Vorübergehend tot
schickt jemanden - mehrere -, um dich zu holen.“
„Andere Vampire.“
„Ja.“ Bills Augen waren undurchsichtig und schimmerten in ihrer Andersartigkeit satt und braun.
Ich versuchte, das gründlich zu durchdenken. Ich war es nicht gewöhnt, herumkommandiert zu werden. Ich war es nicht gewöhnt, keine Wahl zu haben. Mein Dickkopf brauchte ein paar Minuten, um die Situation in Gänze richtig einschätzen zu können.
„Du würdest dich dann verpflichtet fühlen, gegen diese Vampire anzutreten?“
„Natürlich. Du gehörst mir.“
Da war es schon wieder, dieses ,du gehörst mir'. Anscheinend war es Bill ernst damit. Ich fühlte mich ungeheuer nach Jammern und Klagen, wußte aber, daß das nichts nützen würde.
„Dann werde ich da wohl hingehen müssen, nehme ich an“, und versuchte, nicht allzu bitter zu klingen. „Aber es ist die reinste Erpressung.“
„Sookie, Vampire sind nicht wie Menschen. Eric bedient sich einfach der besten Mittel, um sein Ziel zu erreichen, und sein Ziel ist es, dich nach Shreveport zu bringen. Das brauchte er mir nicht erst lang und breit zu erklären, ich habe ihn auch so verstanden.“
„Nun, ich verstehe es jetzt auch, aber es ist mir zuwider. Ich habe die Wahl zwischen Pest und Cholera! Was will er überhaupt von mir?“ Dann schoß mir die naheliegendste Antwort auf diese Frage durch den Kopf und ich starrte Bill mit schreckgeweiteten Augen an. „Nein! Das mache ich nicht!“
„Eric wird nicht mit dir schlafen oder von dir trinken, ohne mich vorher zu vernichten.“ Bills matt schimmerndes Gesicht hatte jegliche Vertrautheit verloren und kam mir unendlich fremd vor.
„Das weiß er ja auch“, sagte ich langsam. „Es muß also einen anderen Grund geben, warum er mich in Shreveport sehen will.“
„Ja“, stimmte Bill mir zu. „Aber ich kann nicht sagen, welcher Grund das sein könnte.“
„Wenn die Einladung weder mit meinen körperlichen Reizen noch mit der ungewöhnlichen Qualität meines Blutes zu tun hat, dann wird sich Erics Interesse wohl auf meine ... meine Macke beziehen.“
„Deine Gabe.“
„ Ach ja“, sagte ich, und meine Stimme troff förmlich vor Sarkasmus. „Meine Gabe.“ Die ganze Wut, die ich mir doch eigentlich schon vom Halse geschafft hatte, kam wieder zurück und hockte mir auf dem Nacken wie ein 400 Pfund schwerer Gorilla. Noch dazu hatte ich Heidenangst. Ich fragte mich, wie Bill zumute war. Ich hatte sogar Angst davor, ihn das zu fragen!
„Wann?“ fragte ich statt dessen.
„Morgen abend.“
„Das sind dann wohl die Nachteile einer nicht-traditionellen Beziehung, nehme ich an.“ Über Bills Schulter hinweg starrte ich auf das Muster der Tapete, die meine Großmutter vor etwa zehn Jahren ausgesucht hatte. Sollte ich die ganze Sache jetzt heil überstehen, versprach ich mir, würde ich das Zimmer neu tapezieren lassen.
„Ich liebe dich.“ Bills Stimme war nur ein Flüstern.
Ihn traf schließlich keine Schuld. „Ich dich auch“, erwiderte ich. Ich mußte mich zusammenreißen, um ihn nicht anzuflehen: Bitte, der böse Vampir soll mir nicht wehtun, bitte, laß nicht zu, daß der Vampir mich vergewaltigt! Wenn ich schon das Gefühl hatte, irgendwo zwischen Pest und Cholera zu manövrieren, dann galt das in noch stärkerem Maße für Bill. Das Ausmaß an Selbstbeherrschung, das er momentan aufbringen mußte, konnte ich mir noch nicht einmal im Ansatz vorstellen. Es sei denn, er mußte sich gar nicht beherrschen, sondern war einfach ruhig und besonnen. War ein Vampir in der Lage, einen solchen Schmerz, ein solches Gefühl absoluter Machtlosigkeit zu ertragen, ohne innerlich irgendwie aufgewühlt zu sein?
Prüfend musterte ich Bills Gesicht, die vertrauten klaren Linien, die matt schimmernde Haut, die dunklen Bögen der Brauen und die stolz geschwungene Nase. Ich sah, daß seine Fänge nur leicht ausgefahren waren; wenn er wütend oder sexuell erregt war, dann waren sie ganz ausgefahren.
„Heute nacht, Sookie“, sagte er und seine Hände baten mich, mich neben ihn zu legen, „heute nacht solltest du von mir trinken.“
„Was?“
„Heute nacht solltest du, glaube ich, von mir trinken.“
Ich verzog das Gesicht. „Igitt. Ich bin nicht verletzt, und brauchst du nicht all deine Kraft für morgen nacht?“
„Wie geht es dir, seit du von mir getrunken hast? Seit ich mein Blut in dich fließen ließ?“
Ich dachte über seine Frage nach. „Gut geht es mir“, mußte ich dann zugeben.
„Warst du seitdem ein einziges
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