie war verzweifelt. Ich hätte sonst nicht überlebt. Es war eine höchst umstrittene Entscheidung. Ich selbst hatte keine Wahl – ich lag im Koma.«
    Zelltechnik, von den Marsianern aus Proben hypothetischer Rückstände entwickelt, in Bioreaktoren gezüchtet und in seinen schwer verletzten Körper injiziert, um ihn von innen

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