Vorübergehend tot
dabei, sich an Bill zu gewöhnen, aber das Auftauchen des schrillen Malcolm und der nicht weniger schrillen Diane verursachte einen ziemlichen Aufruhr. Mein erster Gedanke war, daß das ja nun nicht gerade helfen würde, die Leute an den Anblick von Bill und mir als Paar zu gewöhnen.
Malcolm trug Lederjeans, ein Hemd, das einem Kettenpanzer ähnelte und sah insgesamt aus wie die Erscheinungen, die normalerweise die Plattenhüllen von Rock-Alben zierten. Diane trug einen einteiligen, ungeheuer eng anliegenden, limonengrünen Bodysuit aus Lycra oder sonst einem sehr dünnen, dehnbaren Material, und ich war mir sicher, daß ich ihre Schamhaare hätte bewundern können, hätte mir der Sinn danach gestanden. Das Merlottes wird nicht oft von Schwarzen besucht, aber wenn es in der Gegend eine schwarze Frau gab, die sich in unserem Lokal sicher fühlen konnte, dann war das Diane. Ich sah Lafayette durch die Durchreiche glotzen und ganz offen seine Bewunderung zur Schau stellen, die allerdings auch mit einem Schuß Angst gepaart war.
Als die beiden Vampire Bill sahen, kreischten sie wie zwei Betrunkene die schon nicht mehr recht bei Verstand sind, und taten völlig überrascht. Soweit ich sehen konnte, freute sich Bill nicht über das Kommen seiner Freunde, schien aber mit der Invasion ebenso ruhig umgehen zu können, wie wohl mit den meisten Dingen.
Malcolm küßte Bill direkt auf den Mund, und Diane tat es ihm nach. Es ließ sich schwer sagen, welcher Begrüßungskuß bei unseren Gästen größeren Anstoß erregte. Bill würde nun ganz rasch deutlich zu verstehen geben müssen, dachte ich, wie sehr ihm diese Küsse zuwider waren, wenn er sich weiterhin des Wohlwollens der menschlichen Bewohner von Bon Temps erfreuen wollte.
Es zeigte sich, daß Bill kein Narr war: Er trat einen Schritt zurück und legte den Arm um mich, womit er sich auf die Seite der Menschen stellte und einen deutlichen Abstand zwischen sich und den Vampiren schuf.
„Da ist ja unsere kleine Kellnerin!“ rief Diane, und ihre Stimme war im ganzen Lokal deutlich zu vernehmen. „Sie ist immer noch am Leben! Ist das nicht erstaunlich?“
„Letzte Woche wurde ihre Großmutter umgebracht“, sagte Bill leise, in der Hoffnung, Dianes Bedürfnis nach einer Szene damit einen Dämpfer versetzen zu können.
Dianes wunderbare dunkle Augen - die Augen einer Wahnsinnigen - fixierten mich lange, und mir wurde eiskalt.
„Ach ja?“ sagte sie dann und lachte auf.
Das war es dann wohl gewesen; jetzt würde ihr niemand mehr vergeben. Hätte Bill sich auf der Suche nach einer Möglichkeit befunden, sich auf unsere Seite zu schlagen, hätte ich ihm genau solch ein Szenario angeraten. Andererseits konnte es durchaus passieren, daß der Widerwille, den ich deutlich von allen Besuchern unseres Lokals ausgehen fühlte, umschlug, um nicht nur die Renegaten unter sich zu begraben, sondern auch Bill.
Wobei für Diane und ihre Freunde der Renegat natürlich Bill war.
„Wann bringt dich denn jemand um, Kleines?“ fragte Diane nun, wobei sie mir mit dem Fingernagel am Kinn entlang fuhr. Ich schlug ihre Hand weg.
Sie hätte sich auf mich gestürzt, hätte nicht Malcolm wie ganz nebenbei und so, als würde ihn das keinerlei Anstrengung kosten, ihren Arm gepackt und sie festgehalten. Wobei es nur so schien, als koste es ihn nichts. An der Art, wie er stand, sah ich durchaus, welche Kraft er aufwenden mußte.
„Bill“, sagte er dann in ganz normalem Plauderton, als würde er nicht jeden einzelnen Muskel bemühen müssen, um Diane festhalten zu können, „diese Stadt verliert, wie ich höre, in erschreckendem Tempo ungelerntes Dienstleistungspersonal, und wie ein kleines Vögelchen aus Shreveport mir erzählt, warst du neulich mit deiner Freundin im Fangtasia. Ihr sollt Fragen gestellt haben. Welcher Vampir wohl mit den ermordeten Fangbangern zusammengewesen sein mag, wolltet ihr wissen.“
„Du weißt genau, daß das nur uns und niemanden sonst etwas angeht“, fuhr Malcolm fort, sein Gesicht mit einem Mal so ernst, daß es wirklich schreckenerregend wirkte. „Manche von uns haben nun mal keine Lust, zu Baseballspielen zu gehen und ... (offensichtlich forschte er in seinen Erinnerungen nach etwas besonders eklig Menschlichem) zu Grillabenden! Wir sind Vampire!“ So wie er das Wort aussprach, klang darin Majestät und Glanz, und ich sah, daß eine Menge Leute im Lokal in seinen Bann gerieten. Malcolm war klug; er wollte den schlechten Eindruck, den Diane erweckt
Weitere Kostenlose Bücher